VCD kritisiert Täuschungsmanöver der Deutschen Bahn AG

Pressemitteilung Nr. 33/11 – identischer Text als PDF
Stuttgart, 3. November 2011

Stuttgart-21-Landkreisfahrpläne: VCD kritisiert Täuschungsmanöver der Deutschen Bahn AG. Kopfbahnhof 21 mit Neubaustrecke bringt mehr Fahrzeitverkürzungen

Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) widerspricht der Behauptung der Deutschen Bahn AG, nach Realisierung von Stuttgart 21 würden praktisch alle Bahnkunden im Land von Fahrzeitverkürzungen profitieren. Die von der Bahn behaupteten Vorteile sind laut VCD im wesentlichen auf die Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm zurückzuführen, die aber mit einem modernisierten Kopfbahnhof in der Summe größere Vorteile biete.

VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb sagte: „Der von der DB am Mittwoch vorgelegte ‚Vergleich der Reisezeiten heute und morgen’ ist ein unlauteres Täuschungsmanöver der Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld der Volksabstimmung am 27. November. Zum einen ist es dreist, Fahrpläne nach Realisierung der Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm mit dem heutigen Fahrplan ohne Neubaustrecke zu vergleichen und die Fahrzeitverkürzungen Stuttgart 21 zuzuschreiben. Zum anderen werden zahlreiche Verschlechterungen im DB-Konzept schlicht unterschlagen.“

Einen aussagekräftigen Vergleich zwischen Kopfbahnhof 21 und Stuttgart 21 mit den entsprechenden Ausbaumaßnahmen im Zulauf auf den Stuttgarter Hauptbahnhof habe die Schweizer Gutachterfirma SMA im Auftrag der ehemaligen Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner schon zur Schlichtung im Oktober 2010 erstellt. „Das Fazit der SMA war eindeutig. Kopfbahnhof 21 bietet in der Summe die größeren Fahrzeitvorteile als Stuttgart 21“, sagte Matthias Lieb. „Der Tunnelbahnhof selbst bringt allerhöchstens 2 Minuten Fahrzeitverkürzung, und hierfür deutlich mehr als 5 Milliarden Euro auszugeben ist eine beispiellose Verschwendung öffentlicher Mittel.“

Der aktuell von der DB vorgelegte Reisezeitvergleich weist nach Prüfung des VCD zahlreiche Fehler auf. So prognostiziere die DB für die Verbindung von Sigmaringen nach Stuttgart eine Fahrzeit von zwei Stunden mit Umstieg in Aulendorf oder Tübingen, was sieben Minuten länger als die aktuellen Direktverbindungen sei. Gleichwohl behaupte die DB, es handele sich um eine Fahrzeitverkürzung von 16 Minuten.

Von Calw und Nagold nach Stuttgart führe die DB eine kürzere Reisezeit über Pforzheim oder Hochdorf (b. Horb) als Vorteil auf. Der Grund hierfür sei aber nicht Stuttgart 21, sondern ein neuer Fahrplan im Nagoldtal mit kürzeren Umsteigezeiten in Pforzheim und Hochdorf für den es aber den Tiefbahnhof nicht brauche, so der VCD. „Die DB schlägt alle in den nächsten Jahren geplanten Fahrplanverbesserungen in den Regionen des Landes dem Projekt Stuttgart 21 zu – das ist eine gezielte Täuschung der Wähler im Vorfeld der Volksabstimmung zu Stuttgart 21“, kritisierte Matthias Lieb die durchsichtige Masche.

Für die Anlieger der Gäubahn vergleiche die DB den heutigen Fahrplan, der durch den Wegfall der Neigetechnik-ICE-Züge in Stuttgart Anschlüsse knapp verpasse, mit einem Fahrplan, der die ICE-Züge auf der Gäubahn unterstelle. Matthias Lieb: „Eine mögliche Wiederzulassung der Neigetechnik-ICE auf der Gäubahn in Zusammenhang mit Stuttgart 21 zu stellen ist mehr als unredlich. Auch hier vergleicht die DB Äpfel mit Birnen.“

Das vergleichende SMA-Gutachten zum Download

 

 

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4 Antworten zu VCD kritisiert Täuschungsmanöver der Deutschen Bahn AG

  1. Petra sagt:

    Die Bahn trickst wo sie nur kann, nicht nur bei Fahrzeiten und Ausstiegskosten, sie lässt zudem die geplante Lenkungskreissitzung zur Kostenfrage von Stuttgart 21 vor der Volksabstimmung platzen. Dadurch wird die Sinnhaftigkeit der Volksabstimmung noch fraglicher, nicht nur wegen des 1/3 Quorums, sondern auch, weil die Kostenfrage für S21 von zentraler Bedeutung ist und so die VA zur Farce mutiert….
    http://www.youtube.com/watch?v=wJnac4yWivY

  2. Blockierer sagt:

    Für wann genau war die Sitzung des Lenkungskreises denn eigentlich geplant?

    Sinnhaft ist die Abstimmung doch sowieso nicht, sondern soll uns nur die Augen verkleistern, deshalb NEIN zur verlogenen Volksabstimmung

  3. Albrecht Holl sagt:

    Ich habe mir die Verbindungen aus dem Landkreis Schwäbisch Hall Wenn man sich etwas auskennt, ist es sehr einfach das zu widerlegen, bzw. die eigentlichen Hintergründe zu entlarven. Ich komme zu dem Schluss:

    Das ganze Ding ist Lug und Trug!!

    Doch im Einzelnen: Man will aus dem Raum Hall zwei Durchmesserlinien (Linien 1 und 11) einrichten, jeweils über Böblingen nach Singen bzw. nach Freudenstadt. Zwei Anmerkungen dazu: 1. diese Linien werden extrem lang und dadurch deutlich verspätungsanfälliger als bisher und 2. diese Linien werden in den Rush-Hour Zeiten morgens und abends eher weniger gebraucht (morgens geht der Verkehr nach Stuttgart hinein, abends wieder heraus).

    Kritische Stellungnahme zu den “Fahrzeitverbesserungen”:

    1. Als erstes wird eine Relation Schwäbisch-Hall-Hessental nach Ulm dargestellt. Die Verbindungen nach Ulm scheinen überhaupt eine zentrale Rolle in dieser Veröffentlichung zu spielen. Auffallend ist, dass plötzlich alle Verbindungen über Stuttgart Hbf gehen. Die Entfernung vergrößert sich dadurch deutlich und damit auch der Preis. Die Reisezeitverkürzung von bis zu 51 min ist aber eben nicht Stuttgart21 geschuldet, sondern der Neubaustrecke. Davon spricht der Prospekt nicht.
    Würde in Baden-Württemberg ein integraler Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild realisiert werden, würde sich die Fahrzeit auch auf der kürzeren Strecke über Crailsheim und Aalen erheblich verkürzen lassen. Und das auf kürzerer Strecke und mit weniger Hochgeschwindigkeit, also mit deutlich weniger Energieverbrauch. Momentan wartet man in Crailsheim eben über eine halbe Stunde!

    2. Bei der Verbindung von Crailsheim bzw. Schwäbisch-Hall-Hessental nach Stuttgart wird noch deutlicher, wie hinterlistig argumentiert wird. Es werden Fahrzeitverkürzungen von bis zu 19 min angegeben. Diese sind aber keinesfalls Produkte von Stuttgart21. Sie wären schon ab kommenden Frühjahr möglich, denn sie hängen mit dem Wiedereinbau des Kreuzungsgleises in Murrhardt-Fornsbach zusammen, das im Moment gebaut wird. Seit Jahren ist es nämlich so, dass tagsüber mangels Kreuzungsmöglichkeiten 13-14 min Fahrzeit in den Unterwegsbahnhöfen “abgebummelt” wird. Heute schon fahren die Züge abends (z.B. RE19959, 20:58 ab Stuttgart Hbf) in 1:04 h nach Schwäbisch-Hall-Hessental. Also: Dies hat überhaupt nichts mit Stuttgart21 zu tun. Warum sich die Direktverbindung von Crailsheim nach Stuttgart um bis zu 22 min verkürzen soll erschließt sich vordergründig nicht. Vermutlich wurde die momentan schlechteste Fahrzeit zugrunde gelegt.

    3. Anschließend werden mehrere Verbindungen über die Gäubahn nach Singen bzw. Freudenstadt betrachtet. Für die gilt aber Folgendes: Falls diese überhaupt benötigt werden, werden sie vermutlich von nur sehr wenigen Reisenden benutzt werden. Ein große Dilemma an dem Projekt Stuttgart21 ist, dass es keine vernünftige Analyse der Reisendenströme gibt. Das Ganze wäre aber auch im Kopfbahnhof realisierbar über die bestehende Gäubahn. Und da wären die Fahrzeiten sogar noch wenige Minuten kürzer, da nicht der Umweg über den Flughafen genommen werden müsste.

    4. Über die Direktverbindung zum Flughafen ist schon viel diskutiert worden. Hier scheinen die Region Schwäbisch Hall sowie die Unterwegshalte Richtung Stuttgart Gewinner zu sein. Das ist aber mehr oder weniger zufällig, da eben nur von hier die Regionallinien durchgebunden werden. Ob die Verbindung zum Flughafen wirklich so zentral und wichtig ist, bezweifle ich stark.

  4. Sonja sagt:

    Auf dem Infoblatt des „Infomobils“, das vor der Landtagswahl im Frühjahr auch in Calw stand waren die „Vorteile für Calw“ anhand von Fahrtzeitverkürzungen von Calw über Pforzheim nach Stuttgart dargestellt. Wir Calwer Obenbleiber haben uns damals gegen diese falsche Darstellung, die dann auchnoch über das Amtsblatt verbreitet wurde mit einer Gegendarstellung gewehrt, die natürlich nicht im Amtsblatt gedruckt wurde:

    „[…] Hier beträgt die kürzeste (geschätzte) Fahrtzeit nach Stuttgart mit S21 genau 1:07 Stunden, wobei man in Pforzheim umsteigen muss. Es gibt also selbst nach den Plänen der S21-Verantwortlichen keine „umsteigefreien“ Verbindungen von Calw nach Stuttgart. Zudem gehen von den erwarteten Fahrzeitgewinnen (von 13 bzw. 25 Minuten) lediglich 2 Minuten auf den geplanten Tiefbahnhof S21 zurück, die übrigen 11 bzw. 23 Minuten hängen mit dem schon längst in Ausführung befindlichen Ausbau der Nagoldtalbahn zusammen. Bereits heute ist man vom Calwer ZOB mit der schnellsten Verbindung im
    Schnellbus sowie mit der S-Bahn ab Weil der Stadt in insgesamt 1:09 Stunden am Hauptbahnhof in Stuttgart, wie im aktuellen Fahrplan zu lesen ist. Wer dieses Angebot nutzt weiß, dass der Umstieg in Weil der Stadt bereits heute schneller und bequemer von Statten geht, als ein Umstieg in Pforzheim. Deshalb
    ist es grob irreführend, eine Zugfahrt nach Stuttgart mit Umstieg in Pforzheim als durch S21 herbeigeführte „schnellere Verbindung“ zu bezeichnen. […]

    Wen´s interessiert: http://schwabenstreichcalw.files.wordpress.com/2011/03/gegendarstellung_antwort_infomobil.pdf

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