Rede von Günter Krappweis, Mieterinitiative LBBW-Patrizia

Rede Günter Krappweis, Sprecher der Mieterinitiative LBBW-Patriza, bei der 129. Montagsdemo für den Kopfbahnhof am 2.7.2012 vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof

Guten Abend, mein Name ist Günter Krappweis und ich bedanke mich ganz herzlich für die Einladung heute Abend als Sprecher der Mieterinitiative LBBW-Patrizia reden zu dürfen.

Ihr werdet euch sicherlich wundern, warum Mieterini? Was hat Stuttgart 21 damit zu tun?

Ich meine es hat sehr viel miteinander zu tun. Bei Stuttgart 21 geht es nicht nur um den Bahnhof, es geht um Immobilienspekulation und Stadtzerstörung. Dies gilt im Besonderen für das Nordbahnhofviertel. Das Nordbahnhofviertel, rückt mit Stuttgart 21 näher an die Innenstadt und grenzt an das neue Rosensteinviertel. Damit wird dieses Gebiet zum Filetstück für Immobilienspekulation. Heute wohnen hier noch aktive bzw. ehemalige Eisenbahnern. Es wird auch das Eisenbahner- und Postdörfle genannt. Es ist die Heimat vieler Eisenbahner, die hier im Hauptbahnhof gearbeitet haben..Sie bewohnen ehemalige Dienstwohnungen der Eisenbahn Siedlungsgesellschaft mbH, die in Bundeseigentum war und 2001 privatisiert wurden. Die neuen Eigentümer waren die LEG/LBBW Immobilien GmbH und seit März d. J: die Patrizia AG ein bundesweit agierender Immobilien Spekulant.

Der Verkauf der landesweit 21500 LBBW-Wohnungen, ist erst vor drei Monaten abgewickelt worden und schon haben die Mieter in der Hildebrandstr. und im Salzweg die Ankündigung einer Mieterhöhung zum 01.09.2011 um ca. 9,1%. Die letzte Mieterhöhung erfolgte erst vor 15 Monaten. Konkretes Beispiel. Rentner mit 1200,00 Euro, soll 580 Bruttokaltmiete bezahlen. Sollten diese Erhöhung in diesem Rhythmus Praxis bleiben, dann ist abzusehen, das dieser Personenkreis mit niedrigem Einkommen auf Hartz IV Niveau oder in Altersarmut ankommen.

Zu befürchten ist, dass die Mieter der ESG den Umbau des Bahnhofs mit dem Verlust ihrer Wohnung bezahlen müssen. Die vielzitierte Sozialcharta ist erstens geheim und das was durchgesickert ist, ist sie das Papier nicht wert auf dem sie steht. Durch ständige Mieterhöhungen, durch Modernisierungsvertreibung droht vielen Menschen der Verlust ihrer Wohnung. Viele haben heute schon Schwierigkeiten die aktuellen Mieten zu bezahlen, andere sind auf Wohngeld angewiesen. können. Es wohnen in den Wohnungen der Eisenbahnsiedlungsgesellschaften Menschen, deren Einkünfte zu den einfachen bzw. mittleren Einkommen zählen. Wir müssen verhindern, dass sie zu Opfern der Renditegier von Wohnungsgesellschaften werden.

Es ist ein Skandal, dass entgegen dem Koalitionsvertrag die Wohnungen meistbietend an die börsennotierte Patrizia AG verkauft wurden. Der Verkauf wurde von der Vorgängerregierung (CDU/FDP) vorbereitet und von der neuen SPD/Grüne Regierung vollendet. Diese Art der Wohnungspolitik ist nicht neu und wird von allen etablierten Parteien gefördert. Offensichtlich haben die Politiker kein Gespür mehr oder wollen es nicht haben für die Bedürfnisse der Menschen, die sie vorgeben vertreten zu wollen.

Die Heuchelei im Nachgang des Verkaufs von Herrn OB Dr. Schuster und Dr. Föll ist nicht zu überbieten. Erdreisten sich diese doch so zu tun, als ob der Verkauf der Wohnungen von ihnen nicht so gewollt war. Wenn sie es ernst meinen mit bezahlbaren Mieten und einer mieterfreundlichen Politik, dann sollen sie mit der städtischen Wohnungsgesellschaft SWSG ein Beispiel setzen. Aber auch die Mieter der SWSG erleben, dass nur die Rendite zählt. Mietervertreibung durch Modernisierung, Mieterhöhungen bis zum Mietspiegel, Abriss von bezahlbaren Wohnungen. Das ist die Politik der SWSG wohlbemerkt eine städtisches Unternehmen.

Schuster, Föll und Co. wollen die Stadt nicht nur beim Bau von Büros, Läden und Hotels zur Goldgrube von Immobilienspekulanten machen, sondern auch in Bezug auf Wohnungen.

Die Zerstörung von bezahlbaren Wohnungen ist die brutalste Art von Stadtzerstörung. Und Stadtzerstörung in dieser und jeder anderen Form muss gestoppt werden.

Die Stuttgarter Bevölkerung gibt bereits jetzt im Durchschnitt 43% ihres Einkommens für die Miete aus. Die Mieten dürfen nicht weiter steigen. Sie müssen sinken. Denn das ist unsere Stadt. Und wir wollen hier zu bezahlbaren Mieten wohnen.

Ein Dach über dem Kopf zu haben, ist das elementare menschliche Bedürfnis. Es ist ein Grundrecht. Es darf nicht auf dem Altar des Profitsystems geopfert werden. Die Mieter müssen sich zusammenschließen und dieses Recht verteidigen. Damit haben wir begonnen. Wir hatten Mieterversammlung im Nordbahnhofviertel mit über 200 Mietern und in Kornwestheim mit 100 Mietern. Inzwischen haben wir uns in einer Mieterinitiative organisiert.

Wir wollen uns mit den bereits existierenden Mieterinis in Stutgart Hallschlag und Ost zusammenschließen und gemeinsam die Interessen der Mieter vertreten.

Der Widerstand von Stuttgart 21 hat die Mieter ermutigt sich ebenfalls zu wehren. Somit ist es auch euer Verdienst, dass es die Mieterinitiativen gibt. Niemand hier auf dem Platz sollte unterschätzen, welche Auswirkungen dieser hartnäckige Widerstand gegen Stuttgart 21 , diese Zähigkeit und Ausdauer auf die Bevölkerung hat auch in Fragen, die auf den ersten Blick nichts mit Stuttgart 21 zu tun haben. Deshalb finde ich es wichtig, dass Montagsdemonstrationen fortgesetzt werden. Es darf keine Ruhe geben, solange über die Köpfe der Bürgern von oben entschieden wird

Die Mieterinitiative fordert:
- Stoppt die Spekulationen mit Wohnraum
- Erhalt von bezahlbaren Wohnungen
- Mietpreisstopp
- Schaffung eines gerechten Mietrechtes
- Mehr Investitionen in sozialen Wohnungsbau. Schluss mit dem Bau von Ladenzentren und Bürotürmen, die niemand von uns braucht.

Wenn sich jetzt die Mieter organisieren und sich immer mehr Menschen zur Verteidigung ihrer Interessen und Rechte zusammenschließen, wenn wir es schaffen die Zusammenhänge in der Bevölkerung deutlich zu machen und wenn wir alle Initiativen vernetzen, dann können wir eine breite, machtvolle Bewegung aufbauen.

Ich hoffe, dass die Einladung heute ein Anfang dafür war. Ich bedanke mich nochmals und grüße euch. Oben bleiben.

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