Presseerklärung: Schluss mit der Kriminalisierung der Bürger!

Künstlerische Protestaktion vor Staatsanwaltschaft Stuttgart

Stuttgart, den 10. Dezember 2013: Die Menschenrechtsaktivistin und aktive S21-Gegnerin Loubna Forer sorgte am Dienstag, den 10.12.2013 – am Tag der Menschenrechte – ab 11 Uhr mit einer künstlerischen Protestaktion vor der Stuttgarter Staatsanwaltschaft für Aufmerksamkeit: Sie hing als nacktes Opfer einseitiger Strafverfolgung an Ketten am Geländer der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Die gesamte Aktion wurde von der Aktionskünstlerin aufwändig inszeniert und war auf eine Stunde begrenzt. Anlass der Aktion ist die skandalöse Anklage und das Urteil gegen die Künstlerin wg. angeblicher Körperverletzung, die jedoch auch der Arzt nicht feststellen konnte.

Die Menschenrechts-Aktivistin Loubna Forer hat am 21. August 2013 wie schon viele Male zuvor vom Recht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht – mit juristischen Folgen für sie selbst: In einer Masse von trillerpfeifenden und rufenden Demonstranten „begrüßte“ sie Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Alten Reithalle in Stuttgart. Loubna stand zusammen mit vielen anderen Demonstranten an einer Absperrung und nutzte ein Megaphon, um sich Gehör zu verschaffen. Auf der anderen Seite der Absperrung: Polizei und Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma, die Demonstranten und Kanzlerin voneinander fernhalten sollten. Ganz normaler Demonstrationsalltag in Stuttgart: Laut, aber friedlich.

Für drei der Security-Leute war es jedoch angeblich zu laut. Ausgerechnet Loubnas Megaphon soll ihnen Kopf- und Ohrenschmerzen sowie in einem Fall sogar einen Pfeifton im Kopf zugefügt haben, so die Anklage gegen die 39-jährige Aktivistin. Wenngleich keinem der drei Geschädigten eine Schädigung durch einen Arzt attestiert werden konnte, wurde Loubna dem „Vergehen der Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen gemäß
§§ 223, 52 StGB“ schuldig gesprochen und entsprechend mit einer Geldstrafe belegt (5.12.2013 Amtsgericht Stuttgart). Das einzige Beweisvideo der Polizei zeigt Loubna, wie sie in einer Menge lärmender Demonstranten in ihr Megaphon spricht. Mehr nicht. Beweismaterial in Form von Fotos und Videos, das Loubna zu ihrer Verteidigung anführen wollte, wurden vom Gericht als Momentaufnahmen abgetan.

Es ist offensichtlich, dass Loubna Forer willkürlich aus der Menge ausgewählt wurde, um an ihr ein Exempel zu statuieren - als wäre sie für den gesamten Lärm alleine verantwortlich.

„Wenn in anderen Ländern Menschenrechtsaktivisten schikaniert werden, werden die dortigen undemokratischen Verhältnisse angeprangert“, sagt Loubna Forer. „Doch an meinem Beispiel kann man sehen, dass auch bei uns in Stuttgart politisch aktive Menschen willkürlich schikaniert werden.“

Hintergrund:
Für Loubna ist es nicht das erste Mal, dass ausgerechnet sie aus der Menge herausgepickt wurde. Als Künstlerin ist Loubna schon seit 2006 politisch aktiv. „Ein Mensch unter vielen zu sein, die sich gegen Merkels Staatsmacht und die herrschenden Strukturen widersetzen, auch mit zivilem Ungehorsam“, so beschreibt sie ihr Engagement bei Blockupy/ Frankfurt und in der Protestbewegung gegen Stuttgart 21. Mit vielen bunten, stets friedlichen Aktionen machte sie auf die „verlogenen Werte der Politik und Wirtschaft“ aufmerksam. Dazu nutzte sie das Mittel der Ironie, wurde dabei aber auch laut, um sich gegenüber der „offensichtlichen Faktenresistenz und Ignoranz der verantwortlichen Politiker“ durchzusetzen.

So wird ihr z.B. vorgeworfen, bei einem Polizeieinsatz am 30.11.2010 in Stuttgart einen Polizisten angegriffen und misshandelt zu haben. Zum Glück konnte sie damals vor Gericht die aus der Luft gegriffenen Vorwürfe mit einem Video entkräftigen.

Loubna Forer liebt das Individuelle, sie ist unkonventionell und sticht selbst in der bunten Masse einer Protestbewegung heraus. Die deutsche Staatsbürgerin palästinensischer Herkunft malt nicht nur ihre Plakate, sie schneidert auch ihre schrillen Klamotten selbst, in denen sie auf die Straße geht. Sie verkörpert den kreativen und friedlichen Protest, für den Stuttgart in den letzten Jahren viel positive Aufmerksamkeit bekommen hat. Das einzige, was man ihr vorwerfen könnte, ist, dass sie unkonventionell und unangepasst sei. Doch ist das Grund genug, dass an ihr ein Exempel statuiert wird?

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4 Antworten zu Presseerklärung: Schluss mit der Kriminalisierung der Bürger!

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  2. Petra sagt:

    Danke für diesen Bericht, der genau trifft, welch eine bunte, kreative und erfrischend unkonventionelle Bewegung K21 ist. Aber schon dieses „Anders-Sein“ irritiert in einer Stadt, die angeblich so stolz ist, sich „multikulti“ und „tolerant“ zu nennen. Wenn´s aber um S21 geht, gibt´s keine Gnade.

  3. Pingback: Fotos: Kunstaktion am Tag der Menschenrechte | Bei Abriss Aufstand

  4. K. Neumann sagt:

    Als Lerneinheit aus der braunen Pest mit ihrer Gleichschaltung aller Verfassungsinstitutionen haben die Verfassungsväter den Staat auf drei Säulen gestellt, eigentlich vier durch die garantierte Pressefreiheit als zusätzlicher Kontrollfunktion.

    Womit die Verfassungsväter nicht gerechnet haben war die menschliche Unreife der Richter gepaart mit einer Charakterlosigkeit, die sich rechtsstaatlicher Argumente und Verfahrensweisen bedient, um den Rechtsstaat zu pervertieren. Das „Sängerstrassenurteil“ des BVerfG als höchster Institution einer unabhängigen Rechtsprechung samt das von Herrn Vosskuhle verkündete Skandalurteil zum ESM gehören hierher, das dieser von der Presse unbeanstandet im Kern mit funktionierenden Maatsrichter Verträgen begründete. Auf der nächst niederen Stufe dann das VHG – Mannheim Urteil zu Leistungsfähigkeit von S21 aus dem Jahre 2006. Da kann man nur noch machtlos zuschauen. Auch, wie dieses rechtlich legitimierte Falschgeld von der Politik, auch das wieder durch die Presse nicht entsprechend kommentiert, zur freien politischen Gestaltung unter das Volk gebracht wird.

    Das darf man dann schon eine Gleichschaltung mit den Mitteln des Rechtsstaates nennen, was wir heute nicht nur im Zusammenhang mit S21 erleben.

    Auch bei dem hier in Rede stehenden Urteil wurde wohl das vom GG her garantierte und letztendlich auch hier geltende Gleichstellungsprinzip vom Gericht einfach aussen vor gelassen, wohl um ein erzieherisches Exempel zu statuieren. Dass hier das Gericht dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft überhaupt folgte, sollte der Presse eigentlich Skandal genug sein, um darüber zu berichten, um so etwas in Zukunft zu unterbinden. Aber nichts dergleichen.

    Solange wir solche unabhängigen Richter haben, die für ihre Ausgabe rechtsstaatlich legitimierter politischer Falschmünze nicht zu belangen sind, können wir nur zuschauen. Und wenn die Presse ihre Augen nicht benutzt um zu sehen, dann wird sie sie irgendwann zum Weinen brauchen. Aber die Zeitungsmacher sind ja heute so cool wie die Richter. Also wird Sartres Bemerkung zu einer Art des Sehens, das zum Weinen führt, hier wohl nie zutreffen. Der Kühlschrank muss voll sein. Sonst nichts.

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