Rede von Jürgen Hugger bei der 211. Montagsdemo

Für unsere Stadtbahn!Rede vom 24.2.2014

Kampagnen-Start: „Für unsere Stadtbahn!“

Liebe Mitstreiter,
wie sagte Dostojewskis Raskolnikoff: Wenn es Gott nicht gibt, ist alles erlaubt. In Anlehnung daran könnte man sagen: Wenn es die Wahrheit nicht gibt, wird die Lüge zur normalen Ausdrucksform. Nun ja, es genügt vielleicht schon, zu behaupten, dass es einfach nicht um die Wahrheit geht, so wie Kretschmann , und damit sind wir bei der Lügenwelt von Stuttgart 21: Es stimmt ja schon irgendwie: Das Letzte, um das es hier geht, ist Wahrheit. Es geht um Verschleiern, Tarnen, Täuschen – und Wegducken, wenn‘s mal wieder offensichtlich wird.

Die dreistesten unter den Lügen werden von unseren beiden Bürgerbegehren angegangen: Die Leistungslüge (also die nachgewiesene Tatsache, dass S21 für den Schienenverkehr eine leistungsmäßige Verschlechterung darstellt) und die Kostenlüge (also der Umstand, dass die Kosten nichts mit dem zu tun haben, was immer wieder als auskömmliche Kostenplanung genannt wurde). Heute soll es aber um eine der Lügen gehen, mit denen die (vorgesehenen) Bautätigkeiten zu Stuttgart 21 einhergehen bzw. einhergehen würden.

Wie hieß es doch: Von der Baustelle werde man nichts mitbekommen? Inzwischen wissen wir: Das würde nur für die Wenigen stimmen, die die nächsten 20 Jahre zu Hause hinterm Ofen sitzen und im Schein des Feuers die Rauchgase inhalieren. Nein, was uns allen verkehrlich mit Bautätigkeiten für Stuttgart 21 droht, ist: mehr Stau, zunehmendes S-Bahn-Chaos und – das soll heute das weitere Thema sein: eine veritable Stadtbahnamputation.

Vom S-Bahn-Chaos hat inzwischen wohl jeder gehört, und dabei werden die Konsequenzen der geplanten Bautätigkeiten für die S-Bahn durch die Konsequenzen für die Stadtbahn bei weitem getoppt: Warum?

Nach der letztes Jahr eingereichten 14. Planänderung soll der Nesenbachdüker, also die Unterführung des Abwasser-Nesenbachs unter den geplanten Schrägtiefbahnhofstrog, nicht mehr bergmännisch, sondern in offener Bauweise gegraben werden; das Ganze würde dann nicht mehr im Schulhof des Katharinenstifts, sondern mitten auf der Schillerstraße stattfinden.

Inzwischen ist öffentlich geworden, wie weitreichend und massiv die Einschränkungen für die Stadtbahn sein würden: Auf eine mindestens neunmonatige Unterbrechung der Verbindung Staatsgalerie – Charlottenplatz würde eine mindestens 26-monatige Unterbrechung der Verbindung Staatsgalerie – Hauptbahnhof folgen. Hier müsste erst der bestehende SSB-Tunnel weggegraben werden. Der neue könnte erst dann gebaut werden, wenn die Bahn ihre Arbeiten erledigt hätte. D. h., bei der Fertigstellung wäre die SSB zudem abhängig von den Vorstandsdarstellern der DB-AG – und wie das ausgehen würde, kann sich jede bzw. jeder hier vorstellen.

Dieser Tunnel am Nesenbachdüker bringt keinerlei Nutzen, und das ist noch deutlich weniger als beim U12-Tunnel auf der Nordseite des Bahnhofs. Sie erinnern sich: SSB-Chef Arnold sagte damals, der Tunnel solle ohne oder mit S21 gebaut werden; irgendwann werde man ihn schon mal brauchen können. Stuttgart, die Stadt des ersten So-da-Tunnels, der einfach nur so da steht; wahrscheinlich um Touristenströme anzulocken. Man hätte meinen können, unserem obertüchtigen SSB-Vorstand Arnold würde unser Fahrgeld wohl nur so zu den Ohren herausquillen und die jährlichen Ticketverteuerungen würden nur noch der Gewohnheit halber durchgeführt. Aber, wie gesagt, selbst dieser U12-So-da-Tunnel an der Nordseite ist nicht so nutzlos wie der Tunnel am Nesenbachdüker.

Was hier droht, ist nicht weniger als der Verkehrsinfarkt für den Stuttgarter Nahverkehr; inakzeptabel, unvertretbar; die Stadt darf dies nicht hinnehmen – sie soll endlich Stuttgarter Interessen vertreten. Und genau darauf zielt unsere neue Kampagne ab: Wir wollen für unsere Stadtbahn eintreten, die wegen Stuttgart 21 amputiert und ins Chaos geführt werden soll. Initiiert wird die Kampagne übrigens von sieben Gruppen aus der Protestbewegung, dem Aktionsbündnis, den Parkschützern, der Infooffensive, den Ingenieuren 22, der IHK-Kaktus-Initiative, den Gewerkschaftern gegen S21 und nicht zuletzt dem VCD Kreisverband Stuttgart.

Was können wir tun? Wir wollen in einer ersten Phase diejenigen informieren, die hier betroffen sind; alle Stadtbahnnutzer sollen wissen, worum es geht. Es gibt einen ersten Flyer zu der Kampagne, dem weitere Versionen folgen sollen. Vom ersten Flyer liegen heute 10.000 Stück gedruckt vor, hier am Infostand der Parkschützer und an der Mahnwache; er kann schnell nachgedruckt werden. Er ist bewusst kurz und einfach gehalten – und soll ein erstes Interesse wecken.

Im Übrigen wird es auch einen Flyer geben, der sich an die Mitarbeiter/-innen der SSB wendet, an die Straßenbahn- und an die Busfahrer/-innen. Die Gewerkschafter gegen Stuttgart 21 haben hierzu einen speziellen Flyer in Arbeit, der in den nächsten Tagen gedruckt vorliegt.

In einer zweiten Phase in etwa vier Wochen soll mit dem anstehenden Wahlkampf zunehmend auf Verantwortliche (wie Gemeinderäte, SSB, OB) zugegangen werden, mit Aktionen und Mitmachaktionen, die unsere Forderungen transportieren. Wir wollen sehen, wer bereit ist, Stuttgarter Interessen zu vertreten – und wer so tief im S21-Sumpf steckt, dass er die Interessen der Bürger/-innen nicht mehr sehen will.

Der Gemeinderat ist in erster Linie dem Wohl der Stadt Stuttgart und damit dem Wohl der Bürger und Bürgerinnen verpflichtet. Dem steht nun die „Projektförderpflicht“ entgegen, die sich die Stadt mit den Verträgen zu Stuttgart 21 aufgehalst hat. Und dieser Interessenkonflikt zwischen dem Wohl der Stadt und dem sinnlosen Festhalten an Stuttgart 21 betrifft nicht nur die Aufsichtsräte der SSB im Gemeinderat, sondern alle Mitglieder. Die Lösung: Kündigung der Verträge zu Stuttgart 21 und damit auch der Projektförderpflicht.

Wir wenden uns übrigens auch speziell an Föll, den sog. ersten unter den Bürgermeistern. Nein, keine Sorge, das heißt nicht, dass wir den immer wieder untertauchenden OB Kuhn, der ja Aufsichtsratchef der SSB ist, vergessen haben. Kuhn tut nix gegen Stuttgart 21; schuldig der Beihilfe, könnte man sagen. Föll aber tut alles dafür, er ist Aufsichtsrat der SSB und einer der Projekttäter, einer der glühendsten Befürworter des Projektes zu Lasten der Stadt.

Auch bei dieser Kampagne gilt: Das Wichtigste ist zunächst der Beginn – und der ist jetzt und heute. Also: Gehen Sie zum Parkschützerstand, gehen Sie zur Mahnwache, decken Sie sich mit diesem ersten Flyer ein und tragen Sie das Wissen um Stadtbahnamputation und Stadtbahnchaos in die Stadt. Nach dem Fraport-Urteil (also dem Urteil zum Frankfurter Flughafen) gilt das Recht zur freien Meinungsäußerung auch auf sog. privaten öffentlichen Flächen wie Flughafen, Bahnhof und also auch Stadtbahnhaltestellen und Stadtbahnen. Da wollen wir präsent sein – am besten nicht allein (wegen der Motivation) und auch nicht zu dritt (um nicht als "Versammlung" zu gelten).

Wenn Sie möchten, gibt es hier am Stand bzw. an der Mahnwache Taschen und Käppis zur Kampagne. Leihen Sie sich, wenn Sie wollen, eine der zunächst 30 Taschen an der Mahnwache gegen Ihren guten Namen für die Zeit des Verteilens, dort und am Parkschützerstand gibt es auch die Käppis. Natürlich geht es genauso gut ohne diese Utensilien (die möglichst viel unterwegs sein sollten). Andererseits sorgen sie für einen gewissen Wiedererkennungseffekt und die Kampagne „Für unsere Stadtbahn“ wird damit leichter identifizierbar.

Man fragt sich ja manchmal, was man denn noch Sinnvolles tun kann gegen dieses von höchster Stelle zertifizierte Lügengebäude Stuttgart 21. Die vorprogrammierte Stadtbahnamputation, das vorprogrammierte Stadtbahnchaos ist ein Ansatzpunkt mehr, und ein äußerst sinnvoller. Also: Machen Sie mit, Tragen Sie diese Wahrheiten in die Stadt, die Stadtbahnhaltestellen, die Stadtbahn (und denken Sie an den Fahrausweis). Eine solche Kampagne lebt davon, dass viele von Ihnen bereit sind, mitzumachen.

Keine Amputation der Stadtbahn!
S21-Verträge kündigen – Stuttgarter Interessen vertreten!

Redetext als PDF-Datei

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2 Antworten zu Rede von Jürgen Hugger bei der 211. Montagsdemo

  1. demoschlampe sagt:

    ja die bahn tut alles um stuttgart zu zerstören das wissen wir schon und das frizle schaut gelassen zu rütteln wir die bevölkerung wach
    und invormieren sie direckt in den bahnen das wäre sehr gut.
    ran ans eigemachte.
    demoschlampe

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