Erzwingungshaft für S21-Demonstrant

KarlBraig Foto:Jens Volle

Wie uns berichtet wurde, hat der Obergerichtsvollzieher von Calw einen Haftbefehl gegen Karl Braig aufgrund eines Antrags der Stadt Stuttgart am 30.4.2013 erlassen. Mit mehreren Tagen Erzwingungshaft soll er nun gezwungen werden, seine Verweigerung der Zahlung für ein rechtswidriges Verhalten aufzugeben. Karl Braig ist ein unermüdlicher Kämpfer gegen den Bau des Tiefbahnhofs, aber auch bereit, für das Recht auf Versammlungsfreiheit ins Gefängnis zu gehen. Seine Stellungnahme gegen den Haftbefehl lautet wie folgt:

"Schon seit vier Jahren finden regelmässig Demonstrationen an den Baustellen von Stuttgart 21 statt. So auch am 30.4.2013 und am 16.7.2013, an diesen Tagen am Einfahrtsgelände Kurt–Georg-Kiesinger-Platz und am Wagenburgtunnel Westportal zu S21-Baustellen. Aufgrund dieser Versammlungen wurden von der Stadt Stuttgart, Amt für öffentliche Ordnung, Bussgeldbescheide gegen mich ausgestellt, mit der Begründung, ich hätte Platzverweise bei diesen Demonstrationen von der Polizei missachtet. Wie in dem Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 13.6.2014, wo Gegnerinnen von Stuttgart 21 vor einer Baustelle protestierten, war das Handeln der Polizei, das Aussprechen eines Platzverweises, illegal. Diese Platzverweise sind willkürliche Massnahmen der Polizei in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und der Stadt Stuttgart, um die Demonstrantinnen vor den Baustellen los zu werden und verstossen gegen das Grundrecht auf Versammlung. Dieses willkürliche und gesetzwidrige Massnahmen der Polizei und deren Hintermännern wurden in den letzten zwei Jahren immer öfters gegen die Demonstrierende eingesetzt. Nach neuesten Zeugenaussagen von Einsatzleitern der Stuttgarter Polizei bei Verhandlungen gegen S21-Gegnerinnen vor dem Stuttgarter Amtsgericht gab es immer wieder Treffen von Vertretern des Ordnungsamtes, der Staatsanwaltschaft und des Polizeipräsidiums, um Strategien zu entwickeln, wie der Protest gegen S21 eingedämmt werden kann. Dazu gab es ein von der Staatsanwaltschaft Stuttgart verfasstes Schreiben als Grundlage für das Verhalten der Polizei.

Dieses Papier ist leider nicht veröffentlicht, doch es ist eindeutig, dass die Polizei sich nach diesen Leitlinien hält. Der Einsatzleiter oder der Gruppenleiter vor Ort entscheidet nach eigener Einschätzung aufgrund willkürlicher Kriterien, ob diese Ansammlung von Menschen eine Versammlung ist oder nicht. Das Versammlungsgesetz wird einfach ignoriert. Dieses Verhalten ist verfassungswidrig und wurde jetzt in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch so gedeutet.

Damit ist der Willkür für das Handeln der Polizei Tür und Tor geöffnet. Dieses Verhalten hat sich in den letzten zwei Jahren bei vielen Polizeieinsätzen in Stuttgart durchgesetzt und wie die neuesten Demonstrationen zeigen auch nicht nach dem Verwaltungsgerichtsurteil geändert.

Das in unserm Grundgesetz verbriefte Recht auf Versammlung ist eines nach unserer braunen Vergangenheit der wichtigsten Gesetze, das Demonstrationen als Korrektiv für falsche politische Entscheidungen ermöglicht. Das immer stärker werdende Ignorieren dieses Grundrechts zeigt sich nicht nur hier in Stuttgart, sondern in ganz Deutschland, ja weltweit.

Ich bin nicht mehr bereit, für diesen Rechtsbruch der Polizei und deren Hintermännern sogar noch Bussgeld zu bezahlen.

Deshalb lehne ich die Abgabe einer Vermögensauskunft ab, die aufgrund dieser Zahlungsverweigerung gegen mich ergangen ist.

Der Obergerichtsvollzieher von Calw hat einen Haftbefehl gegen mich aufgrund eines Antrags der Stadt Stuttgart am 30.4.2013 erlassen. Mit mehreren Tagen Erzwingungshaft soll nun mein Wille gebrochen werden, die Verweigerung der Zahlung für ein rechtswidriges Verhalten auf zu geben.

Alles in allem bin ich nicht bereit dieses gesetzwidrige Verhalten der Betreiber von Stuttgart 21 und deren Helfershelfer, in diesem Fall die Stadt Stuttgart, die Staatsanwalt Stuttgart und das Polizeipräsidium Stuttgart weiter auch noch finanziell zu unterstützen und fordere diese Stellen auf, den Bussgeldbescheid zurück zu nehmen, sämtliche Strafverfahren gegen Stuttgart 21 – Gegnerinnen ein zu stellen und das an Umweltzerstörung und Energieverbrauch kaum zu übertreffende Projekt Stuttgart 21sofort ein zu stellen. Es wird immer deutlicher, dass diese Planungen auf Lug, Betrug und Korruption zustande gekommen sind und nur Nachteile für die Menschen in und um Stuttgart haben. Stuttgart 21 ist ein Verbrechen und muss sofort beendet werden

Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Plicht!"

Karl Braig, 2.07.2014

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8 Antworten zu Erzwingungshaft für S21-Demonstrant

  1. susanne mvuyekure sagt:

    Bewunderung und Dank an den mutigen, klugen Karl Braig

  2. WOLFgang sagt:

    „Stuttgart 21 ist ein Verbrechen und muss sofort beendet werden“
    Allein schon deswegen habe ich die höchste Achtung vor Karl`s Haltung und solidarisiere mich mit ihm!

  3. Tom/Parkwächter sagt:

    Hallo Karl,
    lass Dich nicht unterkriegen.
    Gruss,
    Tom/Parkwächter

  4. Horst Ruch sagt:

    …das nenne ich Haltung. Alle Achtung Herr Braig.
    In Erzwingungshaft genommen gehören die Initiatoren des Lügenkonstrukts S21…..deren öffentliches Lügenlachen einem förmlich den Atem verschlägt…..Allerdings dürfen bei uns erst die Historiker deren Masken entlarven. In der übernächsten Generation versteht sich!!!
    Lügen haben bei S21 lange Beine.

  5. Regina John sagt:

    Die Staatsanwaltschaft ist der verlängerte Arm der Regierung.
    Solange die Menschen immer noch Schwarz, Rot oder Grün wählen, haben wir das Nachsehen.

    • K. Neumann sagt:

      Die Staatsanwaltschaft ist immer weisungsgebunden und agiert damit politisch, und wenn es um die Deckung von Kapitalverbrechen seitens irgend einer Verwaltung geht im Bewusstsein eines Gehorsams im höheren Staatsinteresse auch ohne Dienstanweisung, weil jeder Beamte weiss, was Sache ist, um sich und seinen vollen Kühlschrank daheim nicht zu gefährden.

      In dem Fall hier muss es gar nicht zu Anweisungen von Herrn Stickelberger an die Dienstvorgesetzten in der Neckarstrasse gekommen sein, die das dann mit einem „Wink“ nach unten weiter geben. Denn der Laden läuft wie der Hund, der stetig zu seinem Herrn hochblickt, um aus dem Gesicht des Herrn abzulesen, was im Moment gewünscht ist.

      Wer das in der Verwaltng nicht versteht oder verstehen will ist in ersterem Fall dann ungeeignet für „Höheres“ oder im letzteren Fall dann „unzuverlässig“ und hat seinen Karriereknick zu verbuchen bzw. wird im Falle eines Staatsanwaltes auf einen Posten versetzt, wo man z. B. die Führerscheine einzieht, während dann Leute wie Herr Biehl die interessanteren Aufgaben erledigen dürfen, für die man die guten und zuverlässigen Leute braucht, wie z. B. einen rechtsstaatlich organisierten Wohnungseinbruch bei einem ehemaligen Kollegen wegen Geheimnisverrats.

      So liegen die Dinge. Wir können nur feststellen. Auch die nächste Wahl wird nichts anderes bringen. Und das weiss man in den Amtsstuben der Charakterlosen in der Neckarstrasse ganz genau. Und Frau Krauth oder Herr Biehl werden weiter die Ergebnisse dieser Art der Rechtpflege der Öffentlichkeit durch Kommentieren nahe bringen. Und das wird so von einer Presse übernommen, die ihre Aufgabe der 4. Gewalt nicht wahrnehmen kann, und deren Konsument es so geglaubt. Was will er auch anderes tun?

      Es sind dann Aktionen, wie die von Herrn Braig, die den Charakterlosen in Verwaltung und Politik Kontrapunkte setzen und der Öffentlichkeit bedeuten, dass da was faul ist im Staate Dänemark. Danke dafür! Und solche Aktionen können, ist die Zeit reif, Auslöser werden für Grosses.

      Es tut sich was in der Menschheit, wohin man blicken mag. Die Wahrhheit wird sich durchsetzten.

  6. Richter Marlies sagt:

    Hallo Karl es wird Zeit dass es ein Ende von S21 und auch dem damit verbundenem Vorgehen gegen alle MUTBUERGER , alle Achtung fuer Dich und liebe Gruesse aus Holland.
    AUFRECHT OBEN BLEIBEN
    Marlies, Tochter Simone und Nachbarn aus Heidelberg, Goeppingen und Stuttgart

  7. Marie von Härtsfeld sagt:

    Allerhöchsten Respekt für dein Engagement!

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