Bahn-Experte kritisiert Stuttgart 21 „Man konstruiert eine Katastrophe“

Der geplante Bahnhof in Stuttgart wird zwölf Meter tief unter der Erde auf einem riesigen Trog liegen ©weibergIm Stern-Artikel von Arno Luik übt der frühere Bahndirektor Sven Andersen scharfe Kritik am Bahnprojekt Stuttgart 21, das er als "ewiges Sicherheitsrisiko" bezeichnet. S21 wird nun ein Fall für den Bundestag.

Der ehemalige Bahndirektor und Spezialist für Hochgeschwindigkeitsverkehr Sven Andersen bewertet das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S21) als ein "ewiges Sicherheitsrisiko". In der aktuellen Ausgabe des Stern sagt er: "Man konstruiert eine Katastrophe sehenden Auges; das ist verbrecherisch, was hier passiert."

Fünf Jahre nach dem offiziellen Baubeginn ist Deutschlands teuerste Baustelle – S21 soll nach derzeitigem Stand 6,8 Milliarden Euro kosten – politisch umstritten. Zum ersten Mal in der Berliner Parlamentsgeschichte haben Linke und Grüne einen gemeinsamen Antrag eingebracht: Am 6. Mai gibt es eine öffentliche Anhörung des Verkehrsausschusses, um "offene Fragen zum Bahnhofsprojekt aufzuklären". Dabei geht es unter anderem um die Baukosten, die starke Neigung der Bahnsteige sowie die umstrittene Kapazität des Tiefbahnhofs.

Ob dabei auch die Frage beantwortet werden wird, warum der Bundesrechnungshof das vor Jahren angeforderte und längst fertige Zahlenwerk zu Stuttgart 21 mit prognostizierten Horrorzahlen von weit über 10 Milliarden Euro nicht veröffentlichen darf?

Extreme Abweichung von Sicherheitsnorm
Hintergrund: Der geplante Bahnhof in Stuttgart wird zwölf Meter tief unter der Erde auf einem riesigen Trog liegen. Weil unter ihm S- und U-Bahnen verlaufen, hat dieser Trog eine starke Neigung: Auf die Länge eines ICE-Zugs wird er um 6,20 Meter ansteigen. Das entspricht der Höhe eines zweigeschossigen Hauses. In der Geschichte des weltweiten Eisenbahnbaus ist das einmalig. Kein Bahnhof dieser Größe, schon gar kein Neubau, weicht so sehr von der empfohlenen Sicherheitsnorm ab – und zwar um das Sechsfache. Die Bahn weist Zweifel an der Sicherheit von S21 zurück.

Seit 14 Monaten werden in Stuttgarts Untergrund Tunnel gebohrt. Für S21 ist ein Tunnelsystem von 62 Kilometern nötig. Mitte April waren exakt 3875 Meter ausgehoben, so der Sprecher des S21-Büros der Deutschen Bahn zum stern. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dürfte der Tiefbau zu Stuttgart frühestens 2035 fertiggestellt sein. Der S21-Sprecher weist eine solche Hochrechnung zurück. Man liege "im Plan" und werde "alle Tunnel im Rohbau" bis 2019 fertiggestellt haben.

Mehr zu Stuttgart 21 lesen Sie im neuen stern von Arno Luik, ab Mittwoch, 18 Uhr, als E-Mag oder ab Donnerstag am Kiosk.

UPDATE: Der "stern"-Artikel von Arno Luik
"S21-Bahnprojekt wird zum Spiel mit dem Feuer"
ist nun komplett online HIER abrufbar.

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5 Antworten zu Bahn-Experte kritisiert Stuttgart 21 „Man konstruiert eine Katastrophe“

  1. gunter dieterich sagt:

    ich bin ein bekehrter. am anfang war ich begeistert von der idee, dass einfach der bahnhof gedreht werden muss. in der zwischenzeit habe ich eingesehen, dass das nicht die gewünschte lösung ist und ich bin ein absoluter gegner von s 21 geworden. es macht einfach keinen sinn und dient nur einigen wenigen.

    • James sagt:

      Sehr gut, besser jetzt als nie zur Einsicht kommen. Es geht sicher vielen Leuten so – nur zugeben wollen es die wenigsten.

      Ein weiterers Problem ist dabei auch, dass die Medien mit ihren unkritischem Gesülze – bis auf wenige Mutige Schreiber, wie Luik – nur noch unreflektiert die Pressemitteilungen der Bbahn abschreiben, somit Null Aufklärung zu den von der Bahn verschwiegenen Probleme übermitteln, der S21 interessierte sich mühsam in Foren wie diesem hier auf BAA u sonstigen, die Erkenntnisse zusammen suchen muss, wo leben wir eigentlich, in einer Diktatur?
      Danke an dieser Stelle an BAA u alle Forenbetreiber, die das berichten, was uns die gekauften Lohnschreiber der Bahn u Politik verschweigen!

  2. heidi sagt:

    Ich glaube, wer genau hinschaut, der kann durchaus von Diktatur sprechen. Was zum Beispiel in unserer Stadt alles zunichte gemacht wird, zeigt eigentlich ein klares Bild. Und so muss nicht ein Bahnhof eingerissen werden, sondern der Bau der Korruption, der Gier, des Größenwahns, der Lügen, des Machtmissbrauchs über unserer Stadt und über unserem Land muss eingerissen werden.
    Und das muss von unten geschehen, denn Tatsachen stehen in der Politik oft nicht hoch im Kurs. Selbst hartnäckige Misserfolge gelten noch als Beweis für die Richtigkeit der Theorie.

  3. Reini sagt:

    Schön, dass der Betrug 21…Einzug in den Bundestag hält. Leider wird die betrügerische Koalition alle Fakten….wieder mal ignorieren!

    S21 ist längst ein Fall für den Staatsanwalt….aber WO soll der sein? WER, würde wohl seinen Karriere aufs Spiel setzen und sich gegen Merkel und Konsorten stellen?? S21 ist der größte Betrugsfall in der Geschichte dieses Landes und wurde betrügerisch durch eine Volksabstimmung legalisiert.
    Schon damals gab es genügenden Beweise, dass hier Lug und Betrug vorherrschen! Auch hier gab es keinen Staatsanwalt der den Mut hatte, gegen dieses Projekt vorzugehen!

    Wenn Wirtschaft und Medien, mit der Politik gemeinsame Sache macht…da hält sich sogar die Justiz vornehm zurück.
    Man schaue sich nur die skandalösen Urteile gegen die Gegner von S21 an! Dazu die verleumderischen Artikel in allen Medien.
    WO bleibt hier der Rechtstaat?? Wir haben wohl eher einen Rechts(s)taat!???

    Nach der Wahl hatten dann die Grünen vergessen was sie vorher gesagt hatten….jetzt wird es wohl wenig nützen, wenn man einen Antrag einbringt…einzig die Linke hat immer zu unserem Widerstand gehalten.
    Wahrscheinlich wird man mal WIEDER alles unter den Teppich kehren und Merkel…als Hauptschuldige….wird WIEDER mal ungeschoren davon kommen….

    Sie hatte bei der Sitzung des Aufsichtsrates der DB-AG, massiv Einfluss genommen, damit trotz erwiesener Unrentabilität, weiter gebaut werden konnte!!
    Ein Rechtsbruch…der, wie so oft, KEINEN interessierte!!

    Trotzdem ist es wichtig, dass man im Bundestag diesen Betrug nochmal öffentlich machen kann….bin gespannt ob die Medien überhaupt darüber berichten werden……..

  4. Karl Knauss sagt:

    Hallo,
    den Arno Luik kenne ich noch aus seinen Studienjahren in Tübingen, seine politischen
    Vorbilder schienen Marx und Lenin zu sein.
    Mir konnte er damit nicht kommen.
    Mit dem zusammenbrechen des Kommunismus hatte ich hernach sogar die Geschichte auf meiner Seite.
    Doch wenn er jetzt gegen dieses von
    einem entfesselten Kapitalismus gewollte Drecksloch, genannt S21, schreibt dann hat er mich voll und ganz hinter sich.
    Ursünde war, die Privatisierung der Bahn unter Kohl. Das Ergebnis: das Fortkommen hat sich durch Streiks erledigt oder wenn gefahren, hindern die Preise den kleinen Mann daran.
    Ja, soweit müßte ich A.Luik jetzt recht geben seinen Ansprüchen nach hätte das Projekt im Kommunismus keine Chance.
    Das geht nur mit unseren korrumpierten Politikern, schade nur daß das Volk die Guten nicht mehr wollte.
    Gruß Karl Knauss

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