Offener Brief an Dr. Heiner Geißler

Fluchtwege und Brandschutz

Stuttgart, den 27. Juli 2011

Sehr geehrter Herr Dr. Geißler,
Sie sagten in Ihrem Spruch vom 30. November 2010, dass Sie den Bau von Stuttgart 21 nur befürworten können, wenn u.a. die Durchgänge verbreitert und die Fluchtwege barrierefrei gemacht werden. Sie forderten, dass die bisher vorgesehenen Maßnahmen im Bahnhof und in den Tunnels zum Brandschutz und zur Entrauchung verbessert werden, und dass die Vorschläge der Feuerwehr berücksichtigt werden.

Gestern brannte im Berliner Ost-Bahnhof eine E-Lok lichterloh (siehe Foto). Ebenfalls gestern ist im Tübinger Bahnhof ein Triebwagenzug ausgebrannt. Auch der letzte Brand in einem ICE3 liegt nur wenige Wochen zurück. Die Beispiele zeigen, wie schnell Sicherheitsvorkehrungen und adäquate Fluchtwege lebenswichtig werden können. Mit Blick auf den geplanten Tunnelbahnhof S21 zeigen sie, wie weise es war, der Bahn die Verbesserung von Brandschutz und Fluchtwegen als Hausaufgabe mitzugeben. Gerade zu Stoßzeiten können zu enge Treppen schnell Panik auslösen. Bei den von Ihnen genannten Punkten handelt es sich in der Tat um unabdingbare Verbesserungen.

Dem entgegen hat DB-Technikvorstand Volker Kefer am 25. Januar 2011 schriftlich erklärt, dass es keine barrierefreien Fluchtwege aus dem Tunnelbahnhof Stuttgart 21 heraus geben kann. In dem auf Kante geplanten Tunnelbahnhof wäre nirgends Platz, weder für Rampen noch für breitere Durchgänge und Treppen. Die Planungen im Bereich Brandschutz und Entrauchung sind bis heute vollkommen unklar bzw. ungenügend, obwohl die Bahn seit Ende des Faktenchecks erneut über ein halbes Jahr Zeit für Nachbesserungen hatte.

Es ist erschreckend, dass Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ein solches im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährliches Verkehrsprojekt duldet. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie eindringlich bitten, am Freitag noch einmal unmissverständlich klarzustellen: Angesichts der bestehenden Sicherheitsmängel ist der Bau dieses Tunnelbahnhofs nicht zu verantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Gebhard
Gründer der Parkschützer

Berichte über die Zugbrände

Lokbrand im Berliner Ost-Bahnhof
Berliner Zeitung
Tagesspiegel

Zugbrand im Tübinger Bahnhof
Stuttgarter Nachrichten
Schwäbisches Tagblatt

ICE3-Brand zw. Würzburg und Frankfurt
Bayerischer Rundfunk


(c) spreepictures


(c) SWR

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7 Antworten zu Offener Brief an Dr. Heiner Geißler

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  2. Wolfgang Mohr sagt:

    Gell Herr Geißler, sie halten´s wie Helmut Kohl:

    „Was Juckt mich mein Geschwätz von gestern“

  3. Aufrechter Gang sagt:

    Schon die 49 Züge sind bei ehrlichem Hinschauen beim Stresstest mehr als zweifelhaft. Aber bei der Sicherheit darf es keine Mauschellösungen geben. Ein Rückbau der Infrastruktur ist schon absurd genug, ein Rückbau der Sicherheit in so hohem Maße ist niemals hinnehmbar!

  4. K21Wolf sagt:

    Geißler weiss das alles. Seine Rolle ist: er soll befrieden und das Projekt durchziehen. Wenn er fachlich und sachlich entscheiden würde, dann hätte der Schlichterspruch im Herbst lauten müssen : K 21 und nicht S21 plus. Das Ergebnis wirkte wie der Blick des Kaninchens auf die Schlange und hat dem Widerstand gegen S21 nur geschadet und ihn gelähmt. Daraus lernen heißt: der Geißler-Schau beim Stresstest nicht auf den Leim zu gehen.

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  7. Hans Lepiorz sagt:

    Sehr geehrter Herr Dr.Geißler,
    heute war kein guter Tag für Sie als Schlichter, besonders da Sie versuchten noch ein Premium-Urteil für den geplanten Bahnhof zu erreichen,wenn das gar nicht mehr zur Debatte stand.–Ihr letzter Vorschlag „Frieden in Stgt“ ist ok als Erhalt des Nahverkehrsbahnhof, aber der Bau eines Tiefbahnhofs ist abwegig ,risikobehaftet selbst wenn er billiger wird, und riskant. Die optimale Lösung wäre eine Fernverbindung von Leonberg entlang der Autobahn an die Messe und den Flughafen, dort ein Fernbahnhof (der ja bereits mit Ubahn oder Stadtbahn mit dem Zentrum Stuttgarts u.Hauptbahnhof verbunden ist) und vom Airport weiter entlang der A 7 nach Wendlingen und Ulm.Selbst wenn man die Tübinger-Bahnlinie über die Filder und durch einen Tunnel ins Zentrum führen will kann man das für relativ kleines Geld tun.– Schade ,dass diese Lösung, die auch einen Teil des Gleiskörpers freimachen würde, niemand untersucht.
    mit freundlichen Grüßen
    Lepiorz

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