12. Dezember: Ein Jahr Offenbarungseid der Bahn

Beitrag von RA Dr. Eisenhart von Loeper, Aktionsbündnis gegen S21, bei der Pressekonferenz am 11.12.2013 im Stuttgarter Rathaus

Eine Jahresbilanz: Darf sich die Deutsche Bahn bei Stuttgart 21 alles leisten?

Vom milliardenschweren  Schuldgeständnis zur Geiselnahme der Stadt

Das Aktionsbündnis gegen S 21 fordert zum Jahrestag des Offenbarungseids der Bahnchefs vom 12. Dezember 2012 vehement die schonungslose Aufarbeitung: Es widerspricht einer aufgeklärten rechtsstaatlichen Gesellschaft, ausgerechnet bei einem Großprojekt wie S 21 folgenlos das Scheitern der Vertragsbasis, den dreijährigen Vertrauensbruch der Bahnchefs, deren milliardenschwere Täuschung gegenüber Stadt und Land zu ignorieren und die Bürgerschaft zur Geisel der Bahn zu erniedrigen. Dabei geht es nicht allein um Mehrkosten von 2,3 Milliarden Euro, die längst nach oben zu korrigieren sind. Wir pochen besonders auf das öffentliche Bahngeständnis, dass sie seit  ihrer Kostenkalkulation von 2009  1,1 Milliarden Euro schuldhaft schlicht „schöngerechnet“ hat, und zwar für ihr bekannte, aber nicht budgetierte Leistungen und für nicht realisierbare Planansätze. Gleichermaßen wissentlich falsch war die zugesicherte Steigerung der Verkehrsleistung durch den  Tiefbahnhof.

Fakt ist heute: Stadt und Land lassen sich von Bahn und Bund rechtsbrechend um Milliarden Euro prellen. Wir aber bestehen auf rechtsstaatlicher Aufarbeitung. Dazu dient unsere   Strafanzeige vom März 2013 gegen die Bahn-Verantwortlichen und jetzt besonders das Bürgerbegehren Storno 21. Es geht darum, ob der Bahnvorstand und sein Aufsichtsrat sich  seit 2009 nur grob fahrlässig oder arglistig verrechnet haben, weil sie anstrebten das Ende von S 21  durch die  Kostentäuschung der Vertragspartner zu vermeiden.

Damals  lag Hany Azers qualifizierte Kostenberechnung bei 4,9 Milliarden Euro, wurde aber, um den vertraglichen Kostendeckel von 4,5 Milliarden nicht zu reißen, um 891 Millionen Euro „ohne vertiefte Planung“ und mit illusionären „Vergabeanalysen“ schön gerechnet.

Die Berliner Staatsanwälte, auch der Generalstaatsanwalt, haben das Verfahren dennoch  eingestellt und damit der Bahn erlaubt, sich für unfähig blöd zu erklären. Kein normaler Geschäftsmann dürfte es, aber die Bahnchefs sollen sich damit herausreden dürfen. Die simple Erklärung ist: Der Bund war damals selbst Mitwisser durch seine drei Staatssekretäre im Aufsichtsrat der Bahn und als deren Eigner. Die heiße Spur der Absicht, an S 21 auch mit Tricks und Täuschungen festzuhalten, führt ins Kanzleramt. Das zeigte sich im Februar diesen Jahres mit der aktienrechtlich unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheider im Bahn-Aufsichtsrat, S 21 trotz fehlender Wirtschaftlichkeit durchzuwinken, ebenso zeigte sich die politische Verflechtung, als das Kanzleramt laut neuestens durchgesickerten Mails vor dem Schwarzen Donnerstag den damaligen Ministerpräsidenten Mappus kontaktierte. Kein Wunder also, dass die Staatsanwälte jetzt vom Berliner CDU-Justizminister Heilmann politisch instrumentalisiert werden.
Wir Anzeigeerstatter Dieter Reicherter, Peter Conradi und ich werfen den Bahn-Verantwortlichen  einen schweren Fall von Wirtschaftskriminalität vor.  Bahnchef Grube hat sich zwar Ende Oktober dagegen gewehrt, aber erklärt, dass er die gigantischen Mehrkosten nur bahnintern kommuniziert hat. Damit hat er den Bahnbetrug gegen die Partner eingestanden. Wir werden demnächst die weitere Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung zum Berliner Justizminister Heilmann einlegen, damit es öffentlich wird, wie sehr  hier - aus einseitig politischen Gründen - die  Justiz missbraucht wird.

Für das Bürgerbegehren Storno 21 kommt es aber auf das strafrechtliche Verfahrensergebnis nicht  an. Denn auch wenn die Bahn berechtigt zu blöde hätte sein dürfen, für geplante Arbeiten in Milliardenhöhe die Kosten zu verschweigen, ist die Schwere ihres Vertrauensbruchs und ihrer Unzuverlässigkeit gegenüber den Projektpartnern nicht zu überbieten. Bekanntlich müssen Arbeitnehmer wegen einbehaltener drei Euro gegen ihre fristlose Kündigung kämpfen. Wenn aber Bahnchefs jahrelang ihre Partner in Milliardenhöhe täuschen und prellen, soll es folgenlos bleiben? Nein:  Daraus folgt zwingend das Kündigungsrecht für die Stadt. Und noch eins:

Stadt und Land befinden sich jetzt praktisch in Geiselhaft von Bahn und Bund, wenn sie sich dem Faktenschaffen durch Baufortschritte der Bahn weiter ausliefern.  Die Bürgerschaft der Stadt Stuttgart kann sich selbstbewusst aus dieser Geiselnahme nur befreien, wenn sie  mit dem Storn21 Bürgerbegehren  aus S 21 durch Kündigung aussteigt.

Abschließend: Wie Sie wissen, erklärte der neue S 21-Projektleiter Manfred Leger kürzlich, bei Bauverzögerungen infolge fehlender Genehmigungen könne er für nichts garantieren, ob die Finanzierung noch abgefedert sei.  Er hätte hinzufügen können, dass die Bahn wegen des  Wirtschaftlichkeitsgebots auch nach Aktienrecht und  Strafrecht die Stadt und das Land auf Milliardenzuschüsse verklagen und zur Zahlung nötigen müsse. Darauf gibt es eine angemessene Antwort für die Stuttgarter Bürgerschaft: : Die Unterzeichnung  des Storno 21-Bürgerbegehrens sowie des Begehrens gegen den Leistungsrückbau S 21.

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2 Antworten zu 12. Dezember: Ein Jahr Offenbarungseid der Bahn

  1. C. Jacob sagt:

    Nein nicht S21 muss storniert werden, sondern unsere Regierung!

    • K. Neumann sagt:

      Dann müssen Sie den Souverän stornieren bzw. diesem das Wahlrecht wegen Unreife entziehen.

      Dann sollen Sie aber jene mal hören, die diese Unreife zynisch für ihre demokratisch und rechtlich legitimierten Raubzüge einsetzen.

      Das Problem, vor dem wir stehen ist, dass sich die heutige Presse als einmal gedachtes Korrektiv zu diesem rechtlich und demokratisch gleichgeschaltenen Dreisäulensystem als vierte Säule und damit Erfüllungsgehilfe darstellt.

      Wir haben ein echtes braunes Problem nur dieses Mal rechtsstaatskonform eingefärbt. Machen Sie mal was.

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