Pressemitteilung: Juristen erstatten Strafanzeige gegen Verantwortliche der Deutschen Bahn

Juristen erstatten Strafanzeige gegen Verantwortliche der Deutschen Bahn wegen des Verdachts des besonders schweren Betruges gem. § 263 Strafgesetzbuch

Mehrere Rechtsanwälte und Richter aus dem Arbeitskreis der Juristen zu Stuttgart 21 haben heute bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafanzeige gegen die im Jahr 2009 Verantwortlichen der Deutschen Bahn erstattet.

„Es besteht der Verdacht, dass das Land und die Stadt Stuttgart beim Abschluss des Finanzierungsvertrages von Angehörigen der Deutschen Bahn betrogen wurden“, erklärte der frühere Strafrichter Axel Tschorn. Die Deutsche Bahn hatte im Finanzierungsvertrag und in der Pressemitteilung vom 02.04.2009 erklärt, dass die Baukosten 3,076 Mrd. € betragen würden und eine Kostensteigerung über eine Milliarde Euro „unwahrscheinlich“ sei. „Nach unseren Recherchen besteht der Verdacht, dass die Deutsche Bahn schon damals mit einer Kostenstei­gerung von über einer Milliarde Euro gerechnet hat und ihre Angaben zu Baukosten und Risiken daher falsch waren“, sagt Rechtsanwalt Bernhard Ludwig.

Der Verdacht geht auf einen veröffent­lichten internen Vermerk des Innenministeriums zurück, nachdem die Deutsche Bahn bereits im November 2008 die Kostenkalkulation für die Planfeststellungsabschnitte 1.2 (Fildertunnel) und 1.6a (Ober-/Untertürkheim) abgeschlossen hatte, aus denen „dramatische Kostensteigerungen“ erkennbar waren.

Mit ihrer Strafanzeige wenden sich die Juristen gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 30.08.2011, mit der diese die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens auf Antrag von mehreren Bürgern mangels Tatverdachts abgelehnt hatte.

„Die Begründung der Staatsanwaltschaft ist nicht haltbar“, kritisiert Rechtsanwalt Ludwig. „Ihr waren offensichtlich nicht alle Fakten bekannt. Anders lässt sich die Entscheidung nicht erklären.“ Die Juristen widersprechen der Staatsanwaltschaft, die die Kostenzusammenstellungen vom November 2008 als irrelevanten „Zwischenschritt in der Kostenplanung“ bewertet hat. „Mir ist nicht klar, was die Staatsanwaltschaft damit meint“, sagt Prof. Löffelmann, ein Stuttgarter Rechtsanwalt und anerkannter Fachmann im Bereich des Bau- und Architektenrechts. „Die Kostenauflistung der nach Art und Umfang beschriebenen Werk­leistungen vom November 2008 war sehr gründlich und fachgerecht und stellte den damaligen Wissensstand dar.“

Journalisten des ARD Politikmagazins „Report Mainz“ hatten Prof. Löffelmann die Kostenauflistung vorgelegt. Diese Zahlen wurden im Juli 2009 von dem externen Projekt­steuerer Drees & Sommer bestätigt. Die Deutsche Bahn hätte das Land und die Stadt Stuttgart nicht in dem Glauben lassen dürfen, die mit 3,076 Mrd. € angegebenen Baukosten seien realis­tisch und der Risikopuffer von 1,45 Mrd. € stehe ungeschmälert zur Verfügung, nachdem sie – dem Verkehrsministerium zufolge – schon im November 2008 deutliche Hinweise auf dramatische Kostensteigerungen hatte.

Prof. Löffelmann hat keinen Zweifel: „Angesichts der noch nicht voll­ständig genehmigten Planfeststellungsabschnitte und der erheblichen Nachtragsrisiken bezüglich Baugrund und Wasserhaltung wird der Kostenrahmen von 4,526 Mrd. € mit Sicherheit nicht aus­reichen.“ Dem Land und der Stadt droht dadurch ein Schaden in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro.

Bereits der Vertragsabschluss ohne ausreichenden Risikopuffer stellt für das Land und die Stadt einen Vermögensschaden in der Form einer Vermögensgefährdung dar.

Eine Steigerung der kalkulierten Baukosten um bis zu einer Milliarde Euro nach Baubeginn haben selbst die Projektbeteiligten für nicht unwahrscheinlich gehalten, so dass mit Gesamtkosten von 5,088 Mrd. € zu rechnen ist. Das muss zum Scheitern von Stuttgart 21 führen. Denn die öffentlichen Vertragsparteien haben schon jetzt erklärt, keine Nachschüsse leisten zu wollen. Die bereits gezahlten Bau­kosten sind dann verloren.

Betrug in einem besonders schweren Fall wird mit Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren bestraft. „Bei dem hohen Schaden dürfte ein Angeklagter nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe davonkommen“, sagt Strafrichter a.D. Axel Tschorn.

Pressekontakt:
Bernhard Ludwig, Rechtsanwalt
Kernerplatz 2, 70182 Stuttgart
Telefon: 0711/22021690
 
§ 263 Strafgesetzbuch hat folgenden Wortlaut:
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen.
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8 Antworten zu Pressemitteilung: Juristen erstatten Strafanzeige gegen Verantwortliche der Deutschen Bahn

  1. Stefan Faiß sagt:

    Das ist aus juristischer Sicht ein vorverlegter Aprilscherz. Bei jeder Anzeige und Klage, die die Gegner bisher eingereicht haben, erlitten sie Schiffbruch. So wird es auch dieses Mal sein. Die Anzeige dient also eher Probagandazwecken. Denn im Finanzierungsvertrag ist explizit auf den Preis- und Kostenstand von 2004 hingewiesen. Jedem Vertragspartner war klar, dass dies nicht der aktuelle Preis- und Kostenstand ist. Deshalb hat die Bahn AG mit Absprache der Projektpartner diesen bis Ende 2009 aktualisiert und den Projektpartnern vorgelegt. Schon seltsam, dass sich Juristn für so einen Unsinn hergeben. Vermutlich streben diese ins Staats- oder Verkehrsministerium.

    • James sagt:

      weil wir ja auch so viele Mörder in Stuttgart haben und ein Oberstaatsanwalt für die Verfolgung aller Straftaten ganz alleine zuständig ist…

      Alle Straftaten mit Bezug zu S21 müssen zur Anzeige gebracht werden… unabhängig ob es sich um Betrug (S21 Planung), Beleidigung (vorwiegend S21 Gegner), Tätlichkeiten oder Sachbeschädigung (wieder S21 Gegner) etcpp handelt….

  2. Aufrechter Gang sagt:

    Gegen den schwarzen Filz in Form von Justiz21 kann man nur immer wieder anrennen. Bleibt nur zu hoffen, dass es irgend wann so offensichtlicher Betrug ist, dass auch die befangenen Richter zähneknirschend endlich Recht sprechen müssen.

    • Wunderer sagt:

      Ich ergänze noch folgenden Satz:

      „…. dass es irgend wann so offensichtlicher Betrug ist, dass auch die befangenen Richter zähneknirschend endlich Recht sprechen müssen.“

      und die „befangenen Richter/bzw. Staatsanwälte“ sich selbst einmal vor dem nächst höheren Richter/Staatsanwalt erklären müssen bzw. wegen „Begünstigung“ oder „Amtsmissbrauch“ selbst die Angeklagtenbank drücken dürfen!!!!

      Das schreit ja in Stuttgart zum Himmel, dass alles was sich mit Anzeigen um S21 bewegt und von „gewissen Staatsanwälten“ bearbeitet wird, entweder rundweg abgeschmettert wird oder – wenn es sich um S21-Gegner handelt, völlig unangemessen und überzogen beurteilt wird.

  3. Pingback: Stuttgart will Volksherrschaft zum Zweiten « LW-Freiheit

  4. susanne sagt:

    Habe Häusslers Urteil/Begründung ggAbweisung der Betrugsklage gelesen- wird Widerspruch eingelegt? Kann man auch für Negativ-Schlagzeilen sorgen, und seine Geschichte mal in die Zeitung kriegen?
    worauf fußt eure Anzeige denn? Jedenfalls vernachlässigt die Bahn das Streckennetz, den Ausbau dringend benötigter Regionalanschlüsse (Bodensee), den Ausbau des Güterverkehr s- beim Rheintal kleckern statt klotzen, oder was weiss man ?
    Sie vernachlässigt mit dem Tunnelbhf die Sicherheit, die Erreichbarkeit für weniger sportive Fahrgäste, die Energiebilanz, sie benützt die falsche Energie mit dem Vorwand, die Kosten gering halten zu wollen (mit subventioniertem Atomstrom)- usw.
    Worauf zielt eure Anzeige denn ab?
    Lg, Susanne

  5. Fritz Meyer sagt:

    Nur so eine Anmerkung:
    „Die Begründung der Staatsanwaltschaft ist nicht haltbar“, kritisiert Rechtsanwalt Ludwig. „Ihr waren offensichtlich nicht alle Fakten bekannt. Anders lässt sich die Entscheidung nicht erklären.

    Die Entscheidung lässt sich sehr wohl anders erklären. Stellt euch mal vor, der Staatsanwalt sitzt in der gleichen (Freimaurer-)Loge, wie die Profiteure und Akteure des Stuttgart 21 Projektes. Wacht auf liebe Leute, das ist der Filz, das ist die Korruption! Das ist der Feind, gegen den ihr kämpft!

    Hut ab vor der Klage, weiter so ! Oben bleiben!

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