Klimacamp und S21-Protest – Solidarität und Vernetzung

Rede von Dr. Angelika Linckh, Parkschützerin, auf der 571. Montagsdemo am 19.7.2021

Seid alle gegrüßt, hier heute auf unserer 571. Montagsdemo gegen S21!

Ihr habt es gelesen und eben von Lucia gehört: das Klimacamp findet statt. Wir freuen uns, dass es dem Bündnis Kesselbambule gelungen ist, es zustande zu bringen. Unser Aktionsbündnis gegen S21 gehört zu den Unterstützer*innen des Camps. Warum?

Weil wir seit 2009 ununterbrochen auf der Straße sind mit unserem Protest gegen das Stadt und Bahnverkehr zerstörende S21-Projekt und gegen seine dramatischen Klimaschäden.

Klimaschädlich wurde schon der Mittlere Schlossgarten zerstört mit seinen unersetzbaren, hunderte Jahre alten Bäumen. Weitergemacht haben die Abbruchfirmen und die Herrenknechts, HochTiefs, Porrs und Züblins. Sie haben die Beton- und Stahlorgien der Tunnel und des geplanten Schräg-Tief-Bahnhalts produziert und die Klimakatastrophe beschleunigt. Und sie wollen damit weiter machen mit neuen Tunnelkilometern, neuen Beton- und Stahlorgien und damit CO2-Emissionen in denselben katastrophalen Dimensionen!

Seit 2009 konfrontieren wir die politisch Verantwortlichen mit diesem Klimaskandal S21 und fordern, damit Schluss zu machen.

Liebe Freund*innen, wir sind für diese Hartnäckigkeit belächelt, angefeindet und ignoriert worden. Wer sich, anders als wir, nicht seit Jahren mit diesem Thema auseinandersetzt, stellt gern harmlose Fragen wie: „ Sind Investitionen für die Bahn nicht besser als für andere Verkehrsmittel? Was spricht denn gegen Tunnel?“

Immerhin die Hälfte der Stuttgarter*innen sagen in der Bürgerbefragung der Stadt, dass sie Stuttgart 21 nicht gut finden. Dafür gibt es sicher viele Gründe, vom Baustellenverkehr bis zu den unsäglichen Straßenführungen für Autos, Fahrräder und zu Fuß Gehende, mit denen eine ganze Generation inzwischen aufgewachsen ist!

Doch den wenigsten ist wahrscheinlich bewusst, dass S21 ein wesentlicher Grund ist, warum die Stadt ihre Klimaziele nicht einhalten wird. Und dass das ein wesentlicher Grund ist, warum die Verantwortlichen im Rathaus sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, Stuttgart auf Klimaneutralität 2030 zu verpflichten.

Auch dank der Ignoranz vieler Medien nehmen tatsächlich große Teile der Bevölkerung den Klima­-skandal Stuttgart 21 nicht wahr. Sie nehmen nicht wahr, dass der Bau und die Unterhaltung solcher Tunnel nicht nur überproportional teuer, sondern auch das Klimaschädlichste ist, was man überhaupt tun kann.

Die letzten Tage zeigen einmal mehr, dass Klimaveränderung nicht einfach mildere Winter und wärmere Sommer bringt. Wenige Stunden vor der Überflutung der Stuttgarter Innenstadt und des Bahnhofsumfelds hat auf dieser Bühne hier Hans Heydemann von den Ingenieuren22 von den Überflutungsrisiken bei Starkregenereignissen gesprochen. Die Stadtspitze in ihrer Ignoranz machte verstopfte Gullys dafür verantwortlich.

Und jetzt in NRW und Rheinland-Pfalz – die Bilder der Zerstörungen und die Anzahl der Toten sind so dramatisch, dass Meteorologen es zur besten Sendezeit sagen können: das – ist – die Klimakrise! Das – ist – die – Klimakatastrophe, die die Verantwortlichen auch mit ihrem „Weiter so!“ bei Stuttgart 21 beschleunigen!

Liebe Freundinnen und Freunde, warum sage ich ausgerechnet Euch und Ihnen das?

Wir wissen es schon längst und brauchen keine Nachhilfestunden, nicht in Sachen Klima und nicht in Sachen Stuttgart 21. Ich sage das hier deshalb, weil es ganz offenbar mit Stuttgart 21 und seinen klimaschädlichen Folgen einen wichtigen Berührungspunkt gibt zwischen der jungen Klimaschutzbewegung und unserer Bewegung für den Erhalt des Kopfbahnhofs.

Etwas so gut Funktionierendes wie unseren Kopfbahnhof zu zerstören, müsste eigentlich bei allen Freund*innen von Repair-Cafes zu Entsetzen führen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber leider nicht wirklich in der Realität angekommen. Auch deshalb unterstützt das Aktionsbündnis gegen S21 das Klimacamp, das ja gewissermaßen ein „Repaircafé“ für Klima, Gesellschaft und Lebensweise werden will. Auf dem Klimacamp könnten Menschen zueinander finden, die dieses Ziel vereint.

Auf Twitter habe ich folgenden schönen Satz von Sara Schurmann gefunden: „Stellt euch vor, wie großartig es wäre, wenn wir JETZT gesellschaftlich einsehen, dass es doch sehr geil wäre, die Erde für uns und unsere Kinder bewohnbar und lebenswert zu halten – und das dann einfach machen. Jetzt sofort. Im letzten Moment. Einfach weil wir können!“ (https://twitter.com/SaraSchurmann/status/1415013517070159879?s=20)

Auf dem Klimacamp treffen sich auch Menschen, die sich bisher noch nicht mit der Klima-Dimension von S21 beschäftigt haben. Deshalb will unser Widerstand dort mit verschiedenen Aktionen sicht- und hörbar sein:

  • die Capella Rebella mit einem musikalischen Workshop
  • eine neue, sehr ansprechende Plakat-Ausstellung von Robin Wood und Watch Indonesia zum Thema „Klimakiller Zement und Stuttgart 21“
  • ein Infotisch mit ganz aktuellem Flyer
  • und ein Workshop zum Thema „Klimaskandal S21“, den ich gestalten werde . Dort soll aufgeklärt werden, warum gerade der S21-Murks von Anfang an klimaschädigend wirkt und massiv alle Klimaziele der Region Stuttgart ausbremst.

Folgendes ist mir im Hinblick auf Euch, liebe Freundinnen und Freunde, wichtig, wenn Ihr das Klimacamp besucht: Ich finde, Ihr braucht diesen Workshop wirklich nicht! Es kommt nicht darauf an, dass Ihr dort zum wiederholten Mal hört und diskutiert, was Ihr längst wisst. Wir sehen uns ja hier jeden Montag.

Es kommt meiner Meinung nach vielmehr darauf an, dass überall auf dem Camp in vielen anderen Zusammenhängen die Klimadimension des S21-Murks freundlich und klug angesprochen und dafür sensibilisiert wird.

Wir haben nur diesen einen Planeten und nicht mehr viel Zeit, und müssen alle gemeinsam dafür kämpfen.

„Rauf mit dem Klimaschutz – runter mit der Kohle!“ skandieren die jungen Klimaschützer*innen immer bei ihren Demos. Und vielleicht schaffen wir es ja auch, dass das in unserer Stadt ergänzt wird durch:

„Rauf mit dem Klimaschutz – Gleise bleiben oben!“

Rede von Angelika Linckh als pdf-Datei

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Eine Antwort zu Klimacamp und S21-Protest – Solidarität und Vernetzung

  1. Alexander Abel sagt:

    Ich tu’mich etwas schwer damit, zu quantifizieren + mit Zahlen zu belegen, was klimaschädlicher ist – S21 oder der Flugverkehr.
    Es ist also eine Schätzung, wenn ich sage, an
    erster Stelle steht nach meinen Beobachtungen der Flugverkehr, an zweiter Stelle steht – bezogen auf Stuttgart – S21.
    S21 wird auch dem Flugverkehr erheblichen
    Auftrieb geben.
    Wenn S weder mehr mit der halbierten Eisenbahn noch auf den durch S21 noch weiter verstopften Strassen erreichbar ist, werden viele Reisende auf das Flugzeug ausweichen.
    Paradebeispiel dafür ist die Relation S-ZH.
    Was die Kohleverstromung angeht, habe ich in einem früheren Beitrag ein Alternativkonzept
    entworfen, das ich zur Schonung meiner Tippfinger nicht noch einmal ausführen will.
    Bemerken möchte ich aber zum wiederholten + jetzt letztes Mal,dass mich die krampfhafte Verschonung der Heiligen Kuh Flugverkehr in allen Reden und Diskussionen – nicht nur auf den Modes – verstört + frustriert.
    Es gibt nun mal keinen Klimaschutz MIT Fliegerei!
    Und das heisst, die Flugzeuge bleiben UNTEN
    und die Züge OBEN, und Gäubahnzüge bleiben
    auf ihrer angestammten (+ auszubauenden!) Trasse – gell Ihr Klimaschutz heuchelnden Politiker!
    aabel-s@gmx.de

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