Der Offenbarungseid des Verkehrsministers

14.04.2024 - Pressemitteilung von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene

Seit Jahren widersetzt sich Bundesverkehrsminister Wissing einem Tempolimit auf Autobahnen und der Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes, das es den Kommunen einfacher machen würde, auch auf klassifizierten Innerortsstraßen durchgehende Tempo-30-Regelungen einzurichten. Dann streicht er der Deutschen Bahn Finanzierungsmittel zur Sanierung und Ausbau/Reaktivierung von Bahnstrecken in Höhe von 18 Mrd. Euro. Ganz zu schweigen von der Weigerung, 65 Mrd. Euro klimaschädlicher Subventionen – pro Jahr wohlgemerkt – im Verkehrssektor (Dieselprivileg, Steuerbefreiung von Flugbenzin, Mehrwertsteuerbefreiung von grenzüberschreitenden Flugtickets, Dienstwagenprivileg) zu streichen. Kein Wunder, dass so der Verkehrssektor sein Einsparziel gemäß Klimaschutzgesetz um 22 Mio. Tonnen CO2 verfehlt.

Nun zu behaupten, für die Erreichung dieses Einsparziels müssten die Autofahrer ihren Wagen an zwei Tagen in der Woche stehen lassen, ist an Demagogie nicht zu überbieten. Die Forderung von Fahrverboten zeigt einzig die Dringlichkeit und den Umfang des Problems, das vor allem auf das Nichtstun des Ministers in den letzten drei Jahren zurückzuführen ist. Abgesehen davon haben sich aber die vier autofreien Sonntage in der Zeit der ersten Ölkrise durchaus bewährt. Das Auto-Volk geriet in Feierstimmung und hat landauf-landab viele kreative Mobilitätslösungen ohne Auto gefunden. Nicht umsonst sind seither die vielen lokalen und regionalen Autofrei-Tage eigentlich immer große Festtage. Das heutige Ausmaß der Autoabhängigkeit gelegentlich in Frage zu stellen, ist also gar nicht das Horrorszenario, das Minister Wissing heraufbeschwört. Eine gelegentliche Autofastenkur würde das Land wieder richtig in Bewegung bringen, mit neuem Spaß an der Aktivmobilität. Aber Wissing meint seinen Vorschlag ja gar nicht ernst.

Bürgerbahn-Denkfabrik fordert daher:

  1. Beibehaltung der sektor-spezifischen Einsparverpflichtungen
  2. Abschaffung der klimaschädlichen Subventionen im Verkehrssektor und Einstellung von Inlandskurzstreckenflügen
  3. Kein weiterer Neubau von Schnellstraßen und Autobahnen, forcierte Sanierung des Bestandsnetzes
  4. Anpassung der überzogenen Wachstumsprognosen im Bundesverkehrswegeplan an die Realität
  5. Aufstockung der Finanzierungsmittel für die Bahn für die Reaktivierung von Bahnstrecken, Beseitigung von Engpassstellen, vollständige Elektrifizierung des Netzes, Ausbau der Nachtzugverbindungen und Ausbau der grenzüberschreitenden Bahnverbindungen
  6. Umgehende Einstellung kontraproduktiver Bahngroßprojekte wie Stuttgart 21, 2. S-Bahnstammstecke München, Fernbahntunnel Frankfurt, Bahnhofsverlegung Altona, und Verzicht auf monatelange, vollständige Streckensperrungen im Rahmen des Generalsanierungskonzeptes, weil dies die Abwanderung der Fahrgäste von der Bahn beschleunigt
  7. Langfristige Absicherung der Finanzierung des Deutschland-Tickets und Einführung eines Flatrate-Bahntickets auch für den Fernverkehr für 5 Euro/Tag
  8. Ausreichende Aufstockung und Dynamisierung der Regionalisierungsmittel, damit Länder in ihrer Finanznot nicht gezwungen sind, Nahverkehrsleistungen abzubestellen
  9. Forcierte Verlagerung von grenzüberschreitenden Güterströmen auf die Bahn und auf Binnenschiffe
  10. Neuorganisation der Distributionslogistik der Internetversender, damit nicht täglich fünf verschiedene Zusteller (DHL, GLS, UPS, FedEx, Hermes, usw.) jede Straße anfahren

Dazu Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene:

„Es ist schon grotesk, wenn Bundesverkehrsminister Wissing, der sich bisher durch jahrelanges Nichtstun in Sachen Klimaschutz und Kürzung der Finanzierungsmittel für die Bahn ausgezeichnet hat, jetzt versucht, mit Horror-Szenarien die Autofahrer für seine Wahlkampfziele einzuspannen. Es wird allerhöchste Zeit, dass der Kanzler diesen Minister „zurückpfeift“ und ein Machtwort für wirksamen Klimaschutz spricht. Damit eine Verkehrspolitik Platz greifen kann, die die Verkehrsträger des Umweltverbundes (Fußverkehr, Radverkehr und  öffentlichen Verkehr) massiv fördert.“

PM 14-4-24 als pdf-Datei

 

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