CCS: CO2-Verpressung statt Reduzierung – nicht mit uns!

Rede von Fritz Mielert, Referent für Umwelt und Energie, Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Regionalverband Stuttgart, auf der 761. Montagsdemo am 23.6.2025

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich stand lange nicht mehr auf der Bühne einer Montagsdemo. Und trotzdem fühle ich mich heute wieder an 2010 erinnert. Nach dem Schwarzen Donnerstag ging es darum, wer Teil der sogenannten Schlichtung wird. Es ist natürlich prinzipiell gut zu reden, aber die Voraussetzungen müssen stimmen.  Augenhöhe und Ergebnisoffenheit müssen gewährleistet sein. Und wir müssen aufpassen, dass unser Protest nicht komplett durch die strategische Einbindung absorbiert wird.

Momentan geht es wieder um ein Großprojekt. Unsere Landesregierung versagt momentan auf ganzer Linie in Sachen Klimaschutz. Sie bekommt es noch nicht einmal hin, einen Bericht ihrer eigenen Expertinnen und Experten anzunehmen.

Der Klima-Sachverständigenrat hat prognostiziert, dass Baden-Württemberg seine Klimaziele für 2030 um 17 Prozent verfehlt. Höchste Zeit für ein Sofortprogramm. Doch, da die Landesregierung den Bericht einfach nicht zur Kenntnis nimmt und auch nicht akzeptiert, dass 17 Prozent eine erhebliche Zielverfehlung sind, muss sie auch kein Sofortprogramm vorlegen. Eine Bankrotterklärung in Sachen Klimaschutz!

Die Idee der Regierung: Wenn man schon keine CO₂-Emissionen einspart, kann man sie verbuddeln –  am besten weit weg. Morgen und übermorgen treffen sich Delegationen aus Baden-Württemberg, Dänemark, der Bundesregierung, aus Bayern, der Schweiz und Österreich in Stuttgart, um über das Verbuddeln als grandiose Geschäftsidee zu beraten. Es geht darum, möglichst wenig am bisherigen Wirtschaftssystem zu ändern: Es soll weiter Kalk und Zement gebrannt werden wie bisher. In beiden Prozessen entstehen Unmengen an CO₂. Es soll weiter Müll verbrannt werden. Wenn es nach der EnBW geht, soll auch noch bis mindestens 2046 Erdgas verbrannt werden.

Das ganze CO₂ soll eingefangen werden – bei Kalk und Zement klappt das bisher aber nur zur Hälfte. Der Rest heizt trotzdem unser Klima an. Die Klimagase sollen dann per Pipeline in den Norden transportiert werden. In Dänemark sollen sie dann im Untergrund verpresst werden, in der Hoffnung, dass die Leitungen dicht bleiben. Da CO₂ schwerer ist als Luft, kann sich in einer Senke bei einem Unglück oder Anschlag schnell ein tödlicher See bilden. Und in der Hoffnung, dass die Lagerstätten in Dänemark dicht bleiben, dass keine chemischen Prozesse in Gang gesetzt werden, die zum Beispiel die Deckschicht angreifen. Dass weder CO₂ noch Schadstoffe das Grundwasser beeinflussen – und das auf Jahrtausende! Ein Spiel mit dem Feuer!  Ein Wahnsinn!  Nur, weil sich die Geschäftsmodelle nicht ändern sollen.

Kein Wunder, dass unsere dänische Partnerorganisation NOAH seit Jahren Widerstand leistet. Carbon Capture and Storage, also das Auffangen von CO₂ und seine Endlagerung, würde laut einer Studie von Greenpeace allein in Deutschland bis 2045 über 80 Milliarden Euro kosten. Kein Wunder, dass die Wirtschaft hier ein wunderbares Geschäftsmodell wittert. Das Geld würde dem echten Klimaschutz fehlen, für den Umbau unseres Energiesystems, für Energieeinsparung, für echte Kreislaufwirtschaft, für die Stärkung von Ökosystemen. Von Ökosystemen, die nicht nur unsere Luft filtern, das lokale Klima abkühlen, Starkregen speichern und unzähligen Arten mit all ihren bekannten und unbekannten Funktionen Lebensräume bieten. Von Ökosystemen, die bei richtiger Behandlung auch in der Lage sind, CO₂ aus der Luft zu filtern und natürlich zu speichern.

Unsere dänischen Freundinnen und Freunde von NOAH stehen leider auf verlorenem Posten. Im Parlament gibt es keinen Widerstand mehr gegen die Endlagerung von CO₂ unter Dänemark. NOAH braucht unsere Hilfe.

Lasst uns ihren Protest gegen die CO₂-Verpressung unter Dänemark nach Stuttgart tragen. 2010 bei einem Ratschlag der Parkschützer wurde entschieden, dass die Parkschützer nicht an der Schlichtung teilnehmen. Sie sollten den Protest weiterführen. Bei den Gesprächen zu Carbon Capture and Storage bin ich nun der einzige Vertreter der Zivilgesellschaft. Umso wichtiger ist es, den Delegationen zu zeigen, dass es auch hier Protest gibt: Morgen um 10:30 Uhr vor dem Neuen Schloss!

Bitte helft mit und bereitet den Delegationen einen schönen Empfang. In Dänemark rufen sie: Nein zu einem Leben über CO₂! Auf Dänisch: Nej til at bo over CO to! Vielleicht bekommen wir das gemeinsam hin. Nej til at bo over CO2!

Danke!

Rede von Fritz Mielert als pdf-Datei

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