Redebeitrag von Dr. Angelika Linckh zum Stand des Bügerbegehrens am 20.10.25

„Mehr Bahnhof = Mehr Zukunft“ auf der 778. Montagsdemo gegen Stuttgart 21

Diese heutige 778. Montagsdemo findet in der Endspurtphase unseres Bürgerbegehrens statt.

Viele werden sich jetzt verwundert die Augen reiben „Wieso immer noch Endspurt? Der Endspurt ging doch bis zum Mittwoch 15. Oktober.“ Wir müssen noch bis zum 23. Oktober weiter sammeln und das hat 2 einfache Gründe.

1. Ein Bürgerbegehren ist nur dann zulässig, wenn 20 000 gültige Unterschriften gesammelt werden konnten. Vollkommen unleserliche Unterschriften, oder Unterschriften von Menschen, die ihren ersten Wohnsitz nicht in Stuttgart haben, oder die kein EU Wahlrecht haben, werden nicht mitgezählt. Damit unser Bürgerbegehren aber zulässig ist, brauchen wir 20 000 vom Statistischen Amt als gültig erklärte Unterschriften. Erfahrungsgemäß brauchen wir mit Sicherheitspuffer etwa 24 000 Unterschriften.

2. Wir haben am 15. Oktober, also genau drei Monate nach dem Beschluss vom 15. Juli aus
reiner Vorsicht abgegeben. Denn der Oberbürgermeister Dr. Nopper besteht auf dem
15.10.25. Wir dagegen bestehen darauf, dass unsere Sammelfrist nicht 3 Monate nach dem Tag der Beschlussfassung, sondern nach dem Tag der „öffentlichen Bekanntmachung des Beschlusses“ beginnt.

Denn so steht es in der Gemeindeordnung: Innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach der
öffentlichen Bekanntgabe eines Beschlusses müssen die Unterschriften eingereicht sein.

Seit Wochen wurde versucht, von der Stadtverwaltung die Information darüber zu erhalten, wann das denn war. Erst am Mittwoch, den 15.10. um 10 Uhr geruhte die Verwaltung zu antworten und behauptete, die Sammelzeit wäre der 15. Juli bis 15. Oktober. Wir dagegen gehen davon aus, dass der Tag der öffentlichen Bekanntmachung entweder der Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt ist oder der der digitalen Planauslage - und beides war am 23. Juli. Also bestehen wir auf der uns zustehenden Sammelzeit bis 23.10.

Wir machen das jetzt einfach so, dass wir weiter sammeln bis Donnerstag 23.10 und täglich die bei uns eingehenden Unterschriften abgeben. Notfalls werden wir das juristisch klären lassen müssen.

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir haben tatsächlich die Marke von 20 000 Unterschriften deutlich geknackt und das haben wir am Mittwoch Abend kräftig gefeiert. Und das, obwohl die Rathausspitze jede Zurückhaltung aufgegeben und regelrecht gegen uns agitiert hat. Obwohl in der Gemeindeordnung steht, dass Bürgerbegehren wohlwollend von der Verwaltung begleitet werden müssen. Und ein OB die Pflicht zur Neutralität hat. Aber sie wollten unbedingt einen Erfolg des Bürgerbegehrens verhindern: schon der Beschluss im Stadtrat zum A2-Gelände Ende Juli wurde so terminiert, dass klar war: von den 3 Monaten, die wir zum
Unterschriftensammeln haben, würden 6 Wochen in den Sommerferien liegen. Das war kein Zufall, sondern Kalkül.

Aber sie haben die Rechnung ohne uns Kopfbahnhoffreund*innen gemacht: Denn trotz dieser 6 Sommerferien-Wochen mit ziemlich eingeschränkten Sammelmöglichkeiten haben sich unglaublich viele von euch bis heute um so mehr ins Zeug gelegt:

Auf der Straße, an den Haustüren, an den Ständen, in der Stadtbahn, auf den Märkten, vor
den Arthaus-Kinos habt ihr unser Anliegen sichtbar und präsent gemacht in der ganzen Stadt, dieses wichtige Thema unter die Menschen gebracht, mit mehr als 180 000 Flyern, mit 800 aufgehängten Plakaten, mit dem Kinoclip den Klaus Gietinger für die Arthauskino-Werbung und für soziale Medien produziert hat, mit 20 geposteten Videos z.B. auf Instagram und tiktok und motivierenden Newslettern.

Es ist eine großartige Teamleistung, mit der wir die 20 000 geknackt haben. Und ich bin glücklich, Teil dieser Widerstandsbewegung zu sein! Euch allen einen großen Dank für Euer Engagement und einen besonderen Dank an Hannes Rockenbauch, der immer wieder motiviert und organisiert hat bis spät in die Nacht!

Alle Engagierten konnten sich eine Woche davor nicht sicher sein, ob wir das schaffen würden. Denn 2025 ist immerhin 15 Jahre nach der Zeit der größten Mobilisierung gegen Stuttgart21 in dieser Stadt. Die Unterschriften haben wir mühsam erarbeitet, sie haben viel Überzeugungsarbeit gekostet, viele frühere Mitstreiter*innen sind desillusioniert, diesen Frust haben wir gespürt. Aber viele haben sich auch bedankt und gesagt, dass sie uns bewundern, dass wir noch nicht aufgegeben haben - und es hat gut getan, diesen
Zuspruch zu bekommen.

Liebe Freund*innen, dass wir diese Anstrengung zusammen gemeistert haben, ist unser großer, unser bleibender Erfolg: Wir haben unsere Anliegen mit dieser Auseinandersetzung um das A2Gelände wieder mitten in der Stadtgesellschaft, bei unseren Mitbürger*innen ins Gespräch gebracht.

Wir haben mit zehntausenden Stuttgarter*innen gesprochen und viel Zustimmung bekommen:
- dass die A2-Fläche nicht bebaut und die Frischluftzufuhr für die Innenstadt nicht zubetoniert wird,
- dass der oberirdische Gäubahnanschluss und die Reservefläche für den Bahnverkehr erhalten bleiben muss. Denn wir wissen es: der Tunnelbahnhof ist ein Rückbau und bleibt ein Rückbau!
- und dass diese Entscheidung – zubetonieren oder erhalten - den Stuttgarter*innen in einem Bürgerentscheid vorgelegt werden muss und nicht von der Stadtverwaltung und einer ignoranten Stadtratsmehrheit allein gefällt werden darf!

Das ist tatsächlich ein Grund zur Freude und zum Feiern, denn wir haben immerhin seit langer Zeit zum ersten mal wieder diesen intensiven Kontakt mit allen Schichten der Stadtgesellschaft gehabt: vom Killesberg bis zum Stuttgarter Osten, von Degerloch bis Weilimdorf.

Das zeigt, dass viele von uns zwar mit dem Protest alle 15 oder 20 Jahre älter geworden sind, aber dass mit uns, diesem harten Kern der Bürgerbewegung für den Kopfbahnhof, in dieser Stadt weiter gerechnet werden muss – ob das den Tunnelparteien und diesem OB gefällt oder nicht!

Die Marke von 20 000 geknackt zu haben, ist deshalb schon ein großer Erfolg. Weil wir wollen, dass die Stuttgarter*innen durch Bürgerentscheid selbst bestimmen, was auf dem
A2Gelände passiert: Schienenverkehr und Frischluftzufuhr oder ausgerechnet dort der Bau neuer Immobilien!

Wir sind für die Schaffung von dringend benötigtem, bezahlbarem Wohnraum in Stuttgart. Es ist reine Demagogie und undemokratischer Populismus, eine dringend benötigte Verkehrswende und eine Erhaltung der Frischluftschneise in den überhitzten Kessel gegen dringend benötigte bezahlbare Wohnungen auszuspielen. ...

Also liebe Leute, wir sammeln bis zum 23. Oktober weiter. Wir werden alles dafür tun, dass wir 24.000 Unterschriften sammeln können. Wir lassen uns unser Recht auf Mitbestimmung und Demokratie nicht nehmen.

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