Der fotografische Blick auf das Bahnhofsdach

Fotoalbum von Wolfgang Rüter, angesehen und kommentiert von Petra Brixel

Man ist zunächst amüsiert, dann schlichtweg fassungslos und sagt sich: "Ist aber nicht wahr, oder?" Leider doch. Was die täglichen Besucher des Südflügel-Abrissgeländes von der Straße am Schlossgarten aus beobachten und mit einigem Kopfschütteln kommentieren, das dokumentieren Wolfgang Rüters Bilder in seinem Picasa-Album (zum Anklicken s.u.). Blicken wir der Tatsache ins Auge: Diese Bilder zeigen einen professionellen Abrissvorgang im Jahr 2012! Männer werden dabei bestimmt wehmütig an ihre Kindheit erinnert, als sie - nach den ersten Bauerfahrungen mit Lego - mit der Firma Fischer und dem geliebten Metallbaukasten die Welt der Technik erforschten.
Ich selber konnte diese Erfahrungen nicht machen, vielleicht stehe ich deshalb nun bewundernd vor der Ingenieurs- und Statikerleistung, ein Bahnhofsdach so fachmännisch zu reparieren, dass der ganze Klumpatsch nicht zusammenstürzt. Chapeau! Mein Lieblingsbild ist ja die Nummer 16, wo alles so schön balanciert und ich am liebsten sagen möchte: "Zieh doch mal den Stein da rechts weg ...". Menschen dürfen dabei nicht zu Schaden kommen, nur das ganze Weltbild, das sich hinter diesem notdürftig zusammengebastelten und mit Abfang-, Ersatz-, Sicherungs- und Endstützen, mit Schäkeln, Kanthölzern, Rollenlagern, Diagonalbespannungen und Stützenverstrebungen reparierten Dach verbirgt.
Welch ein Symbol ist doch jedes einzelne Bild! Bitte, schickt dieses Fotoalbum um die Welt und erzählt den Leuten etwas von Stuttgart 21. Dank dem Fotografen Wolfgang Rüter begreifen wir nun, was doch kleine Holzkeile, dünne Baumstämmchen, Sicherungsschrauben und Eisenplatten für eine zusammenhaltende Wirkung haben können. Zugegeben, optisch macht das Ganze ja einen unreifen Eindruck - wie jeder Siebenjährige mit Fischer-Technik-Verstand sagen könnte. Aber es scheint zu funktionieren. Sonst wären die Abrissarbeiten nach wochenlangem Stillstand nicht am Montag wiederaufgenommen worden. Mut haben die Ingenieure, das muss man ihnen lassen.
Und was sagen die Chirurgen zu Bild Nummer 18? Das ist doch Bein-Schienung vom Feinsten. Zumindest Erstversorgung kurz nach dem Unfall, bis der Arzt kommt.
Die ersten Bilder des Picasa-Albums geben einen Gesamteindruck wieder, die nächsten Fotos sind dann Detailaufnahmen mit kabarettistischem Wert und das letzte Foto ist preisverdächtig. Seht selbst!

https://picasaweb.google.com/112478480755709713158/StutzenBahnhofsdach?authkey=Gv1sRgCP6cmYXrgZmsiwE
(kritisch begleitete Beobachtungen von Dienstag, 10.04.2012)

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