Presseerklärung: Recht schaffen – Schlossgarten bewahren – kein Stuttgart 21!

30.9.: Parkschützer laden Wulff und Kretschmann ein

Stuttgart, 22. September 2011: Mit einem nächtlichen Schweigemarsch und anschließendem klassischen Konzert im Schlossgarten werden die Parkschützer an den Schwarzen Donnerstag, erinnern. Unter dem Motto 'Recht schaffen – Schlossgarten bewahren – kein Stuttgart 21' zieht am 30. September ab 23 Uhr ein Schweigemarsch vom Mittleren Schlossgarten zum Neuen Schloss, um die Regierung zu mahnen: Keine weitere Zerstörung, nicht noch mehr Gewalt für das gescheiterte Projekt Stuttgart 21. Um 0:30 Uhr (1. Oktober) beginnt im Schlossgarten ein Konzert mit klassischer Musik und Jazz – dort, wo vor einem Jahr tausende Mutbürger versucht haben, das Fällen Jahrhunderte alter Bäume zu verhindern. Die Parkschützer laden Bundespräsident Wulff und Ministerpräsident Kretschmann herzlich ein, diesen ersten Jahrestag, diese Nacht der dramatischen Erinnerungen mit den Bürgern gemeinsam im Schlossgarten zu begehen.

„Aus Machtgier und politischem Kalkül wurde am 30.9.2010 sehr viel zerstört“, sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. „Hunderte Bürger wurden verletzt, zum Teil sehr schwer. Entgegen geltendem Recht wurden uralte Bäume gefällt. Das Vertrauen vieler Bürger in unseren Staat und die Regierung wurde zerstört. Zerstört wurde auch das Ansehen der Polizei und die Arbeit vieler besonnener, gewissenhafter Beamter, die die friedlichen Proteste gegen Stuttgart 21 über Monate hinweg verantwortungsvoll begleitet hatten. Das alles ist umso schlimmer, als es bis heute keine ehrliche Aufarbeitung gegeben hat. Weder politisch noch juristisch wurden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Bis heute gibt es keinerlei Entschädigung für die Opfer. Wir Parkschützer laden Bundespräsident Wulff und Ministerpräsident Kretschmann ein, diesen Jahrestag nutzen, um im Namen des Staates Demut, Anstand und Respekt gegenüber den Bürgern zu zeigen.“

Bereits im August 2011 hatten tausende Bürger Bundespräsident Wulff mit Postkarten eingeladen, am 30.9. nach Stuttgart zu kommen. Am 30.9.2010 ging die Polizei mit brutaler Gewalt, Pfefferspray, Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen eine angemeldete Schülerdemo und tausende friedliche Bürger vor, um den Stuttgarter Schlossgarten zu räumen. Dabei wurden über 400 Personen verletzt, zum Teil sehr schwer. In der Nacht zum 1. Oktober 2010 ließ die Bahn ab 0:30 Uhr Bäume fällen, obwohl ihr dies das Eisenbahnbundesamt schriftlich verboten hatte.

Ob am Nordflügel oder im Schlossgarten, für Stuttgart 21 wurde schon sehr viel zerstört, ohne dass etwas Neues geschaffen wurde. Aufgrund von technischen Problemen und mangelhafter Planung gibt es bei Stuttgart 21 seit über einem Jahr keinen ernst zu nehmenden Baufortschritt. Wegen der geologischen und wassertechnischen Bedingungen halten namhafte Experten das Projekt für unrealisierbar, daher schrecken auch die Baufirmen vor den riskanten Aufträgen wie Düker, Technikgebäude und Neckaruntertunnelung zurück.

Einladungsschreiben an Bundespräsident Wulff und Ministerpräsident Kretschmann (als PDF-Datei)

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10 Antworten zu Presseerklärung: Recht schaffen – Schlossgarten bewahren – kein Stuttgart 21!

  1. petra sagt:

    Es gibt einen zerstörten Nordflügel auf dem seit über einem Jahr 2-3 Wachposten sitzen um die Mega-Stuttgart 21 Bahn-Werbetafel zu beschützen, auf dem man inzwischen bereits mangels Baufortschritt das Gras wachsen sehen kann.

    Am Südflügel sind alle Fenster mit Holz verbarrikadiert, die Strassenlaternen wurden entfernt um dem zerstörten Teil des Schlossgartens mit grossen Baumaschinen Zufuhr zu gewähren. Es werden vollkommen planlos und verworren, für jeden Laien erkennbar, blaue Rohre aufgestellt. Mit diesem blindem Aktionismus will man nur eines; den Bürger entmutigen und unumkehrbare Fakten infiltrieren! Denn auch der Aufruf zum Volksentscheid wird durch das horrende Quorum von 1/3 Wählerstimmen in GANZ BW, dieses Wahnprojekt NICHT stoppen. Deshalb müssen die Bürger ihren Baustopp selber machen und wieder vermehrt auf die Strasse gehen, nur so kann man etwas bewirken.

    • Tremmer sagt:

      Danke Petra, so ist es – nur das zählt!!!

      Es ist kein verlass auf die Politik und Medien, nur auf den mündigen Bürger!

      Nochmals Danke!

  2. Wilfried sagt:

    Recht schaffen! Dieser Forderung – einer Selbstverständlichkeit in einer Demokratie – entzog sich die abgewählte Landesregierung – und entzieht sich die DB noch immer. Sie versucht sich herauszuwinden – wenn es sein muss, mit offenen Lügen: So in der abgelehnten Vorlage der neu berechneten Kosten VOR der Sitzung des Lenkungskreis morgen. Da lässt die DB eine Sprecherin einfach behaupten, einer Absprache zufolge müssten KEINE aktualisierten Kosten vorgelegt werden (Grube hatte davor schon zweimal um Fristverlängerung gebeten!). Aus dem Staatsministerium Kretschmanns verlautet aber, davon wisse man nichts!
    Das Blockieren der DB widerspricht völlig den Aufgaben des Lenkungskreis, der eben genau diese Kostenkontrolle vornehmen soll – laut Vertrag, den die DB unterschrieben hat und auf den sie sich so gerne beruft. Betrug und arglistige Täuschung sind nach wie vor die Methoden, mit denen Grube, der sogenannte „ehrbare hanseatische Kaufmann“, und die S21-Unterstützerbande den Projektförderpflichten nachhilft.
    Wann wird diese Blockade endlich genauso verfolgt wie die der unerschrockenen BlockiererInnen am GWM?

  3. Jon sagt:

    Diese Regierung unter Leitung der Grünen hat sich darauf versteift, den Konflikt nicht zu befrieden sondern eine Form der direkten Demokratie in einer Pseudo-Veranstaltung, genannt Volksabstimmung zu simulieren. Das alles nur um den Koalitionszusammenhalt zu gewährleisten, sich damit die Regierungssitze zu erhalten und dafür zu versuchen diesen Konflikt auszusitzen.
    Wenn der MP nach dem Danach gefragt wird, antwortet er, danach sei alles entschieden, denn das Volk habe gesprochen. Gleichzeitig weigert sich der MP und seine Regierung längst notwendige juristische Klärungen herbeizuführen, wohl aus Rücksicht auf den Koalitionspartner. Doch Verfassungsbruch bleibt Verfassungsbruch, vollkommen egal welche Veitstänze mit Gottes Segen CDU, FDP und SPD dabei aufführen. Auch aussen vor bleibt das Faktum, dass über Schwachsinn nicht abgestimmt werden kann. Wenn man sich, wie es der MP behauptet, darüber klar ist, dass dieses Projekt dem Allgemeinwohl schadet, dann kann man sich nicht in eine Volksabstimmung als Demokratiesimulation flüchten, sondern man muss handeln. Dazu wurde er gewählt.
    Was die Grünen in der Regierung auch nicht zu begreifen scheinen ist, dass alles was sie politisch in diesem Land verändern wollen, vollkommen davon abhängt, ob sie Stuttgart 21 verhindern oder nicht. Zuviele Menschen haben ihre Zeit und Energie in eine Sache gesteckt, an der sich eben nicht nur ein Bahnhof entscheidet, sondern die Frage, ob mit Vernunft und Argumenten in diesem Land Dinge verändert werden können oder ob Politik und Bürgerwille nur noch vom Wohlwollen irgendwelcher Konzerne und Wirtschaftsinteressen abhängen. Wenn die Grünen nicht in der Lage sind, sich mit ihrem ganzen Gewicht, notfalls auch um den Verlust des Regierungsamtes, gegen diesen Unsinn einzusetzen und wirklich alle Hebel in Bewegung zu setzen, dann werden die Bürger sie nicht mehr wählen und genau genommen braucht sie dann auch keiner mehr, denn die Bürger haben sich längst selbst organisiert.
    Zu sagen, dass die Bürger dann aufhören sollten zu demonstrieren, ist eine paternalistische Anmassung, die auch und gerade einem grünen MP, auch im fortgeschrittenen Alter, nicht zusteht.

    • Tremmer sagt:

      Ich ziehe den Hut und sage sehr angenehm berührt!

      Lieben herzlichen Dank für diesen ansprechenden und auf sehr hohem Niveau formulierten Kommentar!

    • petra sagt:

      Sehr gut Jon – man unterhält sich über diese Volksabstimmung (die einem Volksbetrug gleichkommt) und viele sind unisono Ihrer Meinung!

    • NahDran sagt:

      Guter Kommentar!

      Der Machtwechsel im Ländle war sicherlich zu begrüssen (eine Demokratie braucht den Wechsel), aber ernsthaft zu hoffen, dass die rotlackierte CDU „light“ und der grünlackierte Nachfolger der FDP (inkl. dem ausgeprägten Wunsch nach Schwarzgrün) etwas anders machen würden, war wohl doch zu optimistisch.

  4. Marlies sagt:

    Liebe/r Jon,
    ich bin vollkommen Deiner Meinung. Danke für diesen Kommentar!

  5. Jon sagt:

    Ich wollte noch hinzufügen, dass es mir nicht ums Grünen-Bashing geht, auch wenn ich weder Grünen-Anhänger noch Mitglied bin und auch sicher niemals werde. Die Grünen haben aber nur diese eine Chance zu beweisen, dass sie bereit und in der Lage sind, den Umgang mit Politik und Bürgern in diesem Land zu verändern. Für mich ist es eigentlich eine grundsätzliche staatspolitische Frage, die ungefähr folgende Thematik umfasst:
    1. Kann in einer repräsentativen Demokratie der demokratische Anspruch soweit gefasst werden, dass Bürger zu jeder Zeit in Entscheidungsprozesse eingreifen und diese verändern können und gibt es eine Mehrheit an Repräsentanten bzw. Mandatsträgern, die sich um eine Infrastruktur bemühen, die dieses ermöglicht?
    2. Ist ein Repräsentant bzw. Mandatsträger unter den herrschenden rechtlichen, ökonomischen und politischen Bedingungen bereit, den Bürgern vollständige Transparenz zu gewährleisten und Vorschläge die von Bürgerseite kommen, genauso ernst und wichtig zu nehmen, wie die irgendwelcher Lobbygruppen.
    3. Ist es möglich Politik und Regierungsverantwortung als eine kommunikative Aufgabe zu verstehen, die dafür sorgt, dass ein Maximum an Ideen und Mitarbeit der Bürger in Entscheidungsprozesse einfliessen kann und solche Entscheidungsprozesse auch immer jeweils wieder an die Bürger zurückgegeben werden, also ein Kommunikationsprozess entsteht, der auf Gemeinsamkeit bei Entscheidungen zielt und nicht mehr auf deren Durchsetzung.
    4. Unter welchen Bedingungen kann ein solcher kommunikativer Prozess als gelungen angesehen werden?

    Diese Regierung, zumindest ihr grüner Teil, die SPD wirds wohl nie begreifen, ist angetreten genau hier Veränderungen voranzutreiben. Deshalb wäre es mir auch wichtig, dass die Sache nachher nicht in Kretschmann weg und Lügenpackrufen endet, sondern dass mit den Grünen ein sachlicher aber harter Dialog angezettelt wird. Sie haben die Regierungsverantwortung und wenn sie das ernst nehmen, müssen sie sich dieser Frage in aller Konsequenz stellen.
    Herr Kretschmann hat damals auf dem Marktplatz vehement in Abrede gestellt, dass es sowas wie Wahrheit in der Politik gibt, sondern dass es um Freiheit geht. Ich fand das damals sehr interessant, wann je hätte man das in dieser Klarheit von einem Politiker gehört. Es bleibt aber anzumerken, und das muss man einem treuen Katholiken sicher nicht erklären, dass es so was wie Wahrhaftigkeit geben muss, was bedeutet, dass Argumente in einer Auseinandersetzung um ein Projekt, wie Stuttgart21, zumindest nach bestem Wissen und Gewissen wahr sein müssen und man nicht anfangen kann Behauptungen aufzustellen um Interessen durchzusetzen. Das gilt im übrigen auch für S21-Gegner. Es ist die Aufgabe von Politik wahrhaftig zu sein und dies von allen Partnern in einer politischen Auseinandersetzung auch zu verlangen.

    Und da sich der Jahrestag nähert, noch eine Bemerkung zum Schluss:
    Politik muss auch Verantwortung wahrnehmen. Wer eine Regierung übernimmt haftet zumindest auch formal für die Fehler der Vorgänger. Ich halte es für ein Gebot des Anstandes, dass die Regierung zumindest den 4 schwerverletzten Opfern des 30.9. den Gang durch die Instanzen erspart und sich freiwillig zur Zahlung eines Schmerzensgeldes bereit erklärt. Dazu wäre ein Anerkenntnis der Unrechtmässigkeit des Einsatzes notwendig. Dies wäre zumindest ein kleiner Beitrag zur Befriedung der Stadt.

  6. Parkbewohner sagt:

    Hallo Jon:
    „Diese Regierung unter Leitung der Grünen hat sich darauf versteift, den Konflikt nicht zu befrieden “

    Wie soll denn eine Befriedung aussehen, wenn ein Teil der Bevölkerung S 21 will und ein anderer Teil nicht?
    Eine vernünftige Lösung kann doch wohl kaum in einem Kombibahnhof liegen.

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