Rede von Dr. Eisenhart von Loeper, Juristen zu S21

Rede von Dr. Eisenhart v. Loeper, Aktionsbündnis gegen S21 und Juristen zu S21, auf der 129. Montagsdemo am 2.7.2012

FÜR DEN BAUSTOPP BEI „STUTTGART 21“

Die Bahn AG in der Krise – die Bürgerbewegung in neuer Offensive

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wie gut, dass es diese Montagsdemos gibt, um öffentlich zu machen, was sich bewegt. Ich danke auch für das Aktionsbündnis den Veranstaltern, den Parkschützern, für ihren unermüdlichen Einsatz. Sicher ist: Die Bahn AG steckt bei S 21 tief in der Krise, weil ihre Planung und ihre Finanzen hangabwärts ins Rutschen geraten. Bezeichnend ist: Die Feuerwehr stellt die Bahn bloß wegen fehlendem Brandschutz – also sparen die Bahnoberen auf Kosten von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Kunden. Dann der Scherbenhaufen beim sog. Filderdialog, wo Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern nun auf den Rechtsweg setzen. Und jetzt zwingt das Eisenbahnbundesamt endlich die Bahn zu einem neuen Planfeststellungsverfahren, weil sie die Grundwasserentnahme entgegen der ursprünglichen Planung mehr als verdoppeln will: Die S 21-Planung und die Finanzierung sind ein Fiasko. Für die Baugrube und die Tunnels geht es um eine Bauverzögerung bis 2014, auch wenn sich Herr Dietrich noch dagegen wehrt. Zugleich sind viele zornig auf die Bahn:

Sie hat mit polizeilicher und politischer Hilfe den mittleren Schlossgarten unverzeihlich voreilig zerstört, um im Schatten der Volksabstimmung den Widerstand gegen S 21 zu brechen. Ihr empörendes Verhalten wird jetzt im Bewusstsein der Menschen auf die Bahn und auf ihre Wegbereiter in der Politik zurückschlagen.

S 21 ist die schlechte Moral und die bad bank der Bahn. Aber niemand, auch nicht Mutti Merkel oder Papi Kretschmann, wird der Bahn den Rettungsschirm hinhalten. Ich erwarte demnächst eine Stellenausschreibung der Bahn: Krisenmanager dringend gesucht.

Wir aber gehen vorwärts im Widerstand. Unsere rechtliche Offensive ist der gerichtliche Eilantrag auf Baustopp. Darüber berichtet heute DER SPIEGEL.

Dazu will ich, liebe Freunde, vier Aspekte hervorheben:

1. Der Antragsteller ist kein verzweifelter Einzelgänger, sondern ein Freund aus der Mitte dieser Bürgerbewegung, dessen Wohneigentum die Bahn abreißen will. Im Spiegel-Bericht kommt das zu kurz. Wir stehen zu dem Freund, wir tragen engagiert seinen Weg mit und wir danken ihm für seinen Mut. Ich bin überzeugt, er wird sich nicht von der Bahn freikaufen lassen, weil er und wir nicht – wie ein Judas – unsere Seele verkaufen können. Er hatte sich anlässlich der MontagsDemo vom 19. März an mich gewandt. Jetzt führt mein Anwaltskollege Bernhard Ludwig hervorragend für ihn den Prozess beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim. Das Wohneigentum, das Zuhause unseres Freundes darf schon deshalb nicht rücksichtslos „auf Vorrat“ zerstört werden, denn es fehlt an einer Gesamtgenehmigung für S 21.

2. Einzigartig an dem neuen Eilverfahren ist, dass die Enteignung des Privateigentums auch als unzulässig angegriffen wird, weil sie auf einer verfassungswidrigen Mischfinanzierung von S 21 beruhen würde. Wo die Regierenden versagen, verteidigen wir das Grundgesetz. Im früheren Gerichtsverfahren war das noch nicht möglich, weil es damals den Finanzierungsvertrag von 2009 mit dem verbotswidrigen Zahlungsanteil des Landes in Milliardenhöhe noch nicht gab.

3. Bei der Finanzierung und bei der Planung hat die Bahn geschummelt, so heißt es im Spiegel. Deshalb kam es zum Planfeststellungsbeschluss von 2005 und zum VGH-Urteil von 2006, wonach die S 21-Planung mit gesteigerter Betriebskapazität gerechtfertigt wird. Diese Planrechtfertigung ist entfallen, der Beschluss ist aufzuheben: Heute wissen wir durch bahneigene Dokumente und durch die Arbeit namentlich von Dr. Engelhardt, dass der Tiefbahnhof einen gesetzwidrigen Rückbau der Kapazität bedeutet. S 21 bewältigt nur 32 Züge in der Spitzenstunde, nicht aber den heutigen Verkehrsbedarf von 38 Zügen, erst recht nicht die erwartete Steigerung des Bedarfs um 50 %.

4. Wir stehen mit unserem klagenden Freund dafür, dass unsere Stadt und der Steuerzahler nicht in nie dagewesener Weise milliardenschwer ausgeplündert werden. Ähnlich wie beim EnBW-Deal geht es um verfassungswidriges, gemeinschädliches Verhalten von Wirtschaftsunternehmen und Regierung. Das muss die Justiz als rechtsstaatliches Kontrollorgan fordern. Zieht der Verwaltungsgerichtshof nicht mit, geht es ums Ganze per Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht. Außerdem haben wir den Rechnungshof alarmiert, weil die Schadensfolgen von S 21 für die Menschen und für das Gemeinwohl weitaus scherwiegender wären als beim EnBW-Deal.

OBEN BLEIBEN!

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