Info: Verhandlung am Amtsgericht am Mittwoch, 26.2.2014

Wegen gemeinschaftlicher Nötigung an der Baustelle Wagenburgtunnel sind sechs Personen - drei Frauen und drei Männer - angeklagt.
Der Prozess findet am Mittwoch, dem 26.02.2014, im Amtsgericht, Hauffstraße 5  um 9.00 Uhr und am Mittwoch, dem 19.03.2014, im Amtsgericht Hauffstraße 5 ebenfalls um 9.00 Uhr statt, jeweils Sitzungssaal 1.
Die Staatsanwaltschaft: "Die Aktion der Angeklagten ist in ihrer konkreten, in die Grundrechte Dritter eingreifenden Form nicht durch das Versammlungsrecht gedeckt, sondern vielmehr rechtswidrig. Die Blockade der Baustellenzufahrt diente nicht in erster Linie der Kundgebung der eigenen Meinung und der Verstärkung des kommunikativen Anliegens in der Öffentlichkeit, was auch wenige Meter neben der Zufahrt möglich gewesen wäre. Vielmehr stand die Erzwingung des eigenen Vorhabens im Vordergrund. Es handelte sich also um eine Verhinderungsblockade, die nicht nur Protest ausdrücken, sondern das verhindern will, was missbilligt wird. Solche Blockaden sind nicht von der Versammlungsfreiheit erfasst, sondern von vorneherein rechtswidrig."
 
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10 Antworten zu Info: Verhandlung am Amtsgericht am Mittwoch, 26.2.2014

  1. Uwe Mannke sagt:

    Bei den Blockade-Protesten zeigen sich die signifikanten Unterschiede unter den Aktivisten am deutlichsten. Vor Gericht werden sie von den Aktivisten entweder als Versammlung oder als ziviler Ungehorsam ausgegeben. Beides gleichzeitig geht nicht, d.h. geht doch, weil die gleiche Tätigkeit mit unterschiedlicher Etikettierung gemeinsam ausgeführt wird. Der eine begründet seinen zivilen Ungehorsam mit einer von ihm kritisierten Unrechtssituation und anerkennt sein zumindest ordnungswidriges Verhalten, was ihm letztlich doch als Nötigung ausgelegt wird, der andere will seine Aktion als Versammlung gewertet wissen, auch wenn sie zu stundenlangen Behinderungen führt. Inzwischen wurde schon ein Urteil gesprochen, das bei einer kurzzeitigen, symbolischen Blockade zumindest die vorrangig symbolische Handlung anerkannte.

    • Friedrich O. sagt:

      Uwe Mannke: Zutreffend; wenn man erklärt, man wolle blockieren und sich dann auch noch „die Blockierer“ nennt, muss man über das Versammlungsrecht wohl nicht mehr lange diskutieren. Da kommt man schnell in den strafrechtlichen Bereich.

      • K. Neumann sagt:

        Werter Herr Friedrich O.!
        Wenn ich den Beitrag von Herrn Mannke richtig verstanden habe, hat dieser gerade Ihre Basta – Rechtsauffassung zur Kriminalisierung der „Täter“ vorsichtig hinterfragend abgeklopft. Und nach Herrn Mannke ist auch das Gericht zumindest in einem Entscheid vorsichtiger in der Sache als Sie es mit Ihrer Stimmungsmache für die Knüppel aus dem Sack Methode sind.

        Was ich sagen wollte ist und solches hat wohl auch der Beitrag von Herrn Mannke bedeutet, dass vielleicht der eine oder andere Richter bereits mehr in unserer Zivilgesellschaft und damit bei bürgerlichen Umgangsformen wie sie im Umgang miteinander gepflegt werden sollten angekommen scheint als Sie es sind.

      • dichtbert sagt:

        „In der Bundesrepublik Deutschland ist eine Sitzblockade verfassungsrechtlich eine Versammlung nach Art. 8 des Grundgesetzes.“

        http://de.wikipedia.org/wiki/Sitzblockade

        Noch irgendwelche Fragen oder folgt Ihr lieber der schrägen Auslegung der Stuttgarter Justiz?

    • Peter Illert sagt:

      Ich finde den Unterschied zwischen denen, die Blockaden machen – ob nach der reinen Ghandi-Lehre oder auch „nur“ taktisch aus politischen Motiven – und denen die keine machen, viel signifikanter.

    • Zwuckelmann sagt:

      Lieber Uwe, diese Differenzierung geht an der Sache vorbei, denn Ziviler Ungehorsman kann gerade aus dem Unrecht einer nicht anerkannten oder aus einer aufgelösten oder einer verlegten Versammlung entstehen. Ich denke, dass es sich sehr oft so verhält: Die Demonstranten versammeln sich vor einer Einfahrt und nehmen ihr Recht der Versammlungsfreiheit wahr. Wird ihnen dieses Recht von der Polizei abgesprochen, wird daraus durchaus ein Akt des Zivilen Ungehorsams, wenn die Demonstranten nicht den Weisungen der Polizei folgen. Das eine gegen das andere auszuspielen, bringt in diesem Fall nichts.

  2. Uwe Mannke sagt:

    @Peter Illert
    Wer keine Blockade macht oder wer ähnlich wie Ghandi zivilen Ungehorsam leistet, sorgt nicht für Missverständnisse. Wer aber taktiert und „Versammlung“ nennen will, was in Wahrheit ein grundsätzlicher Verhinderungsversuch ist, muss sich nicht wundern, dass er unter Seinesgleichen bleibt. Das schließt nicht aus, dass es auch „Blockaden“ gibt, die tatsächlich hauptsächlich Merkmale einer Versammlung haben.

    • Peter Illert sagt:

      Es geht doch beiden erwähnten Ansätzen von politischer Aktion um Aufklärung und die Gewinnung der öffentlichen Meinung. Und das ist doch die Ebene , auf der sich konstruktiv und korrigierend streiten lässt, was angemessene und verhältnismässige Mittel sind. Ob sich dabei auf das kommunale Versammlungsrecht oder auf ein abstraktes Naturrecht auf Widerstand bezogen wird, ist mir erstmal zweitrangig. Der Streit wird, wenn es um den moralischen Anspruch auf solche Aktionen geht, schnell persönlich. Ich finde , der Beitrag von Martin Poguntke „Wider die Ausschliesseritis“ hat seine Gültigkeit nicht verloren.

    • Friedrich O. sagt:

      Völlig richtig, Uwe Mannke;

      die „Missverständnisse“ wurden hier ja geplant.

      Man verabredete sich zur Blockade und blockierte dann die Zufahrt.

      Obwohl zur Demo aufgerufen wurde, erfolgte jedoch keine Anmeldung.

      Auf Fragen der Polizei nach dem Versammlungsleiter wurde stets erklärt, dass es keinen gäbe und dies eins Spontandemo sei.

      Dass die Polizei dieses Katz und Mausspiel nicht mitmacht, ist nachvollziehbar.

  3. Uwe Mannke sagt:

    @zwuckelmann. Zur Sache:
    Es ist zunächst getrennt zu sehen ein Unrecht, das im Zusammenhang mit einer echten Versammlung durch staatliche Kräfte entstehen könnte und gegen das man sich wehren muss. Danach ist zu fragen, in welcher Absicht blockiert wird. Ziviler Ungehorsam liegt aus meiner Sicht dann vor, wenn die Verletzung von Rechten anderer als symbolische Handlung erfolgt, die sich auf schweres Unrecht hier im Zusammenhang mit S21 bezieht. Eine reine Verhinderungshandlung ist dann anzunehmen, wenn eine Blockade in erster Linie den Baubetrieb lähmen bzw. die Polizeikräfte beschäftigen will. Die Parkschützeraktivitäten verfolgten aus meiner Sicht öfter auch Letzteres. Dadurch werden aber keine brauchbaren Rechtsstandards gesetzt.

    In diesem Fall könnte man sich auf das Erstgenannte einigen.

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