Vernichtende Schlussworte von Fildergemeinschaft zur S21 Eröterung PFA 1.3

EBA @weiberg
Erörterungsverfahren Abschnitt 1.3 7.10.2014

Schlussbemerkungen für die Schutzgemeinschaft Filder

Von Steffen Siegel
Das Verfahren ist in höchstem Maße unbefriedigend verlaufen. Die Bahn hat hier ein denkbar schlechtes Bild abgegeben, viele Fragen nicht beantwortet, viele Fragen falsch beantwortet, ja einige bewusst falsch beantwortet. Meine Empörung ist über die vielen Tage immer weiter gestiegen. Ich meine, die Vorhabensträgerin täte gut daran, doch wenigstens ab und zu an sich zu zweifeln, ja sich vielleicht sogar für einiges zu entschuldigen.

Zum Beispiel:
Die Bahn möge sich entschuldigen
• für 12 Jahre Versagen. 2002 wurde das erste Mal versucht beim EBA ein Planfeststellungsverfahren einzuleiten. 12 Jahre wurde an der damaligen sog. Antragstrasse stümperhaft praktisch nichts geändert und wir immer wieder mit Halbwahrheiten stillgehalten. Und dann jammern sie auch noch, dass jedes Jahr Verzögerung 100 Mio kosten würde. Ja wer müsste denn dann dafür aufkommen? im Zweifel immer der Steuerzahler also wir.

Die Bahn möge sich entschuldigen, dafür,
• dass sie einen sträflichen Rückbau der Bahninfrastruktur auf den Fildern forciert: Mischbetrieb, höhengleiche Fahrbahnkreuzungen, Terminalbahnhof mit eingleisigem Gegenverkehr, usw.

Die Bahn möge sich entschuldigen, dafür
• dass sie trotz klarer Aufforderungen in der Schlichtung und im Filderdialog die Panoramastrecke nicht funktionstüchtig erhalten will und wir ihr zeigen müssen, dass und wie dies gehen könnte.
• dass sie uns die Erhebung der Passagierströme zum Flughafen durch die Gäubahn bewusst verweigert.
• dass sie uns eine Simulation zumutet (sma audit), die behauptet, am Terminalbahnhof würden alle Gleise (Bahnsteige) für alle Züge nutzbar sein.
• dass sie behauptet, das umsteigefreie Ansteuern des Flughafens von Süden kommend stünde im Landesmessegesetz. Das ist eine bewusste Falschaussage.
• dass sie behauptet, sie habe nichts mit den Glasfaserverlegungen bei Plieningen zu tun, nach längerem Nachhaken aber zugeben muss, dass sie sehr wohl mit der Firma schon lange im Kontakt steht.

Die Bahn möge sich entschuldigen, dafür
• dass sie der TU Dresden bewusst Daten vorenthalten hat, um ein für sie unangenehmes Ergebnis zu entwerten.
• dass sie das Problem durch die völlig ungenügend ausgebaute Kleine Wendlinger Kurve verschweigt, obwohl ein Ausbau auch durch Geißler und sma gefordert wurde. Andernfalls wäre allein dadurch eine Fahrbarkeit von S 21 nicht gewährleistet.
• dass sie zuerst sagt, der Lärm in Leinf.-Echterdingen sei vernachlässigbar, weil es weder eine wesentliche Änderung sei, noch um 3 dBA lauter, sich dann aber doch genötigt sieht, weitere Untersuchungen, ja wohl eine weitere Erörterung zum Schall- und Erschütterungsschutz durchzuführen.
• dass sie behauptet, der Tiefbahnhof unter der Messe sei absolut sicher, obwohl der Kreisbrandmeister sagt: „die Bahn hat nicht nachgewiesen, dass die Flughafenbahnhöfe sicher sind“.
• dass sie zuerst sagt, das Notfallkonzept baue wesentlich auf der Nutzung der Panoramastrecke auf, am nächsten Tag aber sagt, die Panoramastrecke gehöre der Stadt, sie könne also nicht sagen ob sie für den Notfall zur Verfügung stehe.
• dass sie im umgeholzten Rohrer Wald die Fahrt über die Panoramastrecke für den Güterverkehr und den Fernverkehr verhindert.
• dass sie im Finanzierungsvertrag davon spricht, dass S21 3,1 Mrd Euro kosten und dass das Projekt 2019 fertig sei. An diese Prämissen erinnert sie sich wohl mehr.
• dass sie im Filderdialog die Vorgabe machte: “dass sich alle Projektpartner einig sind, dass der Kostenrahmen von 4,526 Milliarden Euro für das Gesamtprojekt eingehalten werden muss“, wohl wissend, dass es längst viel teurer war. Das ist gerade mal 2 Jahre her und wehe wir hätten dies damals angezweifelt.
• dass Herr RA Klingberg letzte Woche Stein und Bein schwor, dass das Projekt seriös durchfinanziert sei.
• dass Herr Dr. Bitzer für alle seine Mitarbeiter letzte Woche beteuert, dass man mit S21 bis 2021 fertig sei.

Die Bahn möge sich entschuldigen, dafür
• dass sie beim Grundwasser Urteil letzte Woche einfach akzeptiert, dass mehr als doppelt soviel Wasserentnahme kein Problem sei und zwar u.a. mit der Begründung, man könne jetzt nicht mehr anders, da ja bereits so viel Geld vergraben worden sei. Das hat nichts mehr mit Rechtssprechung zu
tun, das ist frivoler Machtmissbrauch.
• dass sie nach wie vor wahrheitswidrig behauptet, das Ergebnis des Filderdialogs ein anderer Flughafenbahnhof sei. Gemeint ist der Murks unter der Flughafenrandstraße.
• dass eine objektive Beurteilung der Alternativen und der Nullvariante vorlägen. Na ja, es gibt keinerlei offizielle Pläne für den Gäubahnerhalt oder einen S-Bahn-Ring oder…
• dass die Betriebsqualität der Filder S-Bahn so labil ist, dass sich jede Verspätung aufschaukeln wird. (Gutachten der TU Dresden).
• dass in den Simulationen die Erhebung für die S-Bahnen fehlt
• dass ein Integraler Taktfahrplan (ITF) nicht möglich ist
• dass sie gestern fast den Saal verlassen wollten, als man Ihren zwei Jahrzehnte alten Murks mit dem Berliner Flughafen verglich, dabei gibt es da sehr wohl viele Gemeinsamkeiten.
• dass die Fahrbahnneigung im Stuttgarter Tiefbahnhof schon fast kriminell ist, wie heute morgen durch Sven Andersen gezeigt wurde.
dass sie uns eine 100 Meter breiten, landfressenden, unüberwindlichen „Todesstreifen“ (8-spurige Autobahn, Fernbahngleise, Erschließungsstraßen) vom Fasanenhof quer über die Filder bis nach Wendlingen zumutet
• dass sie am 1. Oktober 2010 um 0 Uhr nachts, Sekunden nach dem Ende der Vegetationsperiode, 200 Jahre alte Bäume schreddern ließ und dies mit dem gewaltsamen Einsatz von Hundertschaften gepanzerter, bewaffneter Polizisten gegen tausende friedlicher Demonstranten durchsetzen ließ und diese sinnlose Zerstörung dann jahrelang als Wüstenfläche Stuttgart verschandelte und nicht genutzt wurde.
(Als wir dieses Thema letzte Woche hier ansprachen, haben Sie nach langem Drucksen ihr Bedauern ausgesprochen, von Entschuldigung war nicht die Rede).

Die Bahn möge sich entschuldigen, dafür
• dass durch sie die Filderbauern zum dritten Mal existenziell bedroht werden. Erst der Flughafenausbau, dann die Messe, jetzt S 21. Seit hunderten von Jahren beackern sie die fruchtbarsten Lössböden, ernähren ihre Familien und die ganze Region. Erst nimmt man ihnen das Land für alle Ewigkeit weg, dann sollen sie auch noch zum wiederholten Mal für die Ausgleichsmaßnahmen bluten. Irgendwann müssen wir unsere Nahrungsmittel wohl einfliegen.

Und schließlich:
dafür, dass sie die klaren Prämissen der Ministerpräsidenten Lothar Späth und später dann von Erwin Teufel missachteten, nämlich nach dem Ausbau des Flughafens kein weiteres Großprojekt auf den Fildern mehr zuzulassen.

Usw. usw. usw.

Schlussbemerkung:
Sie sitzen hier vor uns, sie bekommen ihre Parkgebühren ersetzt, ihr Fahrgeld, vermutlich auch ihr Essen, sie bekommen alles auf ihre Arbeitszeit angerechnet.

Wir Bürger haben hier sehr viel Zeit, sehr viel Energie, ja auch viel privates Geld eingesetzt und erwarteten dafür eigentlich wenigstens Ernst genommen zu werden. Sie täten gut daran, wenigstens den einen oder anderen Fehler einzugestehen. Schließlich haben wir gezeigt, dass unsere Experten Ihnen ebenbürtig, ja häufig überlegen sind.
Dieses Projekt ist in ganz vielen Punkten Murks, es liefert „für obszön viel Geld grotesk wenig Leistung“(Prof. Rohrhirsch) Es ist also, wie es Juristen zu formulieren pflegen, „vernünftigerweise nicht geboten“.
Ein Planfeststellungsbeschluss darf nie und nimmer ausgesprochen werden.

Schlusssatz:
Meine Empörung hat sich während all dieser Worte nicht verringert.

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2 Antworten zu Vernichtende Schlussworte von Fildergemeinschaft zur S21 Eröterung PFA 1.3

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  2. Kümmel Achim sagt:

    Die Erörterung von PFA 1.3 legte die Mängel von S21 nochmals in aller Deutlichkeit offen. Das Projekt S21 kann keine verantwortungsbewusste Behörde je genehmigen.
    Doch deutsche Behörden agieren nur auf Weisung von Oben, losgekoppelt von Vernunft, einfach im gleichgeschalteten Modus. Im irrealen Glauben groß geworden, die Nazis töteten 5 Mio Deutsche jüdischen Glaubens, konnte Realität von Staatsdienern nie erfasst werden. In Deutschland lief und läuft immer alles über Justiz und Polizei. Tatsächlich war es keine Partei die vom Kleinkind bis zum Urgroßvater alles auslöschte. Es war die deutsche Justiz und die deutsche Polizei. Mit der Staatslüge „Die Nazis waren es.“ sind alle deutschen Behörden unbehelligt geblieben.
    Warum sollte es beim Projekt S21 anders ausgehen?
    Alle staatlichen Hände werden rein gewaschen,
    aber „Im Namen des Volkes“ gibt es für uns aufrichtigen Ehrlichen auch noch richtig was auf die Rübe.

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