Rede von Gerda Merker, Mieterinitiativen Stuttgart, auf der 339. Montagsdemo am 19.9.2016

Liebe Anwesende,
ich bin jetzt zum zweiten Mal in meinem Leben auf einer Montagsdemo. Zum ersten Mal in meinem Leben steh ich auf einer Bühne und halt eine Rede.
Als erstes möchte ich mich dafür bedanken, dass ihr die Initiative ergriffen habt für die gegenseitige solidarische Unterstützung. Ich bedanke mich bei Euch, dass wir unser Anliegen hier vorbringen können. Und wir bedanken uns bei der Mahnwache, die sehr viele Unterschriften gegen den Abriss unserer Häuser gesammelt hat.
Wir haben heute auch wieder einen Infostand. Ihr könnt dort unterschreiben und auch Flyer und Unterschriftenlisten mitnehmen.
Wir haben gelernt, dass unser Anliegen und Eures einen gemeinsamen Hintergrund haben: Ihr kämpft gegen den Abriss eines gut funktionierenden Bahnhofs, wir kämpfen gegen den Abriss von erhaltenswerten Häusern. Wir kämpfen alle für ein Ziel: gegen die Zerstörung unser Stadt durch die Profitgeier!
Bei Stuttgart 21 geht es auch viel um Naturzerstörung. Das ist auch bei uns der Fall. Wir haben in der Keltersiedlung in Zuffenhausen 92 Bäume, 25 Büsche und Sträucher und 300 Meter bis zu 2 Meter hohe Hecken.
Wir haben sehr viel Grün zwischen den Häusern. Ich hab einen Garten, in dem ich Tomaten anpflanze. Es gibt bei uns in den Gärten viele verschiedene Gemüse und vor und hinter den Häusern viele Blumen, die von den Mietern gepflegt und gehegt werden.
Die Stuttgarter Zeitung hat unsere Siedlung in einer Überschrift als „Paradies“ bezeichnet. Aber dieses Paradies will man uns wegnehmen. Und dagegen wehren wir uns. Menschen, die seit Jahrzehnten in der Keltersiedlung wohnen, sollen ihre Heimat verlieren.
Und warum: weil die SWSG entdeckt hat, dass die Keltersiedlung dichter bebaut werden könnte und sie bei Neubaumieten von 11 Euro und mehr viel mehr Profit machen könnte. Das sind Mietpreise, die sich kaum jemand von uns leisten kann.
Da werden jetzt alle möglichen Argumente aufgefahren, um Abriss und Neubau zu rechtfertigen. Man will uns ködern mit Ersatzwohnungen. Die SWSG-Geschäftsführung will uns weichkochen. Aber viele von uns werden sich nicht weichkochen lassen. Wir sind fest entschlossen zusammenzuhalten und sind nicht bereit auszuziehen.
Eine Mieterin hat schon erklärt, sie würde sich an den Heizkörper ketten, falls sie zwangsgeräumt würde.
Wir wollen, dass es gar nicht erst zu einer Situation kommt, wo wir mit Zwangsräumung konfrontiert sind. Wir wollen soviel Druck aufbauen, dass die SWSG ihr Vorhaben vorher aufgibt, und dafür kämpfen wir und bitten um Eure Unterstützung!
Denn eines ist auch klar, wenn unser Kampf verloren geht, dann werden weitere Abrisse folgen und die Mieten für Normal- und Geringverdiener unbezahlbar.
Bereits jetzt sehen wir, dass in anderen Stadtteilen der gleiche Wahnsinn läuft wie in Zuffenhausen. In Botnang, im Hallschlag, in Stuttgart-Ost und anderswo werden auch Häuser mit guter Bausubstanz und preisgünstigen Mieten abgerissen. Damit muss Schluss gemacht werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass die letzten noch bezahlbaren Wohnungen vernichtet werden.
Am Samstag 24.9. rufen wir auf zu einer Demonstration in Zuffenhausen und wir möchten Euch alle einladen zu dieser Demonstration zu kommen.
Die Auftaktkundgebung ist um 11 Uhr an der Haltestelle Wimpfener Straße der Straßenbahnlinie 15. Dann geht es in einem Demozug durch die Unterländerstraße in die Keltersiedlung.
Als Redner werden auftreten: Susanne Bödecker, Tom Adler, Gastredner Joe Bauer, Mieterbeirat Horst Fleischmann und ein Mieter aus der Keltersiedlung.
Ich hoffe, ich sehe Euch alle am Samstag wieder in Zuffenhausen.
Oben bleiben! Und drinnen bleiben!
Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit!

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Eine Antwort zu Rede von Gerda Merker, Mieterinitiativen Stuttgart, auf der 339. Montagsdemo am 19.9.2016

  1. Klaus sagt:

    Die Barberei in Zuffenhausen geht sogar noch weiter. In der Luswigsburger Straße ist zwischen Straßburger Str. und Colmarer Str. der Abriss der gesamten Häuserzeile geplant. Es sind unter anderem Büros vorgesehen. Das betrifft z.B. auch 2 der ältesten Häuser in der Ludwigsburger Straße. (ehem. Nanz und ehem Getränke Blank). Auch hier sollte man sich unbedingt für den Erhalt einsetzen.

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