BER – Vom Pannenflughafen zur Betriebskatastrophe, Parallelen zu S21?

Rede von Michael Becker, Kernen 21, auf der 529. Montagsdemo am 14.9.2020

In wenigen Wochen wird am 31.10.2020 der Berliner Großflughafen BER eröffnen. Diese Nachricht verwundert zunächst, glaubte doch nach einer jahrzehntelangen Pannenserie niemand mehr so recht an seine Fertigstellung. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup ließ vor kurzen verlauten „Nur ein Erdbeben könne jetzt noch den Eröffnungstermin verhindern“. Ganz so dick auftragen würde ich nicht, ich habe selbst als Komparse beim Testbetrieb im Juli teilgenommen, die Abläufe waren noch nicht reibungslos, doch durch die Corona bedingt geringere Zahl an Flugbewegungen wird der Wechsel von Tegel nach Schönefeld Ende Oktober wohl zu meistern sein.

Ich sehe sie schon vor mir, allen voran Kanzlerin Merkel mit Brandenburgs Ministerpräsident Woidke, Berlins regierender Bürgermeister Müller und Verkehrsminister Scheuer, wie sie gemeinsam das rote Band durchschneiden und in die Kameras lächeln. Vielleicht noch ein Witz über die schmelzenden Plastikdübel, an denen die Sprinkleranlage, aus der kein Wasser kam, befestigt ist, inzwischen alle Mängel behoben und vom TÜV abgenommen, Betriebsgenehmigung erteilt.

So ist das halt mit Großprojekten. Am Anfang sind alle dagegen, dann werden sie teurer und dauern länger, aber am Ende ist alles gut. Zweimal ein entschiedenes Nein!

Denn jetzt geht das falsche Verkehrsmittel am falschen Standort in Betrieb, eine Katastrophe für Anwohner und Klima, herbeigeführt mit den gleichen Mitteln der Bürgerverachtung wie bei S21.

In einem Raumordnungsverfahren für die Standortsuche des Großflughafens werden die Standorte Sperenberg und Jüterbog Ost als geeignet ausgewiesen, die Erweiterung von Schönefeld scheidet wegen der Lärmbelästigung und Umsiedlung von Anwohnern aus. Doch das wollen die Berliner Flughafenbetreiber nicht wahrhaben und lassen über die Landesentwicklungsgesellschaft für 700 Millionen DM vorab Grundstücke in Schönefeld Ost kaufen. Fortan werden die Verhältnisse um den ungeeigneten Standort des BER herumgebogen. System BER 21

Im Planfeststellungsverfahren werden Flugrouten angegeben, die jeweils geradeaus starten und landen. Bei gleichzeitiger Nutzung der beiden Bahnen – und nur so – entsteht auch ein Kapazitätsplus, darf so aber nicht geflogen werden, die Routen müssen eine Divergenz von 15 Grad aufweisen. Dadurch werden aber noch größere Gebiete überflogen und beschallt und das 19 Stunden am Tag, denn den Betreibern des Flughafens sei wirtschaftlich eine Nachtruhe von 8 Stunden nicht zuzumuten

Korruption allen Ortens, 2001 gerät der Pressesprecher Burkhard Kieker ins Zwielicht. Laut Wirtschaftsmagazin „Capital“ hatte er Werbeaufträge an eine Agentur vergeben, an der er selber beteiligt war. 2014 wird der Ex-Technikchef Jochen Großmann zu 200.000 Euro Geldstrafe und ein Jahr auf Bewährung verurteilt, weil er u.a. Schmiergeldforderungen an von ihm beauftragte Firmen gerichtet hatte. Insgesamt wird der Flughafen wohl über sechs Milliarden Euro kosten und das schmerzt Berlin richtig, denn Tegel spülte jährlich über 100 Millionen Euro in die Landeskasse, Geld, das jetzt fehlt. Nein nicht „arm aber sexy“, „arm und betrogen“.

Der BER war auch in die Schlagzeilen geraten wegen Problemen mit dem Brandschutz, ähnlich wie bei S21. Doch es gibt einen großen Unterschied, beim BER waren es vermeintliche Mängel in der Planung und technischen Ausführung der Brandschutzanlage, die Räumlichkeiten des Flughafen an sich ermöglichen eine Räumung in der vorgegeben Zeit. Bei der Tiefhaltestelle S21 hingegen kann entweder nicht rechtzeitig geräumt werden oder es fahren weniger Züge als versprochen. Sprich, nur weil beim BER jetzt alles in Butter scheint, wird S21 nicht sicher!

Der größte Fehler von BER ist nie heilbar, er ist ein Flughafen, und somit die klimaschädlichste aller Mobilitätsformen und geht als Fanal einer falschen Verkehrspolitik im heißesten Jahr der Erdgeschichte in Betrieb.

Deshalb fordere ich: Ein Verbot aller innerdeutschen Flüge sowie von Kurzstrecken-Flügen ins Ausland, Besteuerung von Kerosin sowie ein Ende aller Subventionen von Regionalflughäfen. Stopp der Förderung der Luftfahrtindustrie und Konversion zu klimafreundlichen Produkten wie z.B. Schienenfahrzeugen, die wegen Lieferengpässen der Hersteller an allen Ecken und Enden fehlen. Zusammenlegung von Lufthansa und Bahn zu einem Mobilitätsbetrieb in Form einer Gesellschaft des öffentlichen Rechts ohne Gewinninteressen.

Ein Ausbau des Schienennetzes auch in der Fläche und Einführung eines integralen Taktfahrplanes. Ausbau bzw. Wiedereinführung eines europaweiten Nachtzugangebots. Eine vollständige Elektrifizierung des Bahnnetzes und Stopp von unsinnigen Großprojekten wie den Neubau vom Bahnhof Diebsteich in Hamburg

Für den BER fordere ich, dass die Flugzeuge unten bleiben und für Stuttgart fordere ich: „oben bleiben“!

Vielen Dank!

Rede von Michael Becker als pdf-Datei

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Eine Antwort zu BER – Vom Pannenflughafen zur Betriebskatastrophe, Parallelen zu S21?

  1. götz zahn sagt:

    schon blöd wenn man merkt, dass man in einer indirekten, parlamentarischen demokratie lebt und nicht in zB der schweiz oder wolkenkukucksheim….“Bürgerverachtung“…das ist schon ein starkes stück…wie wärs stattdessen mit systemverachtung?!

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