Rede von Norbert Quitter, stellvertretender Bundesvorsitzender der GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer), auf der 576. Montagsdemo am 23.8.2021

Recht herzlichen Dank für die Chance, für die Möglichkeit, heute hier zu Euch sprechen zu dürfen. Ich habe im Vorfeld drei Mal geschaut und die Zahl mir drei Mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen: 576! Das ist Kampfkraft, das ist Standhaftigkeit, und da haben sogar wir von der GDL noch ein Stück zu lernen. Dafür kann ich Euch nur beglückwünschen und sagen: macht weiter so! 576 Montagsdemos, das sind über elf Jahre ohne Corona, das ist ein toller Kampf, den Ihr da hinlegt.

Wir sind als GLD auch kampfkräftig, wir sind schlagkräftig, und wir werden nicht immer gemocht. Und heute ist so ein Tag, an dem wir sicherlich nicht gemocht werden. Denn unsere Kollegen sind wieder in einen Arbeitskampf gegangen – ein Arbeitskampf, der richtig und der notwendig ist. Ein Arbeitskampf gegen ein Bahnmanagement, das mit Lug und Trug die Öffentlichkeit blendet, aber auch die Mitarbeiter demotiviert. Etwas, was auch Ihr mit Euren Aktionen rund um Stuttgart 21 kennt.

Und es geht nicht nur um die Lokführer. Es geht um die Zugbegleiter und Fahrdienstleiter, es geht um die Kollegen, die an den Bahnsteigen Auskünfte geben, die Euch helfen, die richtigen Bahnsteige zu finden. Es geht um die Kollegen in den Werkstätten, die Züge instand halten. All diesen bringt der Bahnvorstand die selbe Wertschätzung, nämlich keine entgegen, genauso wie Euren Interessen und Forderungen zu Stuttgart 21. Das lassen wir uns nicht bieten und dagegen kämpfen wir, egal was die Medien sagen.

Und es tut gut, Eure Unterstützung an unserer Seite zu wissen. Es tut gut, wenn unsere Streikzeitung von vielen, die heute hier stehen, mitgenommen wird, und Ihr so mithelft, diese bei den Menschen und Fahrgästen zu verteilen. Und dafür möchte ich mich im Namen der gesamten GDL, der Kolleginnen und Kollegen bei Euch bedanken, für Euer tolles Engagement, und dafür, dass Ihr mit Eurem Namen unseren Kampf unterstützt, so wie auch wir Eure Demonstrationen unterstützen. Recht herzlichen Dank!

Und es ist nichts Unredliches, was wir für die Eisenbahner und Eisenbahnerinnen verlangen: 3,2% über 28 Monate, 600 Euro Einmalzahlung Coronaprämie, keinen Angriff auf unsere Betriebsrenten und keinen Angriff auf das kleine bisschen Planungssicherheit, das wir uns in über 10 Jahren Tarifauseinandersetzung erkämpft haben. All das ist normal, ist real, das hat auch der öffentliche Dienst bekommen, nicht mehr wollen wir. Und weil uns das Bahnmanagement nicht mal das bereit ist zu gönnen, kämpfen wir und sind wieder im Streik. Und wir werden auch solange kämpfen, bis wir dieses erreicht haben. Damit die Eisenbahner und Eisenbahnerinnen die Wertschätzung erhalten, die sie verdient haben!

Auf der anderen Seite steht ein Bahnmanagement, das sich ungeniert auch in diesem Jahr hat Boni auszahlen lassen, das sich ungeniert bis zu 20.000 Euro monatliche Betriebsrente organisieren lässt, das aber nicht mal ansatzweise bereit ist, Eure Positionen, Eure Ideen zu Stuttgart 21 aufzunehmen, das nicht ansatzweise bereit ist, die Interessen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wahrzunehmen, damit wir hier in Deutschland einen starken Eisenbahnverkehr als Rückhalt für eine ökologische Verkehrswende erhalten – einen starken Eisenbahnverkehr, damit Stuttgart von Autos entlastet ist, einen starken Eisenbahnverkehr, der Arbeitsplätze schafft und der alle gemeinsam ein Stück weit in die Zukunft bringt, in eine Zukunft, die wir uns wünschen.

Und wir als GDL stehen für nichts anderes, sowohl was die Mitglieder, die Eisenbahner*innen betrifft, als auch was die Zukunft des Eisenbahnsystems betrifft. Eine Infrastruktur darf nicht als Aktiengesellschaft geführt werden! Denn eine Aktiengesellschaft ist per se zum Gewinnmachen verpflichtet. Und Gewinnmachen in der Infrastruktur heißt: Es wird gespart bis zum Geht-nicht-mehr, und sei es, dass in Fassaden Löcher entstehen oder vom Berliner Hauptbahnhof Platten vom Bahnhof fallen. Das ist alles keine Zukunft für ein Eisenbahnsystem. Das muss enden! Die Infrastruktur muss der Gewinnerwartung entzogen werden, damit wir wirklich leistungsfähige Schienen, leistungsfähige Bahnhöfe haben und sehr viele Züge fahren können. Dafür stehen wir als GDL und kämpfen auch als GDL.

Wir brauchen eine andere Bahn. Wir brauchen keine Vorstände, die die Bahn an die Börse bringen wollen und kaputt sparen, wie die Mehdorns, wir brauchen keine Pofallas, wir brauchen keine anderen Vorstände, wir brauchen Fachleute, die von Eisenbahn was verstehen, Fachleute, die mit Leidenschaft für die Eisenbahn stehen! Und wir brauchen Eisenbahner, die endlich wieder ihren Job machen können mit Arbeitsmitteln, die sie verdient haben, mit Zügen, die fahren, mit Bahnhöfen, die wir anfahren können und mit Kunden, die begeistert sind, wieder mit der Eisenbahn zu fahren.

Dafür steht Ihr mit Euren Demos, dafür stehen wir mit unserem Streik. Ich möchte mich für Eure Unterstützung recht herzlich bedanken und wünsche Euch viel Erfolg. Wir werden beide mit unseren Kämpfen Erfolg haben. Dafür kämpf Ihr, dafür kämpfen wir und das bekommen wir gemeinsam hin!

Recht herzlichen Dank!

Rede von Norbert Quitter als pdf-Datei

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