Hitzetote in Stuttgart

Rede von Petra Brixel, Seniorinnen und Senioren gegen Stuttgart 21, auf der 621. Montagsdemo am 25.7.2022

Heiß, heißer, tödlich“ – das war die Überschrift auf der Titelseite der Frankfurter Rundschau am 19. Juli. Wir erleben es seit Wochen: die Hitze lähmt und macht krank.

Nun wird gesagt, der Mensch muss sich darauf einstellen, daran gewöhnen, dass es in Zukunft immer schlimmer wird. Der Klimawandel… Als wäre das ein Naturereignis wie ein Vulkanausbruch. Jetzt ist die Hoch-Zeit für Klimageräte, Ventilatoren und andere Strom fressende Geräte, die die Hitze erträglicher machen sollen. Das sind sinnlose Pflaster auf tödliche Wunden. Aber die Ursache ist damit nicht behoben.

Wissen wir, wie viele Hitzetote es in den letzten Jahren in Stuttgart gab? Für das Land Baden-Württemberg werden Zahlen erhoben, im Jahr 2019 waren es 1.700 Menschen. Das ist ein Durchschnittswert für das ganze Bundesland. Aber in Stuttgart herrschen verschärfte Bedingungen. Bekannt ist, dass Hitze in der Großstadt 25 mal tödlicher ist als Verkehrsunfälle.

Hitzetote sind nicht nur diejenigen, die an einem Hitzschlag sterben, sondern alle, die an heißen Tagen an Herz/Kreislauf- oder Lungenproblemen sterben. Errechnet wird das anhand der Übersterblichkeit. Gibt es dazu Zahlen in Stuttgart? Ich habe geforscht, aber keine gefunden.

Wir Senioren und Seniorinnen gegen S21 fordern die Erfassung der Hitzetoten für Stuttgart und die klare Kommunikation dazu!

Was kommt in den nächsten Jahren auf uns zu? Die „Hitzewelle könnte viele Todesopfer bringen“, warnte Gesundheitsminister Lauterbach. Das Robert-Koch-Institut und das Umweltbundesamt kommen in einer Studie zu dem Schluss, der Umgang mit Hitzeperioden müsse deutlich verbessert und gefährdete Bevölkerungsgruppen geschützt werden.

Wie in Frankreich: Dort sind gefährdete Menschen in jeder Gemeinde erfasst. Es gibt genaue Pläne, wie man sie bei einer Hitzewelle schützen kann, indem man z.B. gekühlte Räume für kranke Menschen und Senioren anbietet. In Deutschland erzählen Ärzte oder Pflegedienste aus den Sommern 2018 und 2019, wie sie bei Hausbesuchen in kleine, schlecht gelüftete und überhitzte Wohnungen kamen und dort apathische, dehydrierte Rentnerinnen und Rentner antrafen, zum Teil bereits unfähig, sich selbst zu helfen.

In Stuttgart sind Senioren und Seniorinnen besonders gefährdet. Einmal aus topografischen Gründen durch die Kessellage. Zudem durch die Windstille: Stuttgart hat am wenigsten Windbewegung unter allen deutschen Großstädten. Außerdem wurden und werden Frischluft-Schneisen rücksichtslos zugebaut mit Hochhäusern aus Beton und Glas. Wie in Vaihingen der neue Allianzkomplex. Wie im geplanten Rosensteinviertel. Das macht das Stadtklima im Sommer zum Backofen. Es gibt nicht genug Temperaturmessungen an neuralgischen Punkten in Stuttgart! In Deutschland, geschweige denn in Stuttgart existiert kein Hitzeschutzplan wie in Frankreich, Spanien und Österreich.

Deshalb fordern wir: Sofort einen Hitze-Notfallplan für Stuttgart erstellen und implementieren!

Eine menschengemachte Ursache für die Hitze-Übersterblichkeit in Stuttgart ist der Autoverkehr. Feinstaub und Stickoxyde greifen schon ohne Hitze Herz, Kreislauf und Atemwege an. Das sind genau die Organe, die bei Hitze biologisch bedingt zurückgeschaltet werden, weil sich der Körper aufs Schwitzen konzentriert, um Verdunstungskälte zu erzeugen. Außerdem heizt der Autoverkehr die Luft an. Stichwort: Verbrennungsmotoren. Da steckt die Hitze schon im Wort.

Deshalb fordern wir: kontrolliertes Tempolimit auf Tempo 30 in der ganzen Stadt, Fahrverbot für PKWs an Hitzetagen im Kessel!

Die massive Versiegelung von Böden durch Asphalt und Beton – Straßen, Parkplätze, auch Schulhöfe – und die Verdichtung der Innenstadt, verschärft die Hitze. Asphalt heizt sich in der Sonne auf über 60 Grad auf. Dazu gehört auch – und vor allem – die Baustelle Stuttgart 21. Die Vernichtung von Parkfläche im Schlossgarten mit riesigen Bäumen, die geplante Landversiegelung auf den Fildern, das heißt die Vernichtung von Ackerboden für eine neue riesige Baustelle am Flughafen, der CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Beton für Stuttgart-21-Tunnel… all das ist tödlich für das Stuttgarter Stadt-Klima und die Menschen.

Deshalb fordern wir: Grünflächen in die Stadt! Bäume in die Stadt! Frischluftschneisen erhalten! Keine Innenstadtverdichtung! Keine Zerstörung von lebensnotwendiger Natur und Ackerböden! Wir fordern Baustopp für Stuttgart 21!

Damit wir atmen und leben können und… oben bleiben!

Rede von Petra Brixel als pdf-Datei

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.