LBBW finanziert Klimazerstörung – Schluss damit!

Rede von Ajla Salatovic, Fridays for Future Stuttgart, auf der 687. Montagsdemo am 4.12.2023

Ich bin Ajla, 22 Jahre alt und Aktivistin bei Fridays for Future Stuttgart. Und heute stehe ich hier, denn in der Türkei soll der Akbelen-Wald, zusammen mit den umliegenden Dörfern, abgeholzt und geräumt werden, um den dortigen Kohletagebau nochmal massiv zu vergrößern.

Wir haben die Berichte der Bewohner*innen vor Ort gehört, die um ihre Häuser, ihre Existenz und ihre Lebensgrundlage kämpfen müssen. Aber weshalb sprechen wir hier in Stuttgart so viel darüber? Warum hat sich aus Fridays for Future Stuttgart heraus ein breites Bündnis zwischen Klima- und Umweltbewegung, NGOs und Einzelpersonen gebildet?

Die erste Antwort ist leicht, denn es ist unsere historische und gegenwärtige Verantwortung. Die Staaten des globalen Nordens, zu denen auch Deutschland zählt, haben durch den maßlosen Verbrauch fossiler Energieträger den Grundstein für die Klimakrise gelegt und heizen diese auch heute noch drastisch an. Währenddessen sind es insbesondere die Länder des globalen Südens, die am meisten unter der Klimakatastrophe leiden. Es ist die moralische Krise unserer Zeit, dass diejenigen, welche kaum dazu beigetragen haben, den höchsten Preis für unsere fossile Zerstörung zahlen müssen.

Doch es ist nicht nur das, weshalb wir in Stuttgart in besonderer Verantwortung stehen. Ausgerechnet eine Bank, die zu 25% dem Land Baden-Württemberg ‒ unter einer grün geführten Landesregierung – und zu 19% der Stadt Stuttgart gehört, finanziert den Kohleabbau des türkischen Energiekonzerns Limak im Akbelen-Wald.  Deshalb haben wir in der letzten Woche einen offenen Brief an die Aufsichtsräte der LBBW übergeben, zu denen auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper und der grüne Finanzminister Danyal Bayaz gehören. Darin forderten wir sie dazu auf, die Investitionen der LBBW in fossile Projekte, auch im Akbelen-Wald, zu beenden. Die LBBW antwortete auf unseren Brief und behauptet von sich selbst, sie teile das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft. Sie behauptet, dass sie einen konkreten Fahrplan verfolge, wie sie die Pariser Klimaziele einhalten möchte. Aber gleichzeitig will sie die Finanzierung von Kohleförderung und -kraftwerken nicht beenden, weil sie Brückentechnologien sein.

Diese beiden Aussagen im selben Absatz zu verbinden, ist eine so schamlose, so erbarmungslose Lüge! Laut Internationaler Energieagentur darf es für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze kein einziges neues fossiles Projekt geben, keine Kohleförderung und auch kein Gas- oder Ölfeld. Man würde meinen, dass das eine recht eindeutige Maßgabe ist. Die Idee, dass Kohle eine Brücke in der Energiewende sein kann, ist ja noch schlimmer als das Märchen anderer fossiler Energiekonzerne, die uns Erdgas als Brückentechnologie verkaufen wollten.

Wenn wir unter den Zielwerten, die im Pariser Abkommen festgelegt wurden, bleiben wollen – und damit das Risiko minimieren möchten, irreversible Kettenreaktionen in Gang zu setzen, dann brauchen wir sofort eine drastische jährliche Reduzierung der Emissionen. Das ist unbestreitbar. Es geht hier nicht um eine Meinung oder einen zufällig ausgewählten Bericht. Diese Ziele zu erreichen, würde buchstäblich bedeuten, in einem unvorstellbaren Ausmaß bestehende Verträge, geltende Vereinbarungen und Abkommen zu zerreißen.

Das wird im heutigen Wirtschaftssystem nicht passieren. In diesem können wir nicht nachhaltig leben, dabei wird uns das die ganze Zeit gesagt. Wir bauen nachhaltige Autobahnen, für nachhaltige Autos, die mit nachhaltigem Treibstoff fahren. Wir können nachhaltiges Fleisch essen und nachhaltige Fast Fashion kaufen. Die LBBW schickt uns ihren Code of Conduct, wo sie uns von nachhaltigen Anlageprodukten, grünen Finanzierungen und digitalen Innovationen vorschwärmen. Mit konzernweit gültigen Nach­haltig­keitsregelungen, die sich an international anerkannten Standards und Selbstverpflichtungen orientieren, wollen sie das Management von Umwelt- und Sozialrisiken sicher stellen. Es ist das gleiche wie ihre Versicherung, dass sie einen konkreten Plan hätten, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Dabei frage ich mich: Was ist der Plan, wenn ihr weiter Braunkohle verfeuern wollt? Die Antwort ist dieselbe wie immer: Es werden sämtliche Schlupflöcher und alle Mittel kreativer Buchführung genutzt, um Emissionsreduzierungen zu zählen, wie es ihnen am besten passt.

Die Zeit, die uns bleibt, um zu verhindern, dass uns die Klimakatastrophe in tödlichem Ausmaß voll trifft, läuft rapide ab. Was wir brauchen, ist Ehrlichkeit: Dass ausgerechnet die LBBW, die in großen Anteilen dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart gehört, eine der dreckigsten Banken überhaupt ist! Wie kann ein grüner Finanzminister dort im Aufsichtsrat sitzen und nichts tun? Wie kann Herr Oberbürgermeister Nopper, der mit Stuttgart weiterhin 2035 klimaneutral sein möchte, im Aufsichtsrat sitzen und nichts tun?

Wenn wir mit ihnen darüber sprechen, ist deren Lieblingswort, dass wir kompromissfähig sein müssen. Als wäre die Übereinkunft von Paris nicht schon der größte Kompromiss der Welt. Ein Kompromiss, der bereits unvorstellbar viel Leid für die am stärksten betroffenen Länder und Regionen in sich birgt. Welchen Kompromiss bekommen denn die Menschen beim Akbelen-Wald, die gerade um ihre Existenz und ihre Lebensgrundlage kämpfen? Die nicht zusehen wollen, wie ihr Zuhause zu einer toten Grube zerfällt und dafür von der Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas attackiert werden. Das ist es, was die LBBW konkret mit „gesellschaftlicher Verantwortung“, „Respekt“, „Soziales“, und „Menschenwürde“ meint. Die Dorfbewohner*innen werden brutal vertrieben, weil sie dem Profit im Weg stehen.

Dazu führen uns die Kompromisse, die uns von Bayaz und Nopper so zuvorkommend erklärt werden. Wir nähern uns mit der Klimakrise einem Abgrund, was uns durch Greenwashing als notwendig verkauft wird. Lasst es nicht zu! Lasst es nicht zu, dass sie uns auch nur einen Zentimeter näher an den Rand des Abgrunds zerren. Nicht einen Zentimeter, nicht ein Zehntel Grad weiter, denn hier ziehen wir die Grenzen. Jetzt ist ein Zeitpunkt, an dem wir auf der Kippe stehen, und wenn diese fossilen Projekte, sei es von Limak, sei es von RWE, sei es von Shell – alles nachhaltige Investitionen von der LBBW – umgesetzt werden, verfeuern diese jede Chance auf ein irgendwie stabiles Klima. Wir müssen diese großen fossilen Konzerne, deren Banken und Versicherer aufhalten. Wir müssen ihnen, Nopper und Bayaz klar machen, dass wir dabei nicht mitmachen. Dass wir deren Reputation zerstören und nicht darauf warten, dass sie irgendwann mal die kooperative Hand heben und sagen „jetzt haben wir es uns anders überlegt“.

Wir haben keine Zeit, auf die zu warten. Deswegen gehen wir auf die Straße, deswegen demonstrieren wir weiter und halten die auf, die nicht dazulernen wollen. Dafür haben wir jetzt eine Gelegenheit: kommt am Freitag, 8.12, um 14:30 Uhr zum Pariser Platz, um dort gemeinsam zu demonstrieren. Bayaz und Nopper haben sich dazu verpflichtet, Stuttgart bis 2035 bzw. 2040 klimaneutral zu machen, dafür müssen die Investitionen in fossile Projekte aufhören!

Gleichzeitig gibt es auch viele weitere Stellschrauben: eine davon ist der Verkehrssektor, da braucht es eine sozial gerechte Verkehrswende! Hier zeigt sich eine weitere Gelegenheit, denn die Beschäftigten der SSB geben morgen ihre Forderungen für die anstehenden Tarifverhandlungen ab. Anlässlich dazu findet am Abend um 19 Uhr eine Stadtversammlung im Gewerkschaftshaus statt, bei der Azubis, Beschäftigte, Studis und die Unterstützer:innen aus der Zivilgesellschaft zusammen kommen, um darüber zu sprechen, wie wir die sozial gerechte Verkehrswende erkämpfen können. Herzliche Einladung an alle!

Dankeschön!

Rede von Ajla Salatovic als pdf-Datei

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Eine Antwort zu LBBW finanziert Klimazerstörung – Schluss damit!

  1. Alexander Abel sagt:

    Frau Salatovic prangert die fossilen Energien an, ohne aber konkrete Alternativen aufzuzeigen.
    Wie heizen wir ohne Erdgas / Öl?
    Herrn Habecks Wärmepumpen sind Grünwäscherei,
    Betrug.
    Wärmepumpen werden elektrisch betrieben.
    Elektrizität ist keine Primärenergie, sie muss aus primären Energien umgewandelt werden.
    Wenn Frau Salatovic die Nutzung fossiler Energieträger ablehnt, müsste sie mir auch vorrechnen, ob Sonne + Wind unseren Energiebedarf decken können.
    Ich zweifle daran, gerade auch im Hinblick auf die auch von mir ersehnte „Verkehrswende“.
    Aus welchen primären Energieträgern soll denn
    die elektrische Energie gewonnen werden, die für die massive Ausweitung (ich schätze zurückhaltend eine Vervierfachung!) elektrischen Zugbetriebs erforderlich ist?
    Die sog. „regenerativen Energieformen“ werden
    dafür wohl kaum ausreichen.
    Auch die Wasserstofftechnologie ist Selbstbetrug! Wasserstoff muss per Elektrolyse aus Wasser isoliert werden.
    Aus welchen primären Energieträgern gewinnen wir die dafür notwendige el. Energie?
    Dasselbe gilt für akku-elektrische Antriebe.
    Akkumulatoren müssen ja mit el. Energie geladen werden.
    Wie verhält sich der Wirkungsgrad von Brennstoffzellen / Akkuantrieben zur Einspeisung el.Energie in den Fahrdraht?
    Auf jeden Fall hat die Eisenbahn den höchsten Wirkungsgrad aller Verkehrsmittel gemessen in Energie / Masse x Weg.
    (Ich erspare es mir und Euch, mich seitenweise über die Probleme + Mängel des
    Fahrradverkehrs auszulassen).
    Den schlechtesten Wirkungsgrad hat der weitgehend überflüssige, extrem umwelt- + klimaschädliche Flugverkehr.
    Das brachte mich auf die Idee, den Flugverkehr auf einige wenige Interkontinentalflüge zu beschränken, und das eingesparte Kerosin in kombinierten Gasturbinen-/Dampfkraftwerken in el.Energie umzuwandeln. Der Wirkungsgrad dieser Technologie liegt bei ~60%.
    Er erhöht sich weiter, wenn die so generierte el.Energie hauptsächlich zur Ausweitung el. Zugförderung eingesetzt wird.
    ABER: Wie machen wir mit der jahrzehntelang systematisch demontierten und in ihren kläglichen Resten total verrotteten Eisenbahn (+ mit S21!) Verkehrswende?
    Selbst wenn wir die 100Mrd, die in die Bundeswehr investiert werden sollen, ganz oder teilweise zur Rekonstruktion der Eisenbahn einsetzen würden, würde das wohl ebensoviel Zeit in Anspruch nehmen deren Demontage.
    Ich wiederhole noch einen anderen Aspekt der gesamten Klimadiskussion: Das mit Abstand schmutzigste aller Klimaschweine sind die Militäraktivitäten. Komplett einstellen!
    Deutschland, mach‘ du den Anfang!
    Tritt aus der NATO aus + löse die Bundeswehr auf! Damit würde auch der Weltfrieden ein Stück sicherer.
    Nein Frau Salatovic, Sie machen sich das hochkomplexe Thema viel zu einfach!
    aabel-s@gmx.de

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