Rede von Dr.med.Dipl.-Psych. Angelika Linckh, Vertrauensfrau Bürgerbegehren, auf der 784. Montagsdemo am 1.12.2025
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
die Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens BAHNHOF MIT ZUKUNFT wurden letzte Woche von der Verwaltung zu einem Gespräch eingeladen. Die Mitarbeiter des Statistischen Amts haben Hannes Rockenbauch und mir erklärt, wie die Prüfung ablief und warum Unterschriften als ungültig bewertet wurden. Der Verwaltung ging es um Transparenz, soweit es die Rechtslage erlaube. Die Zahlen liegen auch öffentlich vor.
Bis 24.10.25 wurden 19.835 gültige Unterschriften vom Amt gezählt. Es fehlten nur noch 165 gültige Unterschriften am 24. Oktober bis zum Quorum von 20.000.
Wir Vertrauensleute haben trotz des knappen Ergebnisses keine Hinweise oder gar Beweise für manipulative Bewertung von Unterschriften durch das Statistische Amt der Stadt. Es kann also sein, dass die veröffentlichten Zahlen stimmen. Auch die Zahl der abgegebenen Stimmen ist laut Statistischem Amt etwas niedriger als von uns gezählt. Auch das kann stimmen. Es wurden laut Statistischem Amt 23.795 Unterschriften abgegeben – 131 weniger, als wir gezählt hatten – aber auch wir können uns geirrt haben.
Formal könnte die Auswertung vollkommen korrekt sein, und tatsächlich habe ich persönlich den Eindruck, dass die Mitarbeiter des Statistischen Amts gewissenhaft und wohlwollend geprüft und ihren Entscheidungsspielraum genutzt haben, um alle eindeutig identifizierbaren Eintragungen auch als gültig zu bewerten.
Wie geht es jetzt weiter:
Am Donnerstag wird der Gemeinderat tagen. Ganz am Anfang geht es um unser Bürgerbegehren. Als Tagesordnungspunkt 1 werden wir Vertrauenspersonen angehört, damit wir unser Anliegen erläutern können. Und im 2. Punkt wird der Gemeinderat entscheiden, ob er unser Bürgerbegehren für zulässig oder unzulässig hält.
Wir haben uns juristisch beraten lassen und die Lage stellt sich für uns ernüchternd dar:
Durch die Formulierung des Kommunalwahlrechts und die geltenden Regeln haben wir Bürger und Bürgerinnen selbst wohl keinerlei Einsichtsrecht in die Unterschriftenlisten. Auch nicht durch etwaige Klagen.
Sobald unser Bürgerbegehren vom Gemeinderat als unzulässig zurückgewiesen wird – und damit ist zu rechnen – kann jede Person, die unterzeichnet hat, innerhalb eines Monats – gegen Gebühr – Widerspruch erheben und vom Regierungspräsidium Überprüfung der ungültigen Stimmen verlangen.
Falls das Regierungspräsidium den Widerspruch zurückweist – und das kann dauern – kann innerhalb eines Monats Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben werden. Solche Klagen können viel Geld (Größenordnung 30.000 €) kosten und lange dauern.
Auch bei Gericht haben wir nach der Regelung der Kommunalwahlordnung keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die Stimmlisten und auf unseren Abgleich mit den Wählerverzeichnissen. Denn die Stadt muss dem Gericht nur Auskünfte erteilen, nicht aber alles vorlegen, sodass auch das Gericht diese Auswertung nicht selbst vornimmt.
Und das bedeutet:
Ein Bürgerentscheid parallel zur Landtagswahl am 8. März ist so gut wie ausgeschlossen. Keine aufschiebende Wirkung, keine Chance auf ein schnelles Verfahren.
Was bedeutet das jetzt für uns:
Wir haben keine Hinweise, dass manipuliert wurde – es ist vorstellbar, dass die Zahl von 20.000 nicht erreicht wurde.
Aber nicht nur die mangelnde Transparenz ist ein Problem, sondern das große Problem sind die Regeln und Abläufe:
Es gibt massive Interessenkonflikte und sehr ungleiche Chancen. Die Verwaltung unserer Stadt will die Bebauung unbedingt durchsetzen, und die Unterschriften gegen diese handfesten Interessen werden von genau derselben Verwaltung geprüft. Es handelt sich also um ein strukturelles Problem. Die Verwaltung ist nicht neutral. Sie ist Partei. Siehe auch das bürgerfeindliche Vorgehen bei der Fristsetzung. Und Chef der Verwaltung ist derselbe Oberbürgermeister, der den Aufstellungsbeschluss zur Bebauung des A2-Geländes vorantreibt. Das ist der Kern des Problems.
Und deshalb planen wir momentan eher nicht, unsere Kraft in jahrelangen Gerichtsverfahren zu verschwenden. Lieber nutzen wir unsere Kraft sinnvoll und machen weiter Druck. Öffentlich. Politisch. Gemeinsam. Jetzt wo der verschobene Eröffnungstermin das Projekt in neue Turbulenzen stürzt.
Unsere Forderung an Verwaltung und Gemeinderat lautet:
Ziehen Sie den Aufstellungsbeschluss für die Bebauung des A2-Areals zurück! Und nehmen Sie die 19.835 nachgewiesen gültigen Unterschriften ernst und leiten selbst einen Bürgerentscheid zum 8. März ein!
So viele Menschen haben mit ihrer Unterschrift gezeigt, dass sie mitbestimmen wollen. Gemeinsam mit all diesen Menschen kämpfen wir weiter:
für demokratische Mitbestimmung,
für den Fortbestand der oberirdischen Gleise und
für frische Luft in unserem erhitzten Kessel.
Wessen Stadt? Unsere Stadt! Wessen Bahnhof? Unser Bahnhof!
OBEN BLEIBEN!






