SPD-Parteiaustritt wegen Stuttgart 21

GESENDET: Dienstag, 24. August 2010 08:56
BETREFF: WG: [Fwd: Parteiaustritt unseres Genossen XXX]

Hi,

anbei ein recht interessantes Schreiben an den Landesvorstand. Ich denke, XXX ist nicht der letzte.

Ich werde ihm mal ein paar Zeilen schreiben. Du vielleicht auch? Das tät ihm sicher gut. Ich kann gut nachvollziehen, was in ihm vorgeht.

Es wird Zeit, dass wir Aufstand in dieser Partei machen. Das ist unsere Partei! Die dürfen wir uns nicht wegnehmen lassen, von so Drexlers und Schmiedels!

Liebe Grüße

YYY
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GESENDET: Montag, 23. August 2010 21:58
BETREFF: [Fwd: Parteiaustritt unseres Genossen XXX]

Zur Info!
YYY

-------- Original-Nachricht --------

BETREFF:

Parteiaustritt unseres Genossen XXX

DATUM:

Mon, 23 Aug 2010 18:43:43 +0200

Hallo SPD-Landesvorstand,

mit untenstehendem Text hat unser Genosse XXX nach 41-jähriger Parteizugehörigkeit seinen Austritt aus der SPD erklärt.
Nicht nur, weil wir ein kleiner Ortsverein mit jetzt nur noch 22 Mitgliedern sind, tut uns dieser Parteiaustritt sehr weh.

Nach Rücksprache mit meinem Ortsvorstand und dem Genossen XXX streue ich dieses Mail sehr breit und habe vermutlich trotzdem leider sehr viele Genossinnen und Genossen vergessen.

Der Parteiaustritt von XXX ist derzeit zwar der einzige Austritt aus dem Ortsverein (evtl. wird seine Frau S folgen), die von Siegfried so treffend formulierte Meinung gibt aber keineswegs nur die Stimmung eines Einzelnen wider. Bei weitem nicht nur XXX ist
mehr als verärgert über den Umgang der SPD mit dem Thema Stuttgart 21!

Es kann nicht sein, dass alle kritischen Stimmen zum Thema Stuttgart 21 in der Partei ignoriert werden!

Nicht zuletzt, um weitere Austritte zu verhindern, fordern wir, dass die Entscheidungsgrundlagen für alle Beschlüsse, die in der Partei oder mit Beteiligung der SPD zu Stuttgart 21 gefasst worden sind, daraufhin geprüft werden, ob sie so noch Bestand haben.

Die Ergebnisse sollten in einer SPD-internen Veranstaltung unter Beteiligung des Genossen Drexler sowie der Mandatsträger auf Landes-, Regional- und Ortsvereinsebene umfassend und offen diskutiert werden.
Wenn irgend möglich, sollte darin - nicht nur mit Blick auf die Landtagswahl - eine gemeinsame Position erarbeitet werden, die man dann geschlossen in der Öffentlichkeit vertritt. Das derzeitige Erscheinungsbild der SPD zum Thema S21 nähert sich der geplanten Lage des neuen unterirdischen Bahnhofs.

Mit freundlichen Grüßen

NNN

Vorsitzende des SPD-Ortsvereins DDD/Neckar
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VON: XXX
GESENDET: Montag, 9. August 2010 00:13
BETREFF: Mein Parteiaustritt

XXX, den 7.8.2010

An den
DDD

Liebe NNN,

wie am letzten Dienstagabend telefonisch angekündigt, erkläre ich mit sofortiger Wirkung meinen AUSTRITT aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Gleichzeitig widerrufe ich die Einzugsermächtigung für die Mitgliedsbeiträge von mir und meiner Frau S. Etwa zuviel bezahlte Beiträge bitte ich anteilig zu erstatten.
S ist z. Zt. in Urlaub, ob sie ebenfalls ihren Austritt erklären wird, bleibt abzuwarten.

Du weißt, ich hätte das auch formlos mit der Rückgabe meines Parteibuchs erledigen können; ich möchte es aber zur Erinnerung behalten, es ist jetzt bald 41 Jahre alt und trägt noch die Unterschrift von Ernst Haar, auch ein alter Eisenbahner.

Einen letzten Gefallen möchte ich der SPD erweisen und kurz meine Beweggründe nennen:

Lange schon ärgert mich, wie die SPD - bereits zu Zeiten von Rot/Grün - dem neoliberalen Zeitgeist nachgegeben hat.
Beispiel: Senkung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer, Steuerbefreiung der Gewinne aus Veräußerungen von Unternehmensbeteiligungen, Finanzmarktförderplan 2006 (Freigabe des Handels mit riskanten/dubiosen Wertpapieren /"Hedge-Fonds").
Milliarden wurden so dem Gesindel, das die Finanzmarktkrise verursacht hat, hinten reingeschoben, gleichzeitig Hartz IV, Rente mit 67, schleichende Mehrbelastung der Arbeitnehmer / Entlastung der Arbeitgeber bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, und das alles angeblich dringend notwendig zur Sicherung des Wirtschafsstandorts Deutschland im Zeitalter der Globalisierung. Da wundert's einen auch nicht mehr, wenn naive Oberbürgermeister mit SPD-Parteibuch ihren Namen für dämliche Inserate der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" hergeben.

Gerecht und sozial geht anders, sozialdemokratisch ist das nicht!

Bis hierher habe ich das noch hingenommen: Unter allen wählbaren Parteien war mir die SPD immer noch das kleinere Übel.

Die jämmerlichen Rolle aber, die jetzt die SPD beim Projekt Stuttgart 21 spielt, macht für mich das Maß voll. Projektdetails müssen wir an dieser Stelle nicht diskutieren. Für und Wider sind inzwischen wohlbekannt, allerdings ist das ausschließlich den Aktivitäten der K 21 Leute zu verdanken.
Auffällig für mich nur, wie bei diesem angeblich bestkalkulierten, bestgeplanten Vorhaben die Kosten zunächst heruntergerechnet werden, und jetzt noch vor Baubeginn ein Teilprojekt um 40%, (fast eine Milliarde!) teurer wird.
Auffällig, wie die kritische Stellungnahme des Bundesrechnungshofes von 2008 als obsolet dargestellt wird. Auffällig, wie die Existenz eines äußerst kritischen Gutachtens der renommierten schweizerischen SMA + Partner GmbH zunächst geleugnet, dann als nicht geheim aber überholt bezeichnet wird, und wie man dann (nachdem der Inhalt, inklusive dem dringenden Rat zur Geheimhaltung bekannt geworden ist) flugs ein zweites Gleis zum Flughafen plant, um dem angeblich überholten Gutachten doch noch Rechnung zu tragen - ein Schelm wer Böses dabei denkt!

"Lügenpack" höre ich die Sprechchöre skandieren; dem werden vermutlich immer mehr Bürger zustimmen.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Jämmerlich ist für mich nicht so sehr, dass die Mandatsträger der SPD in alter Nibelungentreue die Argumente der Macher von S 21 nachbeten, dafür werden sie bei den nächsten Wahlen schon die Quittung bekommen (sei es positiv oder negativ, das ist ja das Schöne an der Demokratie), JÄMMERLICH IST DIE ARROGANZ, MIT DER SIE DIE MEINUNG EINES GROßTEILS, WENN NICHT DER MEHRHEIT DER BEVÖLKERUNG IGNORIEREN!

Bis zum Überdruss ist immer wieder zu hören, das Projekt sei demokratisch legitimiert.
Aber - es waren -erstens- weder dem Wähler noch den Mandatsträgern von Anfang an alle relevanten Fakten bekannt, im Gegenteil: viele wurden sogar geheim gehalten (SMA-Gutachten) oder geschönt (Kostenvoranschläge)!
- Zweitens: heißt demokratische Legitimation nicht, dass ein Abgeordneter zwischen den Wahlen ohne Rücksicht auf die Meinung seiner Wähler tun und lassen darf was ihm beliebt, nur in der Theorie mag er eine Blankovollmacht haben!
Es hätte der SPD gut angestanden, wenn sie von Anfang an MEHR BÜRGERBETEILIGUNG eingefordert und selbst praktiziert hätte. Dies müsste nicht einmal im engen gesetzlichen Rahmen des Bürgerbegehrens geschehen, mit etwas Phantasie könnten alle Parteien ad hoc legale Verfahren entwickeln, um zwischen den Wahlen den Wählerwillen zu erfragen und umzusetzen . Die SPD hat nicht einmal den Versuch gewagt.
Stattdessen unterstützt sie in Gestalt des prominenten Genossen Drexler den vorgezogenen Abbruch der Seitenflügel unseres Hauptbahnhofs, in der unverhohlenen Absicht, noch vor dem endgültigen Gerichtsurteil über das Urheberrecht vollendete Tatsachen zu schaffen.

S 21 ist alternativlos, unumkehrbar, BASTA! Die Herrschaften haben weder Respekt vor dem Volk noch vor einem Gericht!

Dieses jämmerliche Schauspiel war der letzte Tropfen, der bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht hat. SPD lebe wohl.

Zum Schluss erlaube ich mir noch etwas Sarkasmus. Zitate aus der "Charta zur Landtagswahl 2011":

"Unser Land und seine Menschen sind in vielem längst weiter, als unsere bisherige Regierung das erkennen will. Deshalb stehen wir für eine Politik, die erst mal zuhört, statt nur zu bestimmen. Für eine Politik, die Antworten gibt, statt Phrasen zu produzieren.
1. Unser Landtagswahlkampf ist ein Substanzwahlkampf.
4. Unser Wahlkampf ist Dialog.
7. Drei schwarze Löwen zieren das Wappen Baden-Württembergs. Einen leihen wir uns aus. Er steht für unseren Gestaltungsanspruch im Land.
9. Wir wollen nicht nur einen anderen Stil in der Politik im Land, wir setzen ihn auch in unserem Wahlkampf um. Die Menschen in Baden-Württemberg werden dies honorieren. Denn wir sind die Einzigen, die ihnen mit Substanz begegnen - also mit Respekt."

Angesichts der SPD-Politik zu S 21: Weiterer Kommentar überflüssig.
Hoffentlich produziert die "Wahlkampfschmiede am Wilhelmsplatz" nicht noch mehr Blech für den "Substanzwahlkampf".

Liebe N, dieser Brief ist zwar an Dich adressiert, aber weder Du noch die Genossinnen und Genossen des Ortsvereins sollen sich kritisiert fühlen. Dem Ortsverein möchte ich mit Sympathie verbunden bleiben, wenn auch aus etwas größerer Distanz. Ich würde mich freuen wenn ich hin und wieder als Gast bei einem Viertele an euren Veranstaltungen teilnehmen darf.

Ich bitte Dich nur, das Schreiben an die zuständigen Stellen zu Erledigung der Formalien weiterzuleiten.

Außerdem versuche ich, Dir den Inhalt als Email zuzustellen; es sei Dir überlassen, es an diejenigen weiterzuleiten, die's angeht.
Vielleicht schicke ich's an die Wahlkampfschmiede, wenn ich die Email-Adresse finde. Helfen wird es wohl nicht.
Und beim Genossen Z ist ohnehin alles vergebliche Liebesmüh, der scheint mir ein Überzeugungstäter zu sein. Nur sollte er aufpassen, dass er nicht abstürzt, so weit wie der sich aus dem Fenster lehnt , ich fürchte, jede neue Presse-Erwähnung des
"Projektsprechers Wolfgang Drexler (SPD)" schadet erneut seiner Partei und seiner Kandidatur in Esslingen. Sei's drum, mich soll's nicht mehr kümmern.

Liebe Grüße

XXX

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