Winfried Wolf: Schwere Niederlage der S21-Gegner …

... die besonders schwer wiegt, wenn diese sie nicht erkennen

In der Hoffnung, Diskussionen auszulösen, bringen wir einen sehr nachdenklichen Text von Winfried Wolf

Das Ergebnis der letzten Runde der Schlichtung zu Stuttgart 21 (S 21) stellt eine erhebliche Niederlage für die Bewegung gegen dieses die Stadt Stuttgart und den Bahnverkehr im Stuttgarter Raum zerstörende Großprojekt dar. Auf der anderen Seite sind die Bahn, die CDU und die Landesregierung in Stuttgart die Sieger. Grube und Mappus wussten, warum sie am Dienstag, dem 30. November 2010, dem Tag der Verkündigung des Schlichterspruchs in der Schlichterrunde Präsenz zeigen konnten. In Verkennung der Realitäten versucht das Aktionsbündnis K21 die Niederlage als einen Teilerfolg zu verkaufen. Die Erklärung des Aktionsbündnisses vom 30.11.2010 hat die ersten zwei Sätze: ″Wir haben es geschafft zu beweisen, dass K21 im ganzen Land als die bessere Alternative erkennbar wurde. Unser Konzept ist leistungsfähiger, ökologischer und finanzierbar.″ Warum hat man dann bloß dem Schlichterspruch, der eben nicht K21, sondern S21 als Grundlage hat, weitgehend zugestimmt?

Ausgangspunkt ist S21, ist die Stadtzerstörung

Der Schlichterspruch von Heiner Geißler lautet: S21 wird gebaut  - als ″S21 plus″. Das heißt, dass der Bonatzbau weiter zerstört wird, dass der Kopfbahnhof aufgegeben wird, dass zehn Jahre lang ein neuer Bahnhof sieben Meter unter der Erde und als Zuläufe bis zu 60 Kilometer mit Tunneln gebaut werden. Auf diese Grundaussage haben sich nach außen beide Seiten geeinigt. Indem die Vertreter des Aktionsbündnisses den Nachbesserungen zustimmten, stimmen sie dieser Grundaussage zu. Nimmt man einmal an, alle zur Debatte stehenden Nachbesserungen an S21 würden realisiert, dann wäre ″S21 plus″ doch nie und nimmer ein sinnvolles Projekt. Es wäre in zweierlei Hinsicht sogar noch problematischer: Die Bauzeit wird sich nochmals deutlich verlängern und die Kosten liegen nochmals erheblich höher; das Projekt wird noch unwirtschaftlicher und für andere Schienenverkehrsprojekte im Land ist noch weniger Geld da.

Es gibt für real existierende Unternehmen und in der Betriebswirtschaft den Grundsatz der sunk costs: Wenn erkennbar ist, dass sich ein Projekt nicht rechnet, dass man am Ende deutlich mehr neues Geld investieren muss als die Alternative kostet, dann müssen vorausgegangene Ausgaben als verloren, als „sunk costs“ verstanden werden. Da „sunk costs unabhängig davon bestehen, welche Entscheidung gewählt wird, dürfen sie bei einer rationalen Entscheidung zwischen Handlungsalternativen keine Berücksichtigung finden. Es handelt sich um entscheidungsirrelevante Kosten. Originellerweise rechnen so cool nur Kapitalisten. Die öffentliche Hand und der Schlichter hingegen führen immer wieder die bereits hohen Ausgaben für die bisherigen S21-Planungen und die hohen Kosten im Fall der Beendigung des Projekts als „Argument“ an – für ein weiter so.

Die grundsätzlichen Argumente gegen S21 bestanden für die Bewegung gegen das Großprojekt nie darin, dass im Untergrund zwei Gleise fehlen. Wir sagten: Die Menschen sind keine Kellerkinder. Der Bonatzbau ist ein zu erhaltendes und in Gänze wieder aufzubauendes Wahrzeichen der Landeshauptstadt. Der Kopfbahnhof hat bewiesene unausgenutzte Kapazitäten von zusätzlichen 30 Prozent. Vor allem argumentierten wir schlicht und die Massen ergreifend: Warum muss etwas, was seit fast einem Jahrhundert funktioniert, zerstört werden, und etwas, was voraussichtlich nicht funktioniert und sündhaft teuer ist, zehn Jahre lang gebaut werden?

Es gibt keinen Baustopp – Die Bahn wird in Bälde weiterbauen

Bahnvorstand Volker Kefer sagte noch am Abend nach dem Schlichterspruch: ″Wir werden natürlich nicht morgen wieder die Bagger rollen lassen, aber wir werden weiterbauen, sobald uns das sinnvoll erscheint.″ Auch in dieser entscheidenden Frage gibt es seitens des Schlichters Geißler und seitens der S21-Betreiber die klare Ansage: Nachbesserungen hin und her - es gibt keinen Baustopp. Auch in diesem Punkt stimmen die Vertreter des Aktionsbündnisses dem Schlichtungsergebnis faktisch zu. In der Erklärung des Aktionsbündnisses vom 30.11.2010 – verfasst nach dem Schlichterspruch – heißt es: ″Wir bedauern sehr, dass die Angst vor einer Bauunterbrechung die Befürworter von S21 dazu bewogen hat, die grundlegenden Erkenntnisse der Schlichtung zu ignorieren.″ Im Grunde meint der Satz: ″Wir bedauern sehr, dass die Angst vor einer Bauunterbrechung die Befürworter von S21 dazu bewogen hat, den Bau nicht zu unterbrechen.″ Wenn die Nachbesserungen irgendeinen Sinn machen sollten und wenn die Zustimmung der S21-Gegner zu den Nachbesserungen als eine besonders raffinierte Taktik sein soll, dann müsste das mit einem Baustopp verbunden sein.. Diese Taktik scheint Boris Palmer zu verfolgen, wenn dieser sinngemäß argumentiert: „S21 wird damit immer teurer und am Ende unbezahlbar; man benötigt neue Planfeststellungsverfahren usw.“. Nun gibt es aber erklärtermaßen keinen Baustopp. Damit aber werden ständig neue Fakten geschaffen, die die skizzierte Taktik – so fragwürdig sie an sich bereits ist – immer mehr ad absurdum führt.

Übrigens: Es war doch klar, dass Grube, Mappus & Co weiterbauen wollten. Mappus sagte immer, er werde alle möglichen Kompromisse mittragen „unterhalb der Schwelle eines Baustopps.“ Es ist der  Schlichter Geißler selbst, der explizit sagt, dass es keinen Baustopp geben werde und der damit unzweideutig Partei ergreift für diese entscheidende Position der Landesregierung und der Bahn.

Die Wirkung der absehbaren Aufnahme der Baumaßnahmen – möglicherweise erst im kommenden Jahr, möglicherweise zunächst nicht in spektakulärer Form (noch kein Abriss des Südflügels) dürfte   für die Bewegung demoralisierend sein. Zumal die Haltung des Bündnisses auch in dieser Frage ausgesprochen zweideutig ist.

Der Charakter der Nachbesserungen

Die geforderten Nachbesserungen sind vor dem Hintergrund der ersten zwei Bestandteile des Schlichterspruchs – Grundlage von allem weiteren ist S21; es gibt keinen Baustopp -  kosmetischer Art. Nehmen wir nur die Formulierung von Geißler ″S 21 muss behindertenfreundlicher werden″: Wie kann ein grundsätzlich behindertenfeindliches Projekt auf diese Weise mit einer Nachbesserung veredelt werden? Im Grunde zeigte Geißler an diesem Punkt (der im übrigen in der Kommentierung des Schlichterspruchs nirgendwo erwähnt wird), wie zynisch er und die Veranstaltung ist, für die er Verantwortung übernahm.Vergleichbares gilt für Geißlers Aussage: ″S21 plus muss ökologischer werden″. S21 ist Stadtzerstörung pur. Eine Bebauung des Gleisfeldes oder größerer Teil desselben muss das Stadtklima im Kessel verschlechtern – so steht es noch in der K21-Broschüre, in der, dokumentiert mit Infrarotaufnahmen, verdeutlicht wird, dass das Gleisfeld an heißen Sommertagen in der Nacht kühlend auf das Stadtklima wirkt und dass jede zusätzliche Bebauung in dieser Kessellage das Stadtklima weiter aufheizt. Überhaupt: Warum soll es neue Bebauungen geben – nunmehr im Schlichterspruch noch sozial garniert: ″... auch für untere Einkommensgruppen″ -, wenn die Stadt Jahr für Jahr Tausende Einwohner verliert (seit 1965 rund 80.000) – unter anderem weil das Stadtklima im Zentrum kritisch ist. Jede zusätzliche Bebauung – im übrigen: in der gegebenen gesellschaftlichen Situation sogar gerade ein Wohngebiet für sozial Schwache – ist mit zusätzlichem Autoverkehr im Zentrum verbunden. Die bisherigen Planungen sahen bereits mindestens 2000 zusätzliche Pkw-Stellplätze im Zentrum vor.

Und was sagt das Aktionsbündnis dazu? In der zitierten ersten Erklärung zum Schlichterspruch heißt es: ″Die Baugebiete müssen ökologisch und sozial mit Beteiligung der Bürgerschaft entwickelt werden. Die Frischluftschneise für die Stuttgarter Innenstadt wird nicht bebaut werden.″ Auch hier folgt man der fatalen Linie ″halb zog sie ihn, halb sank er hin″: Irgendwie will man mitbebauen. Die Tatsache, dass das gesamte Gleisfeld stadtklimastabilisierend wirkt, taucht nicht mehr auf. Man wagt nicht, die naheliegende Forderung zu formulieren: Was an Gleisen wegfällt – und bei K21 wurden ja auch 70 Hektar mit bisherigen Gleisanlagen zu frei verfügbaren Flächen – muss in erster Linie zu Stadtgrün, zu Vergrößerungen der Park- und Erholungsanlagen werden.

Im Übrigen gilt: Alle geforderten Nachbesserungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Eben weil die Punkte 1 und 2 – S21 ist die weitere Grundlage und es gibt keinen Baustopp - entscheidend sind. Bahnchef Grube äußerte sich in diesem Sinn. Man werde in den nächsten Tagen ″einen Streßtest machen″, um zu belegen, dass der Kellerbahnhof 30 Prozent mehr Leistung bringe. Im Klartext: Es wird eine weitere Computersimulation geben, die ″belegt″, dass die Forderungen aus dem Schlichterspruch irgendwie machbar sind. Und es wird dann keine Chance geben, öffentlichkeitswirksam darzulegen, dass diese Computersimulation praxisfremd und Schönrechnerei ist. Der Verweis darauf, dass das unabhängige Schweizerische Beratungsunternehmen SMA den Streßtest der Bahn prüfen soll, hat ebenfalls wenig Wert. SMA hatte in einer streng geheimen Prüfung zwar das Betriebskonzept für S21 als kaum praxistauglich verworfen. Doch als dies publik gemacht wurde, musste SMA eine Stellungnahme nachschieben, die im Sinne der Bahn interpretiert werden konnte. SMA ist, wie fast alle Unternehmen in diesem Bereich, von der DB AG und von anderen europäischen Bahnkonzernen, die sich fast alle auf Privatisierungskurs befinden, finanziell abhängig.

Im übrigen wird mit der Forderung, die Bahn müsse belegen, dass S21 um 30 Prozent leistungsfähiger als der bisherige Kopfbahnhof sei, die Realität auf den Kopf gestellt. Der bestehende Kopfbahnhof hat Leistungsreserven von deutlich mehr als 30 Prozent. Das muss nicht erst bewiesen werden. Heute gibt es im bestehenden Kopfbahnhof rund 650 Zugbewegungen am Tag . Im Sommerfahrplan 1969 waren es 809 Zugbewegungen am Tag; hinzu kamen mehr als 100 Bewegungen für die Ausfahrten abgekoppelter Loks und für das Bereitstellen von Speise-, Kurs- und Schlafwagen. Damit hat der Kopfbahnhof längst unter Beweis gestellt, dass er mehr als 30 Prozent unausgenutzte Kapazitäten hat. (Der Rückgang der Zugbewegungen, den es seit Mitte der 1970er Jahre gab, ist im wesentlichen auf die Inbetriebnahme des unterirdischen S-Bahntunnels unter dem Bahnhof hindurch zurückzuführen. Damit entfielen im Kopfbahnhof mehr als 150 sogenannte Vorortzüge).

Kein Volksentscheid

Es soll keinen Volksentscheid – oder keine Befragung der Bürgerinnen und Bürger – geben. So der Schlichterspruch. Dazu heißt es in der ersten Erklärung des Aktionsbündnisses: ″Wir lehnen es ab, dass die Landesregierung keinen Weg akzeptiert hat, die Bürger in eine neue Entscheidungsfindung einzubeziehen. Wir setzen uns weiter für eine entscheidungsrelevante Bürgerbefragung ein.″ Die gewundene Formulierung ist Ausdruck des Unwohlseins oder besser: des Gefangenseins in einer ″Faulen-Kompromiss-Grundhaltung″. Es geht doch nicht um ″die Landesregierung″. Es geht darum, dass der Schlichter Geißler einen Volksentscheid ablehnt und dass im Schlichterspruch, für den man mitverantwortlich ist, keinerlei direkte Demokratie vorgesehen ist. Wenn Geißler sagt, es gebe für einen Volksentscheid ″keine Chance der Realisierung″ und ″die Landesverfassung gibt das nicht her″, dann ist das schlicht die Unwahrheit. Oder auch tricky business. Die Stadt Stuttgart kann die Bürgerinnen und Bürger zu S21 befragen – und vorab erklären, dass sie sich an das Ergebnis der Befragung halten und einen entsprechenden Beschluss im Gemeinderat analog zu der Befragung der Stuttgarter Bevölkerung fassen wird. Vergleichbares könnte – so das dann noch ansteht – zum Thema Neubaustrecke landesweit und dann im Landtag gemacht werden. Es ist sogar wahrscheinlich oder zumindest im Bereich des Möglichen, dass es ab dem 27. März 2011, 18.05 h, eine neue Mehrheit im Stuttgarter Landtag gibt, bestehend aus zwei Parteien, die eine solche de facto direkte Entscheidung der Bevölkerung fordern.

Geißler schiebt die Schuld am Fehlen direkter Demokratie auf ″die Verfassung″. Das Aktionsbündnis sieht die Verantwortung bei ″der Landesregierung″. Es ist aber der Schlichterspruch und der Schlichter selbst, die die realen Möglichkeiten für eine solche Entscheidung der Betroffenen negieren und die Möglichkeit direkter Demokratie blockieren.

Die Schlichtung als solche. Oder: Das Aktionsbündnis in der schlichten Falle

Ich bin nicht der Meinung, dass das Ja der S-21-Gegner zur Schlichtung falsch war. Wenn das Aktionsbündnis (oder dessen Mehrheit) Anfang Oktober ″Nein″ zur Schlichtung gesagt hätte, dann wäre das in der breiteren Bevölkerung kaum vermittelbar gewesen. Die Schlichtung als solche ist auch über weite Strecken als Errungenschaft und als positiv zu werten. Mit ihr konnten nicht nur Hunderttausende Menschen in Baden-Württemberg in die Debatte zu S21 einbezogen und diesen die Argumente des S21-Widerstands – überwiegend überzeugend – dargelegt werden. Vor allem konnten im Verlauf der Schlichtung viele neue Argumente gegen S21 vorgebracht oder bereits kursierende Argumente untersetzt und erhärtet werden. (Beispiele: Die tatsächliche Kapazität des Kopfbahnhofs Ende der 1960er Jahren – danke, Herr Hopfenzitz!; das Gefälle im S21-Tiefbahnhof – danke Her Happe!; die Behindertenfeindlichkeit von S21 – ein Dank an den Vertreter der Behinderten!; das Nichtfunktionieren des S21-Betriebsprogramms – danke, Boris Palmer und Klaus Arnoldi!).

Eine immanente Kritik am Schlichtungsprozess aus meiner Sicht betrifft zwei Aspekte.

Erstens ließ man sich oft zu sehr auf die Ebene ein, die die  S21-Befürworter bevorzugt: Man will irgendwie doch freiwerdende Flächen bebauen – mit einer ″green city″; man will doch irgendwie auch schneller und über eine Neubaustrecke über die Alb; man will doch irgendwie den Flughafen auch noch stärker an die Schiene anbinden. Am Ende einer der letzten Schlichtungsrunden fragte Heiner Geißler mehrmals alle in der Schlichtungsrunde: „Im Saal ist aber jetzt niemand, der die alte Strecke über Geislingen verteidigt.“ Und es herrschte Schweigen. Warum sagte man da nicht. „Doch. Wir sind für die Beibehaltung der bestehenden Strecke über Geislingen mit 21 Promille Steigung. Ja, wir sind gegen eine Neubaustrecke entlang der Autobahn, die in der aktuellen Planung 31 Promille Steigung hat und die in jedem Fall steiler als die Geislinger-Strecke ausfallen muss. Eine solche Neubaustrecke schließt herkömmlichen Güterverkehr ganz und viele klassischen Züge aus. Wissen Sie, Herr Geißler, ein großer Teil des Streckennetzes besteht aus Strecken, die 100 und mehr Jahre alt sind. Diese tun ihre guten Dienste. Und die bestehende Geißlinger-Steig.-Strecke musste bereits einmal 25 bis 30 Prozent mehr Leistung erbringen. Sie hat also Leistungsreserven. Im übrigen, Herr Geißler, kommt konservativ von conservare = erhalten. Es macht oft Sinn, etwas Bewährtes zu erhalten. So auch im Fall dieser bestehenden Schienenverbindung, die optimiert werden kann, die aber keiner Neubaustrecke bedarf.“

Zweitens fehlte oft der politische Kontext, in dem S21 und die NBS zu sehen ist. S21 ist Teil des Projektes Bahnprivatisierung (und wurde daher vier Monate nach der Bahnreform vom Dezember 1993 erstmals präsentiert); die Bahnprivatisierung wiederum hat in ihrem Zentrum die Vermarktung Tausender Hektar von Bahnflächen zur privaten Gewinnerzielung einzelner. Ganz aktuell: Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsprogramm festgelegt, dass sie an der Bahnprivatisierung festhält. Es gibt auch einen bis heute gültigen Bundestagsbeschluss vom Mai 2008, wonach so bald als möglich 24,9 Prozent der DB ML (= Nahverkehr, Fernverkehr, Güterverkehr der Bahn und die gesamte weltweite Logistik) an private Investoren zu verkaufen sind. Das gesamte Projekt S21 wird sich völlig anders darstellen, wenn diese im Detail bereits vorbereitete Bahnprivatisierung vollzogen wird, weil dann die privaten Investoren als Anteilseigner an der DB ML vom Eigentümer des S21-Bahnhofs und der Tunnelanlagen und der NBS Wendlingen – Ulm immense Nachforderungen werden stellen können (unter Verweise auf zu hohe Kosten und zu niedriger Rendite bei der Nutzung von S21 und NBS).

Es gab einen entscheidenden Punkt, an dem die Schlichtung sich als Manöver, als parteiliche Veranstaltung erwies und an dem der Schlichter erkennbar nicht mehr als ehrlicher Makler agierte: Das war der Zeitpunkt am vergangenen Freitag, dem 26. November 2010, als Geißler über die ″Frankfurter Allgemeine Zeitung″ kundtat, wie sein Schlichterspruch ausfallen werde. Geißler wählte bewusst diese Form eines Versuchsballons. Im Grunde sagte er dort, was er auch heute im Schlichterspruch formulierte. Als er sah, dass die S21-Gegner trotz seiner absehbar klaren Parteinahme für S21 als Grundprojekt nicht Konsequenzen ziehen und nicht aus der Schlichtungsrunde ausscheiden würden, feilte er in den folgenden Tagen daran, aus einer einsamen Entscheidung eines Schlichters, der seine Kompetenzen überschreitet, einen weitgehend von beiden Seiten getragenen Schlichterspruch zu formulieren.

Geißler taktierte dabei erfolgreich. Der Spiegel: ″Jetzt hat das umstrittene Bahnhofsprojekt von Mappus das Siegel des Edelvermittlers (...) Diese Schlichtungsrunde war ein ungemein gut getarntes trojanisches Pferd, das Mappus hinein in die Reihen seiner Kontrahenten geschoben hat (...) Schlichtung kommt auch von schlicht: Und schlicht und ergreifend ist es nun so, dass die Boris Palmer und andere nun nicht mehr Sturm laufen können gegen ein modifiziertes Stuttgart 21, das durch Geißlers Schlichtung veredelt wurde.″ (Spiegel online; 30.11.2010; 19.31h). Am Tag zuvor konnte man bereits der ″Financial Times Deutschland″ entnehmen: ″Heimliche Sieger in Geißlers Schlichtungsshow: Heiner Geißler hat die CDU gerettet.″ (FTD vom 29.11.2010). Am 1.Dezember 2010 macht die ″Süddeutsche Zeitung″ auf mit: ″Geißler: Stuttgart 21 ist grundsätzlich richtig.″ Nach dem Schlichterspruch bilanzierte die „Financial Times Deutschland“: „Geißlers Schklichterspruch produziert Gewinner – die Bahn und die schwarz-gelbe Landesregierung – und Verlierer – die Verfechter eines sanierten Kopfbahnhofs.“ (FTD vom 1.12.2010).

Es gab mehrere Punkte in der Schlichtung, an denen es denkbar gewesen wäre, dass die Vertreter des Aktionsbündnisses die Schlichtung verlassen hätten – oder ultimativ präzise Forderungen hätten aufstellen müssen, wenn der Schlichtungsprozess fortgesetzt werden sollte: Viele für den Bau von S21 entscheidende Dokumente blieben geheim – da galt dann nicht ″alle Fakten auf den Tisch″. Man ließ die Lüge durchgehen, im geheimen, bahn-internen „BAST-Dokument“ von Ende 2002 habe es einen Vertipper gegeben; damals sei man noch nicht, wie geschrieben, von „4,2 Milliarden Euro″, sondern tatsächlich von ″4,2 Mrd. DM″ ausgegangen (alle anderen Angaben im „BAST“-Dokument sind in Euro angegeben). Die im ″Stern″ während der Schlichtung erstmals publizierte Enthüllung belegte, dass die DB AG acht Jahre lang die Öffentlichkeit über die wahren Kosten täuschte – und die tatsächlichen aktuellen Kosten (die die Bahn seit Sommer 2010 mit 4,2 Milliarden Euro angibt) also heute nicht auf dem Niveau von 2002 liegen können, sondern nochmals deutlich höher liegen müssen.

Und natürlich gab es die Situation mit dem zitierten Geißler´schen Versuchsballon vom vergangenen Freitag, wonach Grundlage seines Schlichterspruchs der Bau von S21 sein werde – spätestens dies hätte Anlass sein müssen, zumindest ab diesem Zeitpunkt klarzumachen, dass es keinerlei Konsens geben werde und man zurückkehrt auf den Stand von Anfang Oktober 2010 – und zur breiten Mobilisierung  gegen S21.

Geißlers Hinwendung zu S21 als dem zukünftig in Stuttgart zu realisierenden Projekt muss als zynisch, machtpolitisch und sachlich nicht begründet bezeichnet werden. Es gab im Verlauf der gesamten Schlichtung bei jeder Art objektiver Wertung keinerlei sachlichen Grund dafür festzustellen, dass der Bau eines Kellerbahnhofs mit der weitgehenden Zerstörung des bestehenden Kopfbahnhofs das überzeugendere Projekt sein würde. Im Gegenteil – während der Schlichtung wurden immer neue Argumente gegen S21 öffentlich gemacht. Es ist an dieser Stelle nicht entscheidend darüber zu mutmaßen, welche Gründe es für die Geißler´sche Entscheidung gibt. Sicher ist, dass er hier wieder zum unsachlichen Parteipolitiker wurde, der er jahrzehntelang war  (und wo viele, darunter auch ich, wochenlang – in den ersten Wochen der Schlichtung – davon ausgegangen waren, dass er diese Periode hinter sich gelassen habe).

Was sagt das Aktionsbündnis zum Thema ″Schlichter in der Endphase″? In der zitierten Erklärung heißt es in deutlicher Verkennung der Situation: ″Wir betrachten die Ergebnisse der Schlichtung als Fortschritt und danken Heiner Geißler für seine intensiven Bemühungen.″

Folgen und ″Wie weiter?″

Das Ende der Schlichtung ist eine schwere Niederlage für die Bewegung gegen S21. Das Wichtigste zunächst besteht darin, das zu erkennen und es anzuerkennen. Jedes Schönreden verschlechtert die Situation. Jede weitere Orientierung auf die ″Taktik″, ″möglichst viele und teure Nachbesserungen bringen S21 vielleicht doch noch zu Fall″ führt tiefer in die Niederlage.

Wir müssen auch in Rechnung stellen, dass die Niederlage negative Folgen für die weitere Kampagne gegen S21 haben wird. Vor allem gibt es nun eine realistische Gefahr der Spaltung – derjenige Teil der Bewegung, der die Schlichtung bereits Anfang Oktober ablehnte, wird sich bestätigt fühlen. Die Rechtfertigung derjenigen, die als Vertreter des Aktionsbündnisses die Schlichtung bis zum Ende mittrugen, man habe auch in der Endphase richtig gehandelt, wird die Gefahr der Spaltung erhöhen. Schließlich gibt es das Bestreben von Teilen des Aktionsbündnisses, ab dem 28. März 2011 auf ein Mitregieren im Land zu orientieren. Das geht nur entweder mit der SPD oder mit der CDU. Beide genannten Parteien wollen grundsätzlich und mehrheitlich S21 realisieren.

Im Grunde wäre so etwas wie ein ″Großer Ratschlag″, auf dem die Bewegung in der gesamten Breite zwei Tage lang Bilanz ziehen und sich gemeinsam auf das weitere Vorgehen verständigen würde, angesagt.

Und natürlich gilt: Es kommt in dieser Situation darauf an, den Protest auf der Straße wieder zu verstärken. Unter anderem durch eine breite Beteiligung an der bundesweiten Demonstration in Stuttgart am 11.Dezember. Es waren in erster Linie die 15 Jahre währenden außerparlamentarischen Aktivitäten und die nun ein Jahr andauernden breiten Mobilisierungen auf den Straßen und im Schlossgarten, die den Erfolg – auch den Erfolg der öffentlichen Schlichtung – ermöglichten. Diese Orientierung muss nun wieder verstärkt aufgegriffen werden.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

78 Antworten zu Winfried Wolf: Schwere Niederlage der S21-Gegner …

  1. Markus sagt:

    Ich muss als Befürworter zwei Dinge hierzu loswerden:
    1. Es freut mich, dass es einsichtige Personen gibt die jetzt nicht mit Krawall und / oder anderen Mitteln versuchen S21(+) zu verhindern.
    2. Der Bonattzbau bleibt erhalten und kann weiterhin wie sie es nennen, eines der Wahrzeichen der Stadt bleiben. Ich bitte dies zu korriegieren!

    • Dieter sagt:

      @Markus:
      Ein verkrüppelter Bau kann kein Wahrzeichen für eine Stadt sein, höchstens ein Wahrzeichen für Geschichtslosigkeit und Geschmacklosigkeit. Er ist eine Schande für eine Stadt.

  2. Hans-Martin sagt:

    Klingt ja alles toll winfried,nur ist tagelanges Streiten über das weitere Vorgehen unter den in der Bewegung vorgegebenen Machtstrukturen (organisatorisch und informell) für die Katz.
    das dürftest du aus deiner reichhaltigen Erfahrung mit solchen Strukturen am besten wissen.

    • AundP sagt:

      Tja das lässt das Ansehen der herrschenden Klasse mal wieder ein Stück tiefer ins Bodenlose fallen.Aber halt…Wer hatte gedacht es würde wirklich darum gehen, S21 zu stoppen…?
      Der Protest muss ab Jetzt NOCH MEHR werden!

  3. Fischkopf sagt:

    Der Bonatz-Bau wird – um ganz korrekt zu sein – teilzerstört (ist er ja schon und weitere Zerstörungen sind geplant) und durch die Grundwasserabsenkung stark gefährdet oder restlos zerstört. Das Hamburger Rathaus steht ausschließlich (nicht nur teilweise wie der Bonatz-Bau) auf Eichenpfählen im feuchten Untergrund. Da lernt man im Heimatkundeunterricht, dass das nicht empfehlenswert ist, diese austrocknen zu lassen. Aber diese Zerstörung dauert etwas länger und ist nicht so spektakulär wie ein Baggereinsatz.
    Aber das ist bezüglich der Analyse oben eher nebensächlich.
    Großer Ratschlag ist eine gute Idee.
    Auch wenn man die Schlichtung unterschiedlich bewertet, sollte man sich bitte wieder an einen Tisch setzen und gemeinsame Aktionen planen. Wir sind immer noch überzeugt, dass K21 die bessere Alternative ist und wir werden diese gegen die Interessen derer, die sich im Weinberghäusle zu treffen pflegen, durchsetzen. Willfährige Politiker sind ersetzbar. Die stehen zwar im Vordergrund der Auseinandersetzung, aber die Hintermänner sind m. E. viel interessanter. Und dieser Filz und diese Arroganz der Macht ist es doch auch, gegen die sich unser Protest richtet.
    Ich würde es begrüßen, wenn sich unsere Aktionen auch in diese Richtung (auch gerne vor einem Betriebstor) bewegen würden.
    Die Schlichtung hat ordentlich viel Öffenlichkeit gebracht. Das ist positiv. Aber die Menschen, die jetzt ihren Standpunkt gefunden haben, werden nicht aufgeben wollen. Wer das alles einmal durchschaut hat, kann nicht mehr achselzuckend zur Tagesordnung übergehen. Und für alle anderen kämpfen wir mit, denn erst wenn der letzte Baum gefällt ist, werden sie merken, dass man mit S21 + oder – nicht mehr gut Bahnfahren kann.
    Falls sich dann noch jemand erinnert, wie es einstmals war.

    • Markus sagt:

      Der Bonatzbau wird überhaupt nicht abgerissen oder beschädigt.
      Was zurückgebaut wird sind die beiden Seitenflügel. Diese gehören jedoch nicht zum Bonatzbau, sondern wurden nachträglich angebracht!
      Und an Spekulation zwecks Eichenpfählen will ich mich nicht beteiligen!

      • Chris sagt:

        Natürlich gehören die beiden Seitenflügel zum Bonatzbau. Die Formulierung „nachträglich angebracht“ ist inhaltlich völliger Unsinn! Der Bahnhofsbau, der aus praktischen Gründen in 2 Stufen erfolgen musste, wurde – mit den Seitenflügeln – als Ganzes geplant und erhielt durch die Seitenflügel von den Proportionen her ein gewisses Gleichgewicht. Dies kann man z. B. vor dem Nordeingang stehend auch als Laie sehr gut nachvollziehen: Ohne den Nordflügel fehlt der Fassade mit dem großen Toreingang quasi das Gegengewicht, es wirkt unharmonisch. Auf der Südseite, mit dem dann an einer Ecke, würde das wahrscheinlich noch viel merkwürdiger aussehen.

      • vitruvius sagt:

        Die Seitenflügel waren von Anfang an Teil der Planung vom Büro Bonatz aus dem Jahre 1912. Wer etwas anderes behauptet, der solle dies doch bitte beweisen !

  4. Tobias Mey sagt:

    Eines sollte den Gegnern von S 21 vor der Schlichtung klar gewesen sein:
    da Minister Mappus sagte,es werde alles,außer einem Baustop geben,
    war Heiner Geißlers Spielraum stark eingeschränkt.
    Schon letzten Samstag Vormittag ließ Frau Gönner verkünden,die Schlichtungsleute müßten sich an dem Schlichtungsentscheid von Geißler halten.Dies war BEVOR Palmer den nachgebesserten Fahrplan der DB
    als sehr instabil entlarvte.Mit Gönners Aussage war klar,daß sich Geißler
    und Regierung zu einer Entscheidung schon vorher zusammengesetzt hatten.
    Das zeigt,unter welch enormen Druck auch Geißler stand,eine neutrale
    Stellungnahme konnte er sich nicht leisten.
    Doch behaupte ich trotzdem,daß die Offenlegung der Probleme mit
    S 21 jedem der sich informieren wollte,auch die Möglichkeit gab deren
    Vielzahl auch zu erkennen.
    Die K 21ler müssem nach dem Schlag in die Magengegend erstmal
    wieder Aufstehen und Luft holen,ok.Doch auch das muß eine demokratische Bewegung aushalten können.
    Luft holen und die klaren Beweise für K 21 durch friedliche Demos
    immer wieder aufzeigen,gerade die Wochen vor der Landtagswahl .
    Kommt es zum Regierungswechsel,gibt es jetzt viel größere Chancen,
    den Unsinn zu kippen,
    behauptet Tobias

  5. Claudi sagt:

    Jetzt ist es am Wichtigsten, weiterhin friedlich und kreativ an einem Strang zu ziehen und öffentlich zu zeigen, dass wir uns nicht von leeren Phrasen einschüchtern, anlügen, auseinanderdividieren, ruhig stellen, einlullen und von der Strasse treiben lassen. Und -ganz entscheidend- wir dürfen auf keinen Fall weniger sondern müssen wieder mehr werden!Darum kann ich hier nur an alle appellieren, seid nicht frustriert, (denn wenn wir ehrlich sind war doch von der Schlichtung auch gar nicht mehr und nichts anderes zu erwarten), kommt am Samstag (04.12) und natürlich auch am 11.12. und wie gewohnt montags zur Demo und motiviert Freunde und Bekannte auch zu kommen! Wir sind hier – wir sind laut 🙂

  6. Stefan sagt:

    Ich stimme zu dass es eine schwere Niederlage ist. Die Teilnehmer auf unserer Seite der Schlichtung gaben sich Mühe, machten aber doch oft einen erschöpften Eindruck, hatten zu wenig Biss, waren zu höflich und ließen sich schlussendlich einlullen. Diese wachsweichen Erklärungen, dieses folgsame Nachsprechen in den Reaktionen auf den Schlichterspruch sind für mich das eigentlich schockierende.

    Es ist nun viel schwieriger unser Anliegen den Unentschiedenen im Land zu vermitteln, weil es gibt jetzt ja einen Schlichterspruch auf dem man sich ausruhen kann, wenn man nicht vertieft damit befassen will.

    Eine allgemeine Aussprache halte ich bei den gegebenen Strukturen auch für unmöglich. Die aktiven Parkschützer müssen nun voran gehen und wir können nur hoffen dass sich ihre Entschlossenheit auf den Rest der Truppe überträgt.

    • Cornelia Marcus sagt:

      Genau so ist es : die Plädoyers (schwieriges Wort) der Gegnerseite
      waren schon eher kleinlich-sachlich und zurückhaltend in der
      Ausführung der Schäden und Kosten des Wahnsinnsprojektes,
      noch schlimmer auf dem kämpferischen Rückzug waren
      die abschließenden Kommentare – als wäre man nun auch halb
      überzeugt, dass dieser Schlichterspruch fair und ein echter
      Kompromiss möglich/wäre . Die Haltung der „Abgeurteilten“
      (so sah es aus ) während Geißlers Rede sprach Bände , das
      Zusehen und Zuhören machte unbeschreiblich wütend und
      als Gesamteindruck der sog. Schlichtung kam der Gedanke an
      ein hinter den Kulissen abgekartetes Spiel unweigerlich auf :
      Politshow Heiner Geißler und Co – das ist doch was für
      die moderne Publikumsverarschung durch unsere schöne
      poppig-glatte Medienwelt (mit Skandalbrocken und kleinen
      Nachdenkhäppchen für die Ernsthaften) !
      …wenn wir denn genug gewürgt und gekotzt haben , müssen
      erst recht weiter gemeinsam gegen diesen Wahnsinn angehen !
      Oben bleiben, aktiv und laut !K.M.

  7. Pingback: Geißlers Schlichtungsergebnis: S21 wird zu Stuttgart 21 Plus | Stuggi-West.de - Infos zu Stuttgart-West

  8. mia sagt:

    Das gute an diesen Überlegungen ist, dass späte Einsicht besser ist als gar keine. Relevant und die Sache betreffend ist das in dieser Situation aber auch erst mal nicht. Man könnte auch sagen: Wenig hilfreich.

    Na gut, lassen wir das.

    Was also tun?

    Eigentlich ist es ziemlich simpel: Zurück auf Anfang Oktober und mit den Füßen abstimmen. Friedlich. Beharrlich. Und möglichst in großer Zahl. Und endlich das Versäumte, längst Überfällige unmissverständlich und unüberhörbar fordern:„Rech muss wech“ (beispielsweise) nachholen. Diesmal aber nicht als temporäre Stimmung oder Meinung, sondern als gemeinsame politische Forderung.

    Selbstverständlich wird das schwerer sein und fallen, als kurz nach dem Schwarzen Donnerstag. Und selbstverständlich könnte man trefflich darüber lamentieren, warum nur man nicht schon damals… usw.
    Aber das ist für viele ja auch ein Lernprozess…

    Die Lehre aus der sogenannten Schlichtung könnte sein: „Wer mit dem Teufel essen will, braucht einen langen Löffel.“ Oder anders: Die Bürgerrechtsbewegung der DDR hat sich 89/90 auch nicht zunächst mit der Stasi an einen Runden Tisch gesetzt, um sie etwa mit guten Argumenten dazu zu bewegen, ihre Willkür einzuschränken; sie hat die Stasi zunächst erst einmal -friedlich und beharrlich- entmachtet.

    Vorschlag also:
    Durchatmen.
    Auf die Straße.
    Friedlich. Beharrlich. In möglichst großer Zahl (kann ja wieder werden).
    Systematisch Rücktritte fordern.
    Und diesmal konsequent sein.

    • Ingrid sagt:

      Genau so! Nichts hat sich geändert: S21 ist Murks. Wir wollen keinen Murks, sondern einen funktionierenden Kopfbahnhof – also gehen wir wieder auf die Straße.

      Zieht Euch warm an, Leute! Das wird ein Winter an der frischen Luft 🙂

  9. Aktivist sagt:

    „Im Grunde wäre so etwas wie ein ″Großer Ratschlag″, auf dem die Bewegung in der gesamten Breite zwei Tage lang Bilanz ziehen und sich gemeinsam auf das weitere Vorgehen verständigen würde, angesagt.“

    Ich denke ehrlichgesagt dass das nicht besonders viel bringen würde. Es gibt unterschiedliche Ansichten innerhalb der Bewegung, und ich denke der Versuch diese Ansichten auf einen Punkt bringen zu wollen würden die internen Auseinandersetzungen und die Spaltung eher noch vertiefen. Ich halte es für angebrachter einfach zu akzeptieren dass es unterschiedliche Ansichten gibt und sich auf das gemeinsame Ziel anstatt die unterschiedlichen Ansichten zu konzentrieren und so gut wie möglich gemeinsam zu handeln. Denn: Auch wenn es Unterschiede in Theorie, Herangehensweise und Methodik gibt, das Ziel ist das selbe: Stuttgart21 verhindern. Und nur wenn wir uns nicht intern totdebattieren sondern gemeinsam auf die Straße gehen sind wir stark, das hat die Vergangenheit des Protestes gezeigt.

  10. Pingback: S21: Wie zu erwarten war ... | Kommentare aus der AMAZONAS-Box

  11. Aktivist sagt:

    Hier eine sehr gute Einschätzung der Schlichtung der jungen welt:
    Geschickter Schachzug – wie bürgerliche Blätter die Schlichtung bilanzieren

    Und noch ein Artikel zur Schlichtung in der heutigen jungen welt:
    Ja zur Mappus-Show

    Und ein guter Beitrag von Frontal21
    Was kommt nach dem Schlichterspruch

  12. Also bitte, wie der „Rückbau“ des Südflügels aussehen wird, haben wir doch wohl am Nordflügel gesehen.

    Der Protest und die Blockaden gehen weiter, S21 ob Plus oder nicht wird verhindert!

  13. andreas sagt:

    Der Schlichterspruch ist eine Katastrophe für die Gegner des Tiefbahnhofs.

    Die Akzeptanz des Schlichterspruchs durch die Vertreter der S21 GegnerInnen ist nicht nur ein Eigentor, sondern eine Kapitulation. Der Leitspruch der Bewegung „OBEN BLEIBEN“ wurde von den SchlichtungsteilnehmerInnen aufgegeben.
    Für den unbedarften Bürger wird es nur schwer nachvollziehbar sein, warum nach dieser Zustimmung immer noch Leute auf die Straße gehen und gegen S21 demonstrieren. Des weiteren besteht die Gefahr, dass eines der wichtigsten Argumente, die hohen Kosten von S21, nun als Bummergang zurückschlägt. Die Mehrkosten, egal aus welchen Bereichen, werden jetzt vermutlich von den Projektbefürwortern mit den Auflagen aus der Schlichtung begründet. Mit ein bisschen Geschick verpackt, kann dann leicht der Eindruck entstehen, dass allein die Projektgegner für den drastischen Kostenanstieg verantwortlich sind.

  14. Martin M. sagt:

    Ich kann Winfried Wolf nur zustimmen.

    Das an der sog. „Schlichtung“ beteiligte Aktionsbündnis hat sich mit seinem Nicht-Aufbegehren gegen Lügen, Tricks und Geheimhaltung von Dokumenten, und seiner weitgehenden Zustimmung zu dem skandalösen „Schlichterspruch“ in der Tat schwer selbst beschädigt. Warum die dortigen Akteure so eingeknickt sind wird wohl weitgehend im Dunkeln bleiben. Eins aber wird deutlich: Auf parteipolitische Lösungen zu hoffen (z.B. nach der nächsten Landtagswahl) ist glatte Selbsttäuschung. Mit diesem „Schlichtungs“-Eigentor wird ein Machtwechsel im Landtag wohl noch unwahrscheinlicher als er ohnehin schon war. Wenn schon in der sog. „Schlichtung“ keine klare Position bezogen wird, dann nach der Wahl erst recht nicht.

    Was also tun? Auf die Straße gehen, massenhaft, ausdauernd, friedlich aber mit dem gebotenen zivilen Ungehorsam. Und dieses Irrsinnsprojekt maß- und skrupelloser und krimineller Profiteure durch massiven Protest jenseits aller Parteipolitik endlich zu Fall bringen.
    Oben bleiben!

    • Heidrun Ritter sagt:

      Es ist einfach nicht wahr, dass unsere Schlichtungsteilnehmerinnen nicht gegen die Geheimhaltung und Nicht-Herausgabe von Unterlagen protestiert haben. Wer das behauptet, hat grosse Teile der Schlichtung nicht gesehen. Ist in den Stichwortprotokollen auf dieser Hompage nachzulesen. Bitte die Kirche im Dorf lassen. Kritik: Ja, aber berechtigte.

  15. Sabine Hofmann-Stadtländer sagt:

    Lieber Winfried,
    ich kann jeden Satz, jedes Wort – und zur Not auch noch jedes Komma – von Dir unterstreichen. Ich war von Anfang gegen die Schlichtung, weil ich die Befürchtung hatte, dass sie zur Rettung von Mappus werden könnte und trotzdem weitergebaut würde. Ich hatte auch an anderer Stelle gepostet – und wurde dafür teilweise“verhauen“ -, daß Mappus davon profitiert, daß Kretschmann Geißler als Schlichter vorschlug. Nun sind wir erst einmal beschämt, vielleicht auch beschädigt, und haben alle Hände voll zu tun, den Protest wieder aufflammen zu lassen. Wir werden dabei wahrscheinlich das Problem haben, dass etliche aufgeben werden bzw. dass uns „schlechte Verlierer“ nachgerufen wird. Vielleicht könnten bei entsprechender Proteststärke und darauf folgenden harten Polizeieinsätzen ebenso Stimmen für Mappus herauskommen. Das Risiko sollten wir dennoch eingehen. Ich halte den Kampf gegen Stuttgart 21 für wichtiger denn je.
    Dir, Winfried, noch einmal ein herzliches Dankeschön für die schonungslose Analyse.
    Liebe Grüße
    Sabine

  16. Christiane sagt:

    Die Analyse von Winfried Wolf, ebenso die von Wolfgang Lieb auf den NachDenkseiten, trifft die Sachlage genau. Zu fragen bleibt, weshalb sich die Vertreter des Aktionsbündnisses in der Endphase der Schlichtung und vor allem auch in bezug auf den Schlichterspruch so verhalten haben. Weshalb haben sie sich von Geisler und den Projektbetreibern am Ende derart vorführen lassen? Das müsste analysiert werden, dazu müssten sie sich äussern, damit wenigstens für die Zukunft etwas daraus gelernt werden kann. Nach dem Ergebnis der Schlichtung mit dem schon von vornherein feststehenden Schlichterspruch hat sich dieses Verfahren meiner Meinung nach als nützliches Mittel auch für zukünftige Projektbetreiber erwiesen, wie man dem Protest seine Kraft nehmen kann, was nicht heisst, dass ich nicht mit einer Fortsetzung des Protest gegen S 21 rechne.
    Ich möchte noch ein auf den NachDenkseiten von heute abgedrucktes Zitat des Soziologen Luhmann aus dem Jahr 1969 anhängen, das, trotz Fachsprache, klar zeigt, dass die Mechanismen solcher Schlichtungsverfahren seit über vierzig Jahren bekannt sind und von der Politik bis heute erfolgreich eingesetzt werden, auch wenn Geisler von etwas Neuem spricht:
    „Funktion des Verfahrens ist mithin die Spezifizierung der Unzufriedenheit und die Zersplitterung und Absorption von Protesten.
    Motor des Verfahrens aber ist die Ungewissheit über den Ausgang. Diese Ungewissheit ist die treibende Kraft des Verfahrens, der eigentlich legitimierende Faktor. Sie muss daher während des Verfahrens mit aller Sorgfalt und mit Mitteln des Zeremoniells gepflegt und erhalten werden – zum Beispiel durch betonte Darstellung der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, durch Verheimlichung schon gefasster Entscheidungen … . Die Spannung muss bis zur Urteilsverkündung wachgehalten werden. Die Ungewissheit wird nämlich als Motiv in Anspruch genommen, um den Entscheidungsempfänger zu unbezahlter zeremonieller Arbeit zu veranlassen. Nach deren Ableistung findet er sich wieder als jemand, der die Normen in ihrer Geltung und die Entscheidenden im Amt bestätigt und sich selbst die Möglichkeit genommen hat, seine Interessen als konsensfähig zu generalisieren und größere soziale oder politische Allianzen für seine Ziele zu bilden. Er hat sich selbst isoliert. Eine Rebellion gegen die Entscheidung hat dann kaum noch Sinn und jedenfalls keine Chancen mehr. Selbst die Möglichkeit, wegen eines moralischen Unrechts öffentlich zu leiden ist verbaut.“
    (Niklas Luhmann: Legitimation durch Verfahren, Suhrkamp, Frankfürt a. M. 1969)
    Wenn man also an einer Schlichtung aus guten Gründen teilnimmt, dann müssten neben dem Darlegen von Fakten – was ja sehr gut gelungen ist – diese Mechanismen entlarvt werden, und genau das ist nicht geschehen. Weshalb?

    • Christian Leitz sagt:

      Zum Beitrag von „Christiane“ am 1. Dez.2010, 12:26 h. (und anderen):
      Zu fragen, warum man die Fehler gemacht hat, die jetzt offenbar werden, ist sicher hilfreich, zukünftige ähnliche womöglich besser zu vermeiden. Es ist schon erstaunlich, was man alles aus Erfahrung „lernen“ muss, weil einem entweder der zu entlavende Mechanismus nicht bekannt war, oder man trotz „abstrakt Gewusstem“, die Entlarvung im Tun nicht zu leisten vermochte. Als Kommetar zu den teilweise vorwurfsvollen Fragestellungen, lag mir zunächst der (mich auch selbst) rechtfertigende Gegenvorwurf der nachträglichen Besserwisserei auf der Zunge. Zwar kam mir beim Zuschauen und Miterleben und den Geissler toll finden, schon mal ein leiser Verdacht auf Stockholmsyndrom (hat wohl was mit der Übernahme der Positionen von Geiselnehmern zu tun, ich bin leider nicht so treffend beschlagen in Soziologie, das mit dem Luhmann ist beeindruckend!) aber der Lehrwert aller hier geäußerten und somit eben jetzt erst zu Tage tretenden klugen Einsichten kann ja nur hilfreich für das Überlegen sein, wie wir weiter vorgehen können. (Es gibt natürlich auch noch die nicht gehört worden Seienden, die es vorher oder schon immer besser wussten…).
      In diesem Sinne wünsche ich mir, dass alle bisher Handelnden und für unsere Sache Verantwortung übernommen habenden weiter bei der Stange bleiben und gestärkt durch die neuen Erkenntnisse und Erfahrungen kraftvoll die Formen (Gesichtspunkte, Worte) finden, die jetzt den Widerstand aufrechterhalten und beleben.
      Es zeugt zwar von menschlicher Größe, einen Fehler zugeben zu können, aber im politischen Öffentlichkeitsgeschäft gibt es eine (wohl empirisch oft genug bestätigte) Regel, dass das für eine „Sache“ (Partei) „tödlich“ ist. (Ist nicht von Luhmann, lernt man, so wurde mir berichtet, selbst bei den Grünen auf Schulungsveranstaltungen für Kandidaten). Deshalb bitte nicht in einen Ton des Vorwurfs von Fehlern verfallen.
      Etwas dazulernen „darf“ man, das ist der Weg, der Einsicht und Zukunfsfähigkeit miteinander verbindet.
      Oben bleiben!

  17. Pingback: trueten.de - Willkommen in unserem Blog!

  18. Thomas sagt:

    Mich hat der entgültige Schlichterspruch genauso massiv schockiert wie viele anderen von euch. Dieses Ergebnis ist zusammengefasst das Ende von K21, weil die Schlichtung von Anfang an auf Grund der seit Monaten feststehenden Planfeststellungsverfahren schlichtweg nur noch Schönheitskosmetik war.

    Es hätte uns allen auf Grund dieses Hindernisses klar sein MÜSSEN, dass wir von dieser Veranstaltung nichts anderes erwarten können und dort schlichtweg keine Chance haben. Trotzdem bin ich frustriert über die Art und Weise, in der letztendlich doch FÜR Stuttgart 21 entschieden wurde – OBWOHL die Gegner in den mit Abstand MEISTEN Schlichtungsgesprächen mit ihrem BESSEREN Kopfbahnhof punkten konnten.

    Schön, dass der Kopfbahnhof eine gelungene Alternative ist. Aber: er ist seit gestern eine gelungene Alternative, die absofort gedanklich nicht mehr weiterverfolgt wird. Das heißt im Klartext: Aus Sicht der Projektverantwortlichen WAR er VON ANFANG AN eine gelungene Alternative, deren Realisierung schlichtweg NIE in Erwägung gezogen wurde – weil Stuttgart 21 von Beginn an (angeblich) immer besser war.

    DESHALB GILT ES JETZT, FRIEDLICH UND ZAHLREICH AUF DIE STRASSE ZU GEHEN!!! DIESES SCHLECHTE ERGEBNIS GEGEN K21 DÜRFEN WIR NICHT AKZEPTIEREN!!! WIR MÜSSEN FÜR UNSER ZIEL, EINEN MODERNISIERTEN KOPFBAHNHOF, WEITERKÄMPFEN!!! UND DAS JETZT NOCH ZAHLREICHER ALS JE ZUVOR!!!

    WENN WIR KEINEN DAUERHAFTEN BAUSTOPP MEHR ERREICHEN KÖNNEN, SO MUSS WENIGSTENS EINE BÜRGERBEFRAGUNG ZU DEM PROJEKT NOCH VOR DEM WEITERBAU NACH DEM STRESSTEST ZWINGEND DURCHGEFÜHRT WERDEN!!! ANSONSTEN IST UND BLEIBT STUTTGART 21 KEIN DEMOKRATISCH ZUSTANDE GEKOMMENES PROJEKT!!! 🙁

    • Ex-Stuttgarter sagt:

      Mich hat der Schlichterspruch nicht schockiert. Und zwar deshalb, weil ich ihn nur als unverbindliche MEINUNG des H. Geißlers einordne.

      War es überhaupt vorgesehen, dass H.G. eine Meinung kundtut? Sollte er nicht nur moderieren? Einen „Faktencheck“ moderieren? Dafür sorgen, dass sich beide Seiten aufeinander zubewegen?

      Die Pro-Seite hat sich jedenfalls durch diese Meinungsäußerung verpflichtet gesehen, S21 zu modifizieren.

      Da die Pro-Seite aber auch von Anfang an verkündet hat, dass unter allen Umständen gebaut wird, ist die Contra-Seite ebenfalls an nichts gebunden.

      Das Ergebnis der Schlichtung für mich ist: Falls S21 gebaut wird, dann mit den zugesagten Modifikationen. Aber nichts hindert die Gegner daran, K21 durchzusetzen.

  19. Guido sagt:

    Liebe Leute,
    ich schließe mich dem traurigen Resümee von Winfried Wolf an. Durch ihre akzeptierenden Gesten und Worte haben die K21-Schlichter ein fatales Signal ausgesendet: „Wir sind zufrieden mit einem überarbeiteten S21.“ Auch wenn dies aus Kalkül geschah, dann war es dennoch falsch. Vielleicht handelt es sich ja um eine Variante des Stockholm-Syndroms. Die K21-Schlichter haben ihre Wahrnehmung dafür eingebüßt, dass den S21-Befürwortern zu keinem Zeitpunkt daran gelegen war, „Fakten zu klären“. Es ging einzig darum, politischen Druck rauszunehmen und den Anschein von Kommunikation zu erwecken, um anschließend umso bedenkenloser das auszuführen, was man sich ohnehin vorgenommen hatte.
    Ich raufe mir die Haare, weil ich nicht verstehe, was Boris, Brigitte und all die anderen geritten haben mag, so versöhnlich zu tun! !
    Eine Drohung mit Abbruch bei der ersten Zuwiderhandlungen gegen die Schlichtungsregeln wäre richtig gewesen. Nun stehen wir vor einem Scherbenhaufen.
    Wie bitte lautet jetzt unsere Position? Schlichtungsspruch akzeptiert, aber nur dann, wenn dadurch indirekt das Projekt gestoppt wird? Das geht nicht. Entweder man lehnt den Spruch ab, oder man akzeptiert ihn.
    Ich lehne diesen Schlichtungsspruch ab. Er ist falsch. Er berücksichtigt nicht die Faktenlage, so wie sie erhoben wurde.
    Heiner Geißler hat etwas getan, was nicht seines Amtes war. Er sollte die Fakten klären, nicht den politischen Konflikt lösen. Genau diese politische „Konfliktlösung“ hat er aber am Schluss betrieben und die Anzeichen, dass er dies tun würde, mehrten sich, je näher wir ans Ende der Schlichtung kamen.
    Jetzt ist es zu spät, Heiner Geißler abzulehnen. Er ist wieder über alle Berge – und wir stehen verdammt dumm da.

    • Richard sagt:

      Ich stimme Guido zu, eines muss aber ergänzt werden: Geißler wollte nicht erst am Schluss eine „politische Konfliktlösung“, sondern von Anfang an wollte er dies. Wenn man seine Äußerungen genau verfolgt hat, dann weiß man dies. Spätestens ab dem Moment war klar, dass die Veranstaltung nur der Entschärfung des Widerstandes dient, wo klar war, das für die S21-Befürworter ein Abrücken von ihrem Projekt auf keinen Fall in Frage kommt, d.h. dass die Gespräche von Anfang an nicht ergebnisoffen waren.

  20. Richard sagt:

    Der Kommentar von Winfried Wolf ist die beste sachliche Analyse, die ich bis jetzt gelesen habe. Auch das Luhmann-Zitat von Christiane trifft genau ins Schwarze.

    Und noch eines sollte gesagt werden: Dass die Bahn jetzt nachweisen soll, dass S21 tauglicher ist als der Kopfbahnhof, klingt zunächst ja ganz schön. Aber bedeutet das, dass sie nun solange nicht weiterbauen dürfen, bis der Nachweis erbracht ist? Denkste! Davon ist doch überhaupt keine Rede im Schlichterspruch. Die Bahn wird im Einvernehmen mit der Landesregierung wohl eher spätestens in den nächsten Tagen weiterbauen und nebenbei an ihrem Beweis basteln. Fällt der zu ihren Ungunsten aus, wird sie nur umso besser durchsetzen können, dass die teuren Zusatzmaßnahmen von Land etc. mitfinanziert werden, weil der Bau ja schon so weit fortgeschritten ist. Das ist ja schon von Anfang an ihre Strategie gewesen: Fakten schaffen, die die Unumkehrbarkeitsthese stützen. Auch hier sieht man: Der Schlichtungsspruch von Geißler lässt den S21-Projektträgern alle Schlupflöcher offen und hat nur bewirkt, dass die Gegner jetzt umsomehr als die angeblichen ewigen Verweigerer werden abgetan werden können, wenn sie nicht endlich Ruhe geben.

    Und außerdem kann man sich nicht dem Eindruck verschließen, dass bei der Bahn sowieso gilt: Je teurer, desto lieber.

  21. S.E. sagt:

    Ich fand die schlichtung eigentlich auch eher überflüssig, habe von dieser Meinung dann aber Abstand genommen. Es ist zwar wenig auf den Tisch gekommen (bzw. eher an die Öffentlichkeit gelangt) aber immerhin überhaupt etwas. Es ist natürlich KEIN Teilsieg für K21, klar, aber was sollten die gestern auch groß sagen nach dem ganzen anstrengenden Schlamassel. Jetzt lasst die doch mal ausrugen erstmal! Und die „bürgerlichen“ Zeitungen, die zugegeben sonst viel Müll verzapfen, sehen die Sache übrigens anders: Herr Geißler habe die Verbesserungen so hoch angesetzt, dass es so teuer werde, dass es nicht mehr finanzierbar wäre. Das wäre Geißlers eigentlicher Hintergedanke gewesen. Und man muss sagen: Positives über S21 hat er echt nicht gesagt: Er sagt im Grunde nur, man habe eben schon angefangen und so lange geplant, also müsse man halt weiter machen. Ein Erfolg für die Pros/ die CDU ist das nicht. Aber das kapieren DIE nicht!!!
    Na dann wollen wir doch mal sehen ob das klappt mit der weiteren Verteuerung. Ich bin Realist und glaube, dass die Bahn das schon alles in ihrem Sinne drehen wird. Aber deswegen gilt: Auf die Straße! Bäume beschützen! Protest voll Kanne hochfahren!!!!!!!!!!

  22. S.E. sagt:

    @Richard: Das stimmt leider: Je teurer desto besser für die Bahn. Und auch für alle anderen Profiteure des Projekts. Je teurer desto mehr Prozente davon in die eigene Tasche.
    Und wegen dem Fakten-Schaffen: Das müssen wir jetzt blockademäßig usw verhindern!

    • Ex-Stuttgarter sagt:

      Bei S21 gilt das nicht mehr. Die Bahn verzichtet auf die Vergütung der Planung (mit der sie sich sonst bereichert). War notwendig, um von den 5 Milliarden wieder runter zu kommen.

  23. Winfried Wolf sagt:

    Zu einigen comments zu meinem Beitrag (den es gedruckt in der morgigen Ausgabe der „jungen Welt“ geben wird):
    1. War die Teilnahme an der Schlichtung von vornherein falsch? Ich persönlich meine, dass das nicht falsch war. Und einige Kommentare zu meinem Beitrag unterstreichen ja auch, was Hunderttausende sahen: Die S21-Gegner haben die besseren Argumente. Das klarzumachen war wichtig. Dass alles so ausgehen musste, wie es gestern ausging, war nicht objektiv notwendig. Luhmann hin, Luhman her. Lassen wir mal beiseite, ob Geißler ein durchtriebener Bursche ist und alles so plante (dazu unten). Man hätte, wie ich skizziere, an 2-3 Punkten aussteigen können – man hätte spätestens am vergangenen Freitag (FAZ-Gespräch mit Geißler) deutlich machen müssen: not in our name! Hätte Geißler seinen „Spruch“ solo oder nur zusammen mit Mappus-Grube verkündet, wäre das bereits eine Teil-Delegitimation des Schruchs gewesen. Vor allem aber hätte man da in alle Kameras sagen müssen: Für uns ist weder S21 noch ein S21plus eine Grundlage. Eben: Obenbleiben.

    2. Geißler stand unter Druck (comment Matthias Mey): Ich glaube nicht, dass sich ein Mensch dieses Kalibers und in der Position unter Druck setzen lässt. Geissler wollte das so. Er erklärte am Freitag (FAZ) ja sogar, dass er „schwarz-grün“ für eine interessante Option in BaWü halten würde. Und er hat sein Ding pfiffig durchgezogen. Und er ist so, wie er agierte und „schlichtete“. Jemand der zu Grube, der zur Schlussitzung plötzlich kam, als Kritikpunkte an der Bahn sagt: „erstens es gibt an den Bahnhöfen zu wenige Pkw-Parkplätze und zweitens, der Kafee im ICE ist schlecht“, dessen Kritik an der Bahn verläuft auf dieser Ebene.

    3. „Dunkle Mächte“? Martin M. (11.44 h) schreibt: „Warum die Aktionsbündnis-Vertreter einknickten, wird im Dunkeln bleiben.“ Dieses Lied sollten wir, bitte, nicht singen. Es gab und gibt keine „dunklen“ Triebkräfte. Ich halte die Leute, die für das aktionsbündnis in der Schlichtung sassen (und mit denen ich selbst teilweise seit langem befreundet bin), für absolut integer. Doch sie verfielen, so mein Eindruck, dem falschen Glauben, man könne die andere Seite durch Fakten ev. überzeugen. Vor allem glaubten sie in den letzten vier Tagen, man könne durch das Fordern teurer Nachbesserungen eine besonders raffinierte Taktik fahren. Das war und ist eine schiefe Ebene.

    4. Großer Ratschlag? Es gab befürwortende comments dazu (Fischkopf; 9.01 h) und ablehnende (Hans-Martin, 8.57 h; Stefan, 10.16 h; Aktivist, 10.51 h). Ich finde, das muss man vor Ort prüfen und entscheiden. Ich lebe weit weg und bin nur ab und an – so vorgestern, am vergangenen Montag, im Gewerkschaftshaus zu „S21 und Börsenbahn“ – Gast in Stuttgart. Natürlich müßte, wenn er machbar ist, ein solcher Ratschlag ein Form haben, die die grundlegende Solidarität wahrt. Vielleicht ist auch eine nicht-öffentliche Form, das Zusammenhocken der 2-3 Dutzend wichtigen Leute aus den verschiedenen Gruppierungen sinnvoll, moderiert durch jemand, der allgemein respektiert wird. Mag naiv sein. Ich sehe halt die Gefahr einer Spaltung, die ja latent seit geraumer Zeit da ist, die in der aktuellen Lage aber, wegen des Ausgangs der Schlichtung, sich die Existenz der Bewegung gefährdend vertiefen könnte. Wir sollten alles tun, diese Gefahr zu minimieren.

    • Richard sagt:

      Wenn die Schlichtung eines beweist, dann ist es dies: Nur gemeinsam sind wir stark.
      Indem man in die Schlichtungsgespräche hineingegangen ist, hatte man im Grunde die Bewegung gespalten. Und zwar weniger deshalb, weil manche für, manche gegen die Schlichtungsgespräche waren, sondern vor allem deshalb, weil sie von Anfang an nicht auf Augenhöhe verliefen, wie leierkastenartig immer wieder gesagt wurde und immer noch gesagt wird. Von Anfang an hatte Mappus gesagt, S21 werde auf jeden Fall weitergebaut.

      Und jetzt sage ich das, worauf ich hier hinaus will: Vor den Schlichtungsgesprächen standen Mappus, Rech und Gönner völlig mit dem Rücken an der Wand. Wenn die S21-Gegner eine Chance hatten, einen Baustopp zu erzwingen, so war es in diesem Moment. Sie haben diese Chance verspielt, indem sie in die Schlichtung ohne Baustopp und ohne, dass die S21-Befürworter eindeutig Ergebnisoffenheit zugesichert hätten, eingetreten sind.

      Man kann heute noch so viel behaupten, wie schön man dort die Argumente für K21 und gegen S21 habe präsentieren können. Das ist zwar richtig, man nehme nur die Analysen von Palmer. Man nehme nur, dass die Befürworter von S21 keine Chance hatten, die Funktionstüchtigkeit und Realisierbarkeit von K21 zu widerlegen. Und dennoch: Das Ergebnis ist, dass die Sympathiewerte für Mappus und die CDU sowie S21 enorm gestiegen sind. Es war für die CDU und die S21-Befürworter die billigste und effektivste PR-Veranstaltung, die man sich überhaupt vorstellen kann (sie wurde mit Steuergeldern finanziert – € 500.000,- soviel ich weiß).

      Und niemand, der die Ereignisse der letzten 15 Jahre verfolgt hat, konnte doch ernsthaft glauben, dass die S21-Befürworter bei den Gesprächen wirklich ergebnisoffen Für und Wider abzuwägen bereit sein würden. Die bekannten Tatsachen zeigen doch zur Genüge: Es geht nicht um die objektiv beste Lösung, es geht um die Durchsetzung der Interessen bestimmter Gruppen. Und die profitieren auch, wenn S21 nicht funktioniert – dann wird irgendwann halt der nächste Bahnhof evl. außerhalb von Stuttgart gebaut, i.e. weitere Bauaufträge usw.

      Ich hoffe, dass aus dem Gesagten ausreichend deutlich wird: Man kann nur dort auf Einsicht durch Gespräche hoffen, wo auch wirklich Einsichtsbereitschaft gegeben ist. Wenn man aber derart interessegeleiteten Gruppen gegenübersteht, muss man mächtig sein und seine Macht im positiven Sinne auch nutzen. Diskutiert und argumentiert muss natürlich werden, überall wo es möglich ist. Aber nur, wo es wirklich auf Augenhöhe geschieht. Die Gegner von S21 müssen deshalb ihren Widerstand wieder als breite Volksbewegung kompromisslos kundtun, an der niemand vorbeikommt. Dies ist eine legitime Form von Macht und das Einzige, was zum Erfolg führen kann (siehe das Ende der DDR). Man kann sich nicht auf „Gespräche“ einlassen, die gar keine wirklichen Gespräche sind, bei denen man von vornherein über den Tisch gezogen wurde. Hier gilt tatsächlich: Mit den Füßen müssen wir abstimmen.

      Wir sind das Volk!

  24. Bern Maier sagt:

    Sollen sie doch machen was sie wollen. Lasst euch einlullen, gebt klein bei. Nehmt das Geschenk an und erstickt im Dreck der Baustellen. Ich habe meinen Entschluss schon lange gefasst… Jan2011 ziehe ich weg aus Stuttgart. Für mich war es das. Happy sinking!

    • Ingrid sagt:

      Fahnenflucht hat aber noch nie ein Problem gelöst …

      Ich liebe diese Stadt und ich will hier weiterhin leben. Also muss ich um das, was ich liebe, kämpfen. Ganz einfach.

    • Heidrun Ritter sagt:

      Und glaubst Du, in anderen Städten Deutschlands gibt es keine Korruption und keine mafiösen Strukturen? Hier gibt es wenigstens viele Leute, die jetzt mehr durchblicken und Widerstand leisten.

  25. Hans-Martin sagt:

    Vom Aktionsbündnis hört man entweder nix oder Allerweltsaussagen.
    Bislang konnte man das noch irgendwie abhaken unter „breite Bürgerbewegung“–
    So,wie die Dinge jetzt nach dem Geissler-coup und der Erklärung von Grube im Radio heute Mittag (Wir haben immer gebaut,auch während der Schlichtung und wir werden das auch so fortsetzen…“)und den Hinweisen auf mögliche Baumfällaktion schon bald,liegen, kann man das nicht mehr entschuldigen.
    Wo ist der aufruf des Aktionsbündnisses für die von den aktiven Parkschützern initierte Demo am Sa,4.12.???
    Wo ist die Stellungnahme zur Untersuchungsausschusskomödie (30.9)???
    Wo ist eine Selbstkritik hinsichtlich dem Ergebnis der Schlichtungsshow???
    Da nutzt es garnichts wieder Meinungsbilder per Zettel herzustellen…
    wenn die,die eine Art Meinungsmonopol haben,eh nicht in die Gänge kommen.

  26. glotzbebbele sagt:

    „Warum muss etwas, was seit fast einem Jahrhundert funktioniert, zerstört werden, und etwas, was voraussichtlich nicht funktioniert und sündhaft teuer ist, zehn Jahre lang gebaut werden?“ Diese Frage hätte gestellt werden müssen und hätte einen Knackpunkt darstellen müssen, stellt W. Wolf eingangs fest.
    Richtig. Auch ich habe nur mit Bauchschmerzen der Entwicklung zugeschaut. Man sollte auch über den geschickten Schachzug sprechen, dass aus aus dem Wunsch nach Faktengesprächen – die wurden im Sommer auch noch anders genannt, einmal hat man es ja platzen lassen – quasi über Nacht eine Schlichtung und sich gleich eine „Friedenspflicht“ durch die Hintertür wie ein Wolf im Schafspelz hereinschlich. Am Tisch des Herrn zu sitzen ist immer noch ein Wert an sich, ein Erfolg! W. Wolf hat angesprochen, dass es mehrere Knackpunkte gab, an denen die Gegner die Gespräche hätten platzen lassen können und es den Menschen auf der Straße vermittelbar gewesen wäre. Noch so ein Punkt war für mich, als von der Betreiberseite nur zynisch auf den Vorhalt reagiert wurde, dass Menschen mit Handicap im Katastrophen- oder Unglücksfall hilf- und rettungslos sind. Es hat an der Stelle kein, aber auch gar kein Zeichen von Empörung in der Öffentlichkeit gegeben, nichts kam von den Medien, nichts von den Interessensverbänden!

    Vor und nach der „Schlichtung“ fühle ich mich ganz einfach als Protestant:
    Der altböse Feind, mit Ernst er’s jetzt meint;
    groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist,
    auf Erd ist nicht seinsgleichen.

    • Heidrun Ritter sagt:

      Meiner Ansicht nach hätte man die Schlichtung spätestens nach der 3. Sitzung platzen lassen müssen, nachdem die Betreiber immer noch keine geforderten Unterlagen geliefert geschweige denn diese ins Netz gestellt hatten.

  27. Treverer sagt:

    sorry leute,

    nehmt doch das „schlichtungsergebnis“ nicht so ernst:

    1. diese „schlichtung“ war nie dazu geeignet, S21 zu stoppen. wenn man sich trotzdem darauf einließ, dann eben, um auf zu klären. dies wurde auch oft geschaft, d.h. heute sind die menschen gegenüber S21 noch skeptischer

    2. S21 kann höchstens gestoppt werden mit neuen mehrheiten im landtag UND einem darauf folgenden volksentscheid.

    also: nicht zu traurig sein über ein ergebnis, daß von beginn an fest stand. einfach weiter kämpfen, weiter oben bleiben.

    grüße aus trier

    • Thomas sagt:

      @ Treverer
      Das Problem ist ja nicht, dass unsere Vertreter an den so genannten Schlichtungsgesprächen teilgenommen haben, sondern dass sie sich für den Schlichterspruch haben vereinnahmen lassen. Was hätte denn dagegen gesprochen, die Schlichtungsgespräche als Bühne zu benutzen, um K21 zu präsentieren und die Mängel von S21 einem interessierten Publikum vorzuführen ohne deshalb von unseren Forderungen auch nur einen Millimeter abzurücken. Man hätte die Schlichtung doch zum Schluss einfach platzen lassen können. Wir hätten dabei doch nichts zu verlieren gehabt. So hat man dem Gegner einen riesigen Gefallen getan, steht aber selbst mit leeren Händen da. Der Glaube, dass der Stresstest, dessen Inhalt und Ergebnis von der Bahn definiert und bewertet wird, den Bau von S21 verhindern oder wenigstens verzögern kann, ist doch wohl mehr als naiv.

    • Heidrun Ritter sagt:

      Laut neuestem Umfrageergebnis sind die Menschen in Baden-Württemberg nicht noch skeptischer, sondern eine Mehrheit für S21 (Plus). Es sei denn, die Umfrage ist wieder mal gefälscht.

  28. Uwe Mannke sagt:

    Warum hat das Aktionsbündnis dieser S21-Veredelung zugestimmt? Der Grund ist aus meiner Sicht ein ganz einfacher. Die entscheidenen Beweise gegen S21 konnten nicht ausreichend geführt werden, weil die entsprechenden Unterlagen nicht zur Verfügung standen. Dadurch standen Behauptung gegen Behauptung. Die Befürworterseite hat aber die größere Propaganda-Maschine und die Macht. Wer als Politiker nicht bei der Wahl weggepustet werden will, weil er sich noch mehr Chancen als die SPD verspricht, beginnt Kompromisse zu machen oder zu taktieren. In diesem Fall hätte nur eine bedingte Zustimmung gegeben werden dürfen.

    Der schlussendlich entscheidende Grund für das Verhalten des Aktionsbündnisses ist aber noch ein anderer: Die mangelnde Proteststärke oder auch -Effizienz von Menschen, die sich gegenüber ALLEN Politikern auch diesem Winfried Wolf gegenüber emanzipieren.

    Wir haben diese Schlichtung als Atempause bekommen. Jetzt müssen wir grosse Einigkeit und ausgeklügelte Koordination vor allem in Taten erzielen und dann unerbittlich gegen diesen Wahnsinn protestieren und dabei den Aktionskonsens einhalten.

    Wir werden unseren Politikern sagen, dass uns die Landtagswahl nur an zweiter Stelle interessiert. An erster Stelle steht das Scheiternlassen von S21, ob es nun an den erhöhten Kosten scheitert oder an unserem sogenannten Widerstand.

    • Richard sagt:

      @Uwe Mannke „Warum hat das Aktionsbündnis dieser S21-Veredelung zugestimmt? Der Grund ist aus meiner Sicht ein ganz einfacher. Die entscheidenen Beweise gegen S21 konnten nicht ausreichend geführt werden, weil die entsprechenden Unterlagen nicht zur Verfügung standen. Dadurch standen Behauptung gegen Behauptung. “

      Diesem Argument kann ich nicht folgen. Es ist im Gegenteil so, dass die Beweise gegen S21 und für K21, die vorgebracht wurden, völlig ausreichend waren. Aber anderseits ist es so, dass genau die Teile der Schlichtung, in denen über die Unterlagen, die nicht zur Verfügung standen, geredet wurde, die waren, in denen die Vertreter der S21-Gegner eine fast mitleiderweckend schwache Figur machten. Man moralisierte, versuchte zu widerlegen, ließ sich zugleich von Kefer und auch von Geißler vorführen, der ohne zu hinterfragen die Zahlen von Kefer übernahm und Zweifel der Gegenseite als reine Spekulationen abtat. Man hätte sich gar nicht darauf einlassen dürfen, und – wie schon gesagt wurde – es gab viele Momente, wo man spätestens hätte aus der Schlichtung aussteigen müssen.

  29. Zurueckbleibenbitte sagt:

    Ich halte die Analyse von Winfried Wolf für äußerst treffend. Die Schlichtung selbst war unvermeidlich und wurde auch gut genutzt, aber die Vereinnah-mung durch Geißlers Spruch war ein großer Fehler. Aber aus diesem Fehler sollte man in einem Forum wie in dem angeregten Ratschlag lernen. Dabei müsste auch geklärt werden, mit welcher Legitimation die Repräsentanten des Aktionsbündnisesses eigentlich Entscheidungen wie die für den Schlichtspruch fällen. Oder ob es dazu nicht eine Rückkoppelung an die Protestbewegung bedarf.

    • Uwe Mannke sagt:

      Bei dieser Gelegenheit muss man doch anerkennen, dass WIR Parkschützer aus der Schlichtung aus guten Gründen ausgestiegen sind. Das beinhaltet zwar das Risiko der Spaltung aber auch die Chance, den Widerstand glaubwürdig fortzusetzen, weil wir keinen Schlichterspruch akzeptieren mußten.

      • Hatsche sagt:

        Mir erschien diese sogenannte „Spaltung“ von Anfang an als recht kluger Schachzug, weil so zweierlei Vorteile eingefahren werden konnten:

        1. Die Möglichkeit K21 einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren

        2. Die Möglichkeit trotz laufender Schlichtung weiter zu protestieren und zu blockieren.

        Ich hoffe der Widerstand läuft nun wieder auf Hochtouren an!

        Geißlers Aussage S21 würde bloß gebaut weil man damit schon weiter wäre, und Kefer würde sonst klagen (das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, die glauben ernsthaft er würde die Hand beißen die ihn füttert?!) muss in den Ohren jedes halbwegs intelligenten Menschen wie das Armutszeugnis für die S21-Befürworter geklungen haben, das es nun mal ist.

        Dies war nur ein Zwischenstopp, es ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen!

  30. JP Schmidt sagt:

    Unterstellt, S 21 ist falsch und für die Benutzer mit echten Nachteilen verbunden, was bedeutet dann S 21+?
    S 21+ bedeutet noch längere Bauzeit und noch unglaublich viel mehr Geld für eine Verschlechterung. Die Bürger des Landes zahlen für einen Bahnhof, dessen Benutzung nach dem Verbuddeln von 5 bis 8 Milliarden schwieriger wird. Wie kann so ein Wahnsinn befürwortet werden?
    Wer Heiner Geißler kennt der weiß, das der alte Fuchs mit seinen Auflagen das Projekt noch durch die Hintertür zu Fall zu bringen hofft. Die alten Politstrategen um Albrecht Müller (www.nachdenkseiten.de) sehen das ähnlich. Was aber unterschätzt wird ist die Kaltschnäuzigkeit, mit der die Bahn über die gemachten Zusagen hinweggehen wird.
    Freitag fallen die ersten Bäume und Montag fragt niemand mehr, ob die krank gewesen sind und in ein paar Monaten erinnert sich keiner mehr an das Wort „Stressstest“. So sieht Politik 2010 aus.
    Skrupellos. Verübten Deutsche 2009 ein Kriegsverbrechen? Interessiert das noch irgend jemanden?
    Es gibt das Gerücht, das beim furchtbaren Wasserwerfer-Einsatz vorher agents provocateure unterwegs , damit man nachher einen Grund vorweisen kann. Genau das wird bald wieder zu erwarten sein. Hoffentlich kommt es anders.

  31. Günter Fritz sagt:

    Schwere Niederlage für die S-21 Gegner sagt Winfried Wolf.
    Das sehe ich überhaupt nicht so. Die Befürworter haben verloren, denn dass jahrelang fehlgeplant wurde und Schadensbegrenzung das Plus ausmacht, ist öffentlich gesagt und vor Millionen-Publikum deutlich geworden . Die Bahn muss sich nach 15 Jahren Planung einem Stress-Test unterwerfen, um die Leistungsfähgkeit des sogenannten Infrastruktur-Projekts nachzuweisen. Im übrigen ist der Schlichterspruch nicht bindend. Und es ist selbstverständlich, dass die Projektgegner am Verhandlungstisch sich bei Demonstrationen weiter für K-21 einsetzen.
    Interessant, dass Ministerin Gönner einen Tag nach dem Schlichterspruch die Auflagen von Geißler in wesentlichem Punkt ignoriert . Sie will am Flaschenhals mit 8 Gleisen festhalten.

    • Uwe Mannke sagt:

      Ob die Teilnahme am Schlichtungsgespräch falsch war, ob die Zustimmung zum Schlichterspruch falsch war, das wird das Volumen und die Effektivität unseres friedlichen Protestes und zivilen Ungehorsams in den kommenden Tagen und Jahren zeigen.
      Wenn wir in unseren Handlungen Einigkeit zeigen, wird alles was jetzt nach Fehlern aussieht, sich als richtig erweisen, weil wir grundsätzlich uneigennützige Ziele verfolgen; zumindest vertraue ich darauf.

  32. Pingback: Winfried Wolf: Schwere Niederlage der S21-Gegner … | Bei Abriss …

  33. Gottfried Ohnmacht-Neugebauer sagt:

    Nur noch einmal

    nur noch einmal machen wir einen großen Fehler,
    beim nächsten Mal machen wir gleich alles richtig

    nur noch einmal setzen wir auf Basta-Politik und Kosmetik,
    schon beim nächsten Mal üben wir uns in Harmonie und Demokratie

    wir schaffen nur noch einmal neue Wasserwerfer an,
    aber natürlich nur für BaumVerpflanzAktionen,
    der scheidende Polizeipräsident bürgt dafür

    nur noch einmal bauen wir einen Bahnhof in die schiefe Ebene,
    die Mineralquellen riskieren wir nur noch dieses eine Mal,
    schon bei der nächsten Gelegenheit werden wir die Wahrheit sagen

    den Bahnhof zu Babel bauen wir nur einmal,
    danach kehren wir sofort zur Verständigung mit den Bürgern zurück.
    Nur noch einmal verschwenden wir irrsinnig viel Geld

    Bei so viel Einsicht von unserer Seite,
    werden die Leute doch nicht etwa voller Undank
    erneut auf die Straße gehen ?

  34. Pingback: NachDenkSeiten – Die kritische Website » Hinweise des Tages

  35. Ursula Becker sagt:

    Herr Bern Maier, wohin ziehen Sie denn, zeigen Sie mir einen Ort, der
    nicht von skrupellosen Monstern regiert wird, hier in Würzburg werden
    demnächst 150 Bäume gefällt, eine Straßenbahn durch ein Biotop ge-
    führt, ein Hochhaus aus den 30-iger Jahren abgerissen und so weiter
    und so fort. Bleiben Sie in Stuttgart, da wehrt sich wenigstens die Be-
    völkerung, in Würzburg nimmt sie jeden Morgen eine Schlaftablette,
    Hauptsache der Jeep oder der Porsche steht in der Garage !

  36. PS 806 sagt:

    Zitat von Ludwig Heinrich Jakob – die Grenzen bürgerlichen Gehorsams

    „Jeder Untertan hat ein Recht, sich der Obrigkeit in allen Fällen mit Gewalt zu widersetzen, wo diese ihn zu etwas zwingen will, welches zu thun oder zu leiden er nicht verpflichtet ist. Er ist aber nicht verpflichtet, etwas zu thun oder zu leiden, wenn dieses gar nicht in dem Staatszwecke gegründet seyn kann…
    Auf den Fall, daß der höchste Souverän selbst die Rechte der Unterthanen widerrechtlich angreift, hebt er selbst das Verhältnis des Staates auf.“

    Zitat Ende

    Da also P r i v a t i s i e r u n g –
    die nichts anderes ist als: Bereicherung Weniger einhergehend mit der Benachteiligung Vieler
    – im Allgemeinen und die Privatisierung der Bahn im Besonderen, spekulantengefällige Großprojekte wie s-21 hervorbringt, dann ist logischerweise der Bastard (s-21) ebenso mehrheitsschädigend wie die Gebärende.
    Dass die Interessen von unbewaffnet demonstrierenden Massen mit bewaffneter Gewalt niedergeknüppelt werden, lässt das Ausmaß der korrupt-kapitalistischen Diktatur einen wachsenden Kreis von Betroffenen deutlich werden.
    Leute, in welcher „Demokratie“ leben wir, wenn eine Minderheit mit Einsatz von schwarz-uniformierten, gesichts-vermummten, mit Steuergeldern bezahlten Hooligans die Mehrheit einschüchtern und unterdrücken darf?
    Ich war am 30. September unbewaffnet, friedlich im Schlossgarten eines der Opfer dieser Gewalt.
    Solche Täter in Uniform, die nicht nur in Stuttgart oder Gorleben Menschen absichtlich körperliche Schäden zufügen, begehen ihre Taten im Schutze der Anonymität.

    Warum treten Polizisten den Bürgern mit Gesichtsverhüllung gegenüber?
    Ist dieser Umstand nicht der Beleg für den Vorsatz, unerkannt Straftaten auszuüben?
    Tolerieren wir nicht selbst unsere Unterdrückung, solange wir angesichts dieser gravierender Schieflage, den Kotau vor dem Dogma der Friedlichkeit von Demonstranten üben?

    Zur „Schlichtung“: Ein Heiner Geißler ist und kann nichts anderes sein als (unsachlicher) Parteipolitiker. Auch wenn er mit interessanten Querschüssen von sich reden macht (machen will?).
    Als Schlichter für k- oder s-21 einen cdu-Mann zu akzeptieren, ist für mich gleichbedeutend mit dem Wahlrecht der Kälber über ihren Schlächter. 😉
    Im Übrigen gibt es bei der Wahl zwischen gut = K-21 und schlecht = s-21 keine Möglichkeit zu schlichten. Hier gilt es abzuwägen und als Parteisoldat hat Geißler nun sogar

    s c h l e c h t – p l u s

    gewählt.

    Parschützerin 806 JuttaB

  37. hajomueller sagt:

    Danke für den Beitrag von Winfried Wolf.
    Ich selbst bin entsetzt darüber, wie unsere Leute am Ende des Faktenchecks – Schlichtung ist für mich ein Reizwort – Herrn Geissler gelobt haben. Da waren Leute darunter, die um die Auswirkungen dieses Lobes Bescheid wissen müssten. Wenn Geissler zu einem guten Mann hochstilisiert wird, braucht man sich nicht wundern, wenn ein sehr großer Teil der Bevölkerung den nächsten Schritt geht und sagt: Wenn Geissler gut ist, ist auch sein Urteil gut. Vermutlich geht es nicht nur mir so, dass man inzwischen genau das erlebt, auch Menschen, die gegen S21 waren, meinen nun, lasst es gut sein. Ihr habt viel erreicht. Nichts haben wir erreicht, auch beim nächsten Großprojekt dürfen die Leute öffentlichkeitswirksam an den Tisch, am Ende wird gemacht was die Paten wollen. Und die kommen aus Politik, Wirtschaft und den Medien.

  38. Joe sagt:

    Man muss das Kind nicht mit dem BAde ausschütten. Zweifellos hatten Tausende bestimmte Hoffnungen in die Schlichtung gesetzt, aber nicht ALLE, wie Winfried es schreibt. Die Parkschützer sind am Anfang ausgestiegen. Ihre Haltung bestätigt isich im Nachhinein und sie vertreten tausende, die auch dieser MEinung waren. Ist ja wohl klar, dass der Geißler seinem Parteifreund nicht ans Bein pinkelt, sondern einen geschickten Dienst erweist.
    Mehr Selbstkritik erwarte ich von den S21-Gegnern, die am Schlichtungstisch saßen, statt die Sache schönzureden.
    Wesentlich ist mir die Erkenntnis aus dem Schlichterspruch. Denn Geißler brachte kein einiziges Argument für S21 außer eines: ein Ausstieg wäre zu teuer, weil es die Bahn nicht will. Damit ist erneut Diktatur des Kapitals bei S21 aufgedeckt. Und diese Diktatur lässt sich nicht weg-schlichten. Jeder, der das versucht, beteiligt sich nur an der Beschönigung dieser Diktatur. Nun ist die Frage, was man gegen solch eine mächtige Diktatur macht? Sie radikaler in Frage stellen, und sie konkret wieder an einen Punkt bringen, wo sie abwägen muss, ob ihr ihr Ansehen wichtiger ist oder S21.
    Die Bewegung ist aber zweifellos an einem Scheidepunkt, wo massenhafte Diskussion und Auseinandersetzung vonnöten ist, welche Konsequenzen nun zu ziehen sind. Die bisherigen Protagonisten müssen ehrliche Rechenschaft ablegen vor der Bewegung! Wer Bürgerentscheid bei S21 fordert, muss es auch in der Bewegung fördern! Die am praktischen Widerstand andauern festhielten, haben eine verbesserte repräsentative Stellung in der Bewegung verdient.
    Wir müssen uns auf einen langen Kampf einstellen! Auch ein Kretschmann als Ministerpräsident wird vor der Diktatur des Kapitals einknicken in pfarrerlicher Manier. Also müssen wir auch endlich mal die Hoffnungsblase Landtagswahl platzen lassen.
    Den Widerstand am Baufortschritt wachsen lassen bis der Massenwiderstand das Bauen unhaltbar macht.

  39. kharamani sagt:

    @Gottfried Ohnmacht-Neugebauer
    Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen

  40. Isidor sagt:

    So langsam kann ich es echt nicht mehr hoeren, wie eine Niederlage in den Schlichterspruch hineingedichtet wird und dem Frust, den man sich dadurch selbst schafft, Luft macht, indem man auf den Schlichter schimpft.

    Tatsache ist, dass die Schlichtung weder Sieg oder Niederlage ist, sondern einen rein informativen Ausgang hat. Und das war vorher zu erwarten, da der Schlichter keinerlei politische Befugnis hat.

    Tatsache ist aber auch, dass man mit dem Schlichterspruch kaum mehr Schaden auf der Befuerworterseite anrichten konnte. Haette sich Heiner Geissler fuer einen Volksentscheid oder ein Moratorium fuer das Projekt ausgesprochen, haetten die Befuerworter ihm den Vogel gezeigt. Aber so koennen sie es sich nicht leisten, den Schlichterspruch zu ignorieren.

    Ich stimme aber darin zu, dass man sich nun zusammenfinden sollte, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Es gibt gerade viele Ansatzpunkte, aber auch viele Fehler, die man machen kann. Besonders die mediale Wirkung wird in naher Zukunft sehr wichtig sein.

    PS: Mein zweiter Versuch, diesen Kommentar hier einzustellen. Ich hoffe, Euer SQL-Server laeuft mittlerweile wieder stabil 😉

  41. Pingback: News und aktuelle Meldungen

  42. Richard sagt:

    Ob Heiner Geißler bewusst parteiisch war oder nicht, darüber wollte und will ich hier nicht urteilen. Aber man kann sich an einem Beispiel klar machen, wodurch er sich einerseits so beliebt machen konnte und anderseits dann doch einen Schlichterspruch formulierte, der zu denjenigen seiner Aussagen, die ihn maßgeblich beliebt machten, in diametralem Gegensatz steht. Dieses Beispiel – man könnte auch viele andere nehmen – ist die Szene, wo er Herrn Bitzer harsch zurechtwies aufzuhören, sich auf Rechtstitel und Ähnliches zu berufen, die Bürger würden das nicht mehr hinnehmen, es müsse mit sachbezogenen Fakten argumentiert werden. Mit einer solchen Aussage (und Aussagen, die in diese Richtung wiesen, machte er mehrmals) gewann er natürlich das Vertrauen vieler. Und die Befürworterseite hat, soweit ich mitbekam, spätestens ab diesem Moment wohlweislich ihre Rechtstitel praktisch nicht mehr erwähnt. Aber das zentrale Argument in Geißlers Schlichterspruch zugunsten eines Weiterbaus bestand darin, dass die Bahn Baurecht hat! (Neben dem zweiten Argument der Kosten für den Ausstieg, die Geißler aber gerade nicht transparent und nachvollziehbar errechnet hat.)

    Diese Vorgehensweise, in der Diskussion ein bestimmtes Argument, dass die Menschen nicht hören wollen (in diesem Falle Rechtstitel) auszuklammern und dadurch deren Vertrauen und Sympathien zu gewinnen, um sich dann im Ergebnis genau auf diese Argumente (die natürlich in der Diskussion nicht entkräftet wurden, weil sie ja ausgeklammert waren) zu verwenden, gehört zu den wirksamsten Mitteln der Beeinflussung. Die Frage, wie und ob ein Abbruch von S21 trotz des Baurechts der Bahn erfolgen könnte, war in der Schlichtung nicht behandelt worden!

    • Isidor sagt:

      Ich glaube nicht, dass man alles in einen Topf werfen sollte, um dann Manipulation hineinzuinterpretieren.

      Haette Geissler waehrend der Schlichtung nicht die Sachthemen vor eventuelle Rechtstitel gestellt, waeren bei weitem nicht so viele Fakten aufgedeckt worden. Waehrend dieser Phase war das also das beste, was er tun konnte.

      Am Ende wurde aber ein Statement von ihm erwartet. Und damit das nicht allzu leicht abgeschmettert werden kann, musste er etwas sagen, was juristisch moeglichst unstrittig ist. Ich kann darin noch keine verwerflichen Motive erkennen. Er wurde ja sogar noch kurz befragt, wie er zu einem Volksentscheid steht, und hat vor laufender Kamera geantwortet, dass er das fuer das beste hielte, das aber nicht fordern kann, weil er es rechtlich nicht fuer machbar hielt. Und einen Baustopp zu fordern, waere auf noch wackligeren Fuessen gestanden.

      Wenn man bedenkt, dass der Mann ueberhaupt keine Befugnis durch seine Schlichterrolle hatte und das maechtigste Instrument zu seiner Verfuegung die wachsamen Augen der Oeffentlichkeit waren, haette er meines Erachtens nicht mehr herausholen koennen. Er hat dafuer gesorgt, dass viele Themen in die Oeffentlichkeit geholt wurden. Und er hat am vorher geplanten Projekt doch noch einige Kritik ueben koennen, ohne etwas zu fordern, was von Befuerworterseite allzu leicht abzuschmettern gewesen waere.

      Es liegt jetzt an der Oeffentlichkeit, darauf aufzubauen.

  43. Richard sagt:

    Ja, dieser Mechanismus muss erkannt werden – aber es reicht nicht, ihn erst hinterher zu entlarven, man muss ihn im Voraus durchschauen. Soviel man auch über die guten Seiten der Schlichtung sagen mag: Der gewaltige Druck entstand nicht durch die guten Argumente, sondern nur durch die Beharrlichkeit und die Menge der Demonstrierenden. Und genau in dem Moment, wo Mappus mit dem Rücken an der Wand stand, hat man ihm die helfende Hand gereicht, sich selbst und die S21-Befürworter medienwirksam in Szene zu setzen und dem Widerstand den Wind aus den Segeln zu nehmen.

    Man kann nur hoffen, dass man daraus gelernt hat: Denn der Ratschlag Geißlers, immer wieder Schlichtungen durchzuführen, wenn sich die Lage anspannt, läuft sonst genau darauf hinaus, dass immer dann, wenn es für die Landesregierung eng wird, dem Widerstand durch Scheingespräche der Wind aus den Segeln genommen wird. Aus Geißlers politischer Denkweise heraus (der nirgends soweit ich sehen konnte, klar ausgesprochen hat, wer am 30.9. eskaliert hat, sondern immer so tat, als hätten beide Seiten eskaliert) mag er das richtig finden. Aber auf diesem Wege würden die Erfolge der Demonstrierenden immer aufs Neue von den eigenen Leuten für ein Linsengericht verkauft. Das ist das, was spätestens jetzt jedem klar sein müsste, der gegen S21 ist.

    • Isidor sagt:

      Ich bezweifle, dass wir durch den Einsatz von Dysphemismen wie „Beeinflussung“, „entlarven“ oder „Scheingespraeche“ der Sache dienen. In jedem Fall senken wir aber das Niveau der Debatte dadurch.

      Wenn man jetzt die Faktenschlichtung zu einem Schreckgespenst machen will, tut man nicht nur denjenigen Unrecht, die etliche Stunden dafuer geopfert haben, Details an die Oeffentlichkeit zu tragen. Man muss sich dann auch die Frage stellen, wie man sonst die Bahn dazu bewegt haette, die Probleme bei der Fahrplangestaltung oeffentlich zuzugeben. Oder dazu, sich dazu bekennen zu muessen, dass man wichtige Daten ueber die geologischen Risiken unter Vorschieben von Wettbewerbsbelangen immer noch geheim haelt. Bitte verstehe mich nicht falsch, ich setze mich durchaus kritisch mit der Schlichtung auseinander. Aber ich wuerde mich dann doch freuen, konstruktive Alternativvorschlaege dafuer zu hoeren, wie man so etwas erreichen haette koennen.

      Die Schlichtung hatte nicht den brutalen Polizeieinsatz vom 30.9. zum Thema. Daher war es nur serioes von Geissler, hier keine wertende Stellung zu beziehen, sondern neutral zu bleiben. Er haette sich sonst fuer eine Seite unglaubwuerdig gemacht. Jetzt gibt es den Untersuchungsausschuss, also ist das Thema auch abgedeckt.

      Was das Ergebnis der Schlichtung betrifft, so kann man doch deutlich sehen, dass dieses auch den S21-Betreibern unangenehm ist, sonst muesste man sich jetzt nicht darum bemuehen, den Stresstest herauszuzoegern und Fakten zu schaffen. Und es liegt an der Protestbewegung, genau das zu verhindern, indem man das Thema in der Oeffentlichkeit haelt.

      • Richard sagt:

        Ich stimme Dir voll zu, die Leistungen der Vertreter von K21 in der Schlichtung und die gewaltige Arbeit, die damit verbunden war, dürfen nicht kleingeredet werden. Jeder denkende Mensch konnte dank der von ihnen vorgebrachten Argumente sehen, dass Stuttgart 21 nicht durchgeplant ist und überflüssig ist. Ich glaube aber, dass Mappus nach dem 30.9. sich selbst dermaßen in die Defensive gebracht hat, dass es wohl nicht nötig warihm die Hand dazu zu reichen, sich selbst und S21 dermaßen medienwirksam zu präsentieren und ihm damit ein Comeback zu ermöglichen, das er geschickt (insbesondere dank des eloquenten Volker Kefer) zu nutzen wusste.
        Mir geht es aber auch nicht nur um die zurückliegenden Schlichtungsgespräche, mir geht es auch um die Frage, wie es jetzt weiter gehen soll. M.E. gibt es jetzt zwei entscheidende Gefahren, vor denen sich der Protest gegen S21 hüten muss. Die eine Gefahr wäre eine (emotionale oder gar gewaltbereite) Radikalisierung, die dazu führen würde, dass sich große Bevölkerungsteile, die einen friedlichen Protest wollen, distanzieren. Eine solche Radikalisierung würde nur den S21-Befürwortern in die Hände spielen. Die andere Gefahr wäre aber vorauseilender Gehorsam, wie ihn die Vertreter des Aktionsbündnisses in der Schlichtung m.E. leider schon ausgiebig insb. beim bzw. nach dem Schlichterspruch zelebriert haben. Wie ich schon in meinem anderen Votum sagte: Das kann doch nicht der Sinn der Proteste sein, dass immer dann, wenn die Proteste die Landesregierung in die Enge bringen, dem Protest gleich wieder der Wind aus den Segeln genommen wird, indem man den S21-Befürwortern dabei hilft, mit Hilfe einer vorgetäuschten Dialogbereitschaft, die nur eine raffinierte Maske ist, in der öffentlichen Meinung wieder Fuß zu fassen. Darauf läuft nämlich Geißlers Vorschlag hinaus, immer dann wieder eine Schlichtung durchzuführen, wenn die Lage eskaliert. Und dazu möchte ich noch sagen: Ich möchte dem alten Herrn nichts Schlechtes nachsage, aber es ist unredlich, in der Weise von Eskalation zu reden, wie er es von Anfang an getan hat. Er sprach nämlich die ganze Zeit so, als wäre von beiden Seiten schreckliche Gewaltbereitschaft oder wer weiß was ausgegangen. Das stimmte doch überhaupt nicht! Die einzige Eskalation ging am 30.09. von der Polizei aus – gegen alte Menschen, Minderjährige etc. die gewaltlos zivilen Ungehorsam leisteten. Geißler Worte aber enthielten etwas, das, ohne dass es die Menschen merkten, suggerierte, die Macht des Widerstandes als solche sei eine gefährliche Eskalation!

        Um mich kurz zu fassen: Wenn Geißler statt S21 S21+ vorschlägt, dann muss statt Protest jetzt eben „PROTEST+“ kommen: ohne Radikalisierung, aber auch ohne vorauseilenden Gehorsam und eventuelle parteitaktisch motivierte faule Kompromisse.

  44. Wir lassen uns aber nicht frustrieren, gelle? Wenn die „Gegner“ diese Kraft waren, denen man diesen Kompromiss, wie hier flüchtig angelesen (Ich bin in meinen Recherchen erst bei Ende 7. Tag, und „will nicht vorgreifen“) abhandeln konnte, waren sie ohnehin nicht legitimen Vertreter unserer Interessen – ein Trojanisches Pferd (eben noch, bis ich hier las) war ich entzückt über Kretzschmann – obwohl ich ja doch längst wusste, auch den Grünen kann man nicht trauen…)
    Es war ohnehin klar, dass die „Schlichtung“ gar nichts in unserem Sinne bewirken darf (und wenn doch, hätte dahinter die nächste Sauerei gesteckt) – Regime wie diese lassen sich nicht so einfach das Zepter abnehmen (Sie haben das am Tränendonnerstag demonstriert!). Aber sie hat die Fratze der Ignoranz und Blassiertheit und Selbstherrlichkeit zu einer Performance gezwungen, die mehr als durchschaubar war?!
    (So selbstsicher saß vor gerade mal 21 Jahren unser noch Politbüro in seinen Sesseln)
    Die Parkschützer haben eine weiße Weste – S 21 ist weiterhin heiß!

  45. Heidrun Ritter sagt:

    Hallo, Winfried Wolf,

    Dein statement finde ich gut, aber bitte lasse Parteinahe Zeitungen wie die junge Welt hier raus.

    • Heidrun Ritter sagt:

      Ich wollte natürlich „parteinahe“ schreiben. Habe Winfried Wolf gerade vergeblich bei den Parkschützern gesucht.

  46. hans-walter mühlhoff sagt:

    dank an winfried wolf für die kluge analyse.die rosaolivgrüne mittelklasse hat sich durch die von geißler herbeigezauberte kompromisslinie s21doppelplusgut einmal mehr als prinzipienlos und opportunistisch vorführen lassen.es gibt außer dem schielen nach wahlterminen und posten keine erklärung für diese unterwerfungsgeste.dabei wäre es einfacher und richtiger gewesen, den offensichtlich lancierten schlichterspruch klar abzulehnen.

  47. P.Siegmund sagt:

    Liebe Gegner von S21,

    Mappus weg bei der nächsten Wahl?

    Mein Tipp: Gründet eine eigene Partei!
    Genug Leute dürften sich dafür finden lassen und bei der Wahl dürftet ihr euch dann auch bestimmt nicht über einen Mangel an Stimmen beklagen können. Damit dürfte sich dann nicht nur der Mappus verabschieden können.

    Und wenn ihr schon bei „Montagsdemos“ seid, dann bitte auch mit „Wir sind das Volk“. Die Botschaft dürfte sogar von der Merkel deutlich verstanden werden.

  48. Volker sagt:

    Ein Wort zu der Wahl des Schlichters, des immer noch CDU-Mannes Geißler:

    Wenn ich zwischen einem Fleischer und einem Gemüsehändler schlichten will und ich dann einen anderen Fleischer von nebenan zum Schlichter ernenne…

    Was wird dann das Ergebnis der \Schlichterspruches\ wohl sein?

Kommentare sind geschlossen.