Anmerkungen zum Stresstest von Karl-Dieter Bodack

Von Prof. Dipl.-Ing. Karl-Dieter Bodack, M.S.

Die S21-Pläne haben den Stresstest bestanden – aber nur, wenn
1. falsche Zugzahlen für den Kopfbahnhof zugrunde gelegt werden,
2. weitere 220 bis 350 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden,
3. die Flughafen-Bahnanlagen völlig neu geplant werden,
4. eine nur befriedigende Betriebsqualität erwartet wird.

1.
Der Kopfbahnhof wird derzeit von 7 bis 8 Uhr von 38 Zügen befahren. 1968/69 leistete der Kopfbahnhof (vor Inbetriebnahme des S-Bahn-Verkehrs) 49 bzw. 51 Züge in der Spitzenstunde. Im Stresstest wurden mit 49 Zügen für S21 statt der geforderten 130% nur die tatsächlich über Jahre erbrachte Leistung des Kopfbahnhofs nachgewiesen.
Die Leistungsfähigkeit des Kopfbahnhofs liegt nach Ermittlungen mehrerer Experten bei 56 bis 74 Zügen je Stunde; legt man 65 Züge zugrunde, so leistet S21 gemäß Stresstest statt der geforderten 130% nur 75% der möglichen Züge des vorhandenen Kopfbahnhofs.

2.
Die dem Stresstest zugrunde gelegten Bahnanlagen entsprechen in wesentlichen Punkten nicht den bisherigen Planungen und Kalkulationen: Die Flughafen-Bahnanlagen (PFA 1.3) werden gänzlich neu geplant, umfassen einen Terminalbahnhof, dessen Gleise (gemäß sma-Audit) „freizügig“ nutzbar sind, d.h. mit separaten Bahnsteiggleisen für die SBahnen und für alle Fern- und Regionalzüge (dies auch deshalb, da der bislang geplante Rückbau der S-Bahn-Gleise nicht genehmigt wird). Der geplante Fernbahnhof erhält ein weiteres Gleis aus Richtung Stuttgart und muss an die Gäubahn angeschlossen werden.
Dies wird Mehrkosten von in der Größenordnung 70 Mio. Euro verursachen, die vielfach geforderte 8 km lange Neubaustrecke Rohr-Flughafen würde weitere 130 Mio. Euro kosten (alle Werte geschätzt aufgrund von Erfahrungswerten).
Alle Trassen und Bahnsteiggleise von S21 erhalten bisher nicht geplante klassische Signal und Zugsicherungsanlagen, die auch die Nutzung der 8 Bahnsteiggleise im Tiefbahnhof durch je 2 Züge ermöglichen müssen, dies wird in etwa weitere 100 Mio. Euro kosten.
Der Anschluss der Neubaustrecke aus Tübingen muss ein zusätzliches Gleis erhalten, damit die geforderten drei Züge/Stunde möglich werden: Mehrkosten ca. 50 Mio. Euro.
Diese Neukonzeption, und Planergänzungen werden die Projektkosten um in der Größenordnung 220 bis 350 Millionen Euro erhöhen. Die vereinbarten Maximalkosten von 4,5, Milliarden Euro werden überschritten, da der Risikofonds von 0,4 Milliarden Euro wegen nicht realisierbarer Einsparungen und festgestellter Risiken bereits verausgabt ist.

3.
Die Neukonzeption der Flughafen-Bahnanlagen, deren frühere Planungen über neun Jahre vom Eisenbahn-Bundesamt abgelehnt worden waren, erfordert mehrere Jahre Planungs- und Genehmigungszeit. Ein aktueller Baubeginn angrenzender Bahnanlagen, vor allem für den Fildertunnel, der den Tiefbahnhof mit diesen Anlagen verbinden soll, erscheint unnötig und unverantwortlich!

4.
Im Audit der sma wird gemäß dem Regelwerk der DB AG nur eine „betriebswirtschaftlich optimale Betriebsqualität“ festgestellt, da aufkommende Verspätungen nicht abgebaut werden, sondern sich im Verlauf der Zugfahrten leicht erhöhen. Dabei wurden Betriebsstörungen
z.B. durch Zugversagen, Weichenausfall, Signalstörungen nicht berücksichtigt.
Für neu geplante Bahnanlagen, die in der Größenordnung 6 bis 7 Milliarden Euro kosten werden, erscheint eine solche, eingeschränkte Betriebsqualität ungenügend. Wird „gute Betriebsqualität“ ("Schlichterspruch") gem. Regelwerk der DB AG als „Premium“ verstanden, hat S21 den Stresstest – auch gemäß dem Audit der sma – nicht bestanden!

Karl-Dieter Bodack, 24.7.2011

Einen weiteren Text können Sie hier als PDF laden:  Bodack - S21 scheitert

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7 Antworten zu Anmerkungen zum Stresstest von Karl-Dieter Bodack

  1. Detlef Bosau sagt:

    Liebe Freunde,

    wird das nun am Freitag so überzeugen, daß Kretschmann und Grube einvernehmlich für die bestehenden Verträge zu Auflösungsverträgen kommen?

    Denn darum geht es doch. Einen einseitigen Ausstieg des Landes Baden-Württemberg wird es nicht geben, da wird man das Land Baden-Württemberg auf Vertragseinhaltung verklagen – und eine solche Klage wird erwartbar Erfolg haben.

    Von daher bleiben ja nur vier mögliche Ausstiegsszenarien.

    1. Auflösungsvertrag.
    2. Der BUND hat mit seiner Klage wg. der Grundwasserentnahme erfolg. (Bisher hat man auf den Eilantrag mit Weile reagiert, man hofft wohl, in der KW 30 oder KW 31 eine Entscheidung über den Eilantrag zu erhalten.
    3. Die Klage des Privatbahnennetzwerks über die Weiternutzung der Gleise, die man abtragen will, geht durch.
    4. Das Projekt implodiert finanziell.

    Am Freitag reden wir über Punkt 1 bzw. Punkt 4.

    Die Volksabstimmung im November hake ich mal ab, das ist nutzloses und teures Kasperltheater, zumal das angestrebte Ausstiegsgesetz keinen Bestand haben wird, Kretschmann kommt aus der Vertragsteure nicht raus.

    Wir müssen aus meiner Sicht jetzt auf 1. und 4. setzen und am Freitag so überzeugen, daß Kretschmann und Grube einen Auflösungsvertrag anstreben.

    Ich hoffe da auf Karl-Dieter Bodack und Boris Palmer – und natürlich unseren Grandseigneur des Kopfbahnhofs, Egon Hopfenzitz.

    • Aufgeklärter sagt:

      Das Aktionsbündnis sollte sich von der Bahn nicht verdummen lassen. Nach der von Hopfenzitz sowie der Schlichtungsrunde vereinbarten Zählweise werden derzeit 42 Züge über den Kopfbahnhof abgewickelt (36 Ankünfte plus 6 Abfahrten, durchgebundene Verbindungen auch von und zum Wartungsbahnhof werden nicht mitgezählt).
      Oben bleiben! Oben ist besser mit Kopf als unten ohne. Oben ist Leben, Licht und Sonnenschein, unten ist nur Langeweile, Dunkelheit und der Tod!

  2. Florian sagt:

    hier das PDF zum offline lesen „Karl Dieter Bodack Stresstest-bestanden“: http://bit.ly/mXbWWc

    Bürgerbahn statt Börsenbahn:
    Warum der bisherige Bezugspunkt für den S21‐„Stresstest“ falsch ist und „K20“ seinen
    Praxis‐Stresstest mit Bravour bestanden hat http://bit.ly/o61yMD

    Zugbewegungen 1968 Spitzenstunde 7-8h: http://bit.ly/nSTSnQ
    Zugbewegungen 1968 Spitzenstunde 7-8h: http://bit.ly/nVpUjM

  3. Bluesbrother sagt:

    An erster Stelle muss die Forderung stehen, sämtliche Mängel und Zweifel am Stresstest zu beseitigen. Das sind einerseits die von sma genannten Punkte und das sind insbesondere die aufgetretenen Zweifel, ob überhaupt richtig gerechnet wurde (Bestimmung der zufälligen Verspätungen, siehe hierzu http://de.auditplag.wikia.com/wiki/Methodologische_Mängel). Für letzten Punkt ist es vermutlich notwendig ein ergänzendes Audit eines Wissensschaftlers aus dem Bereich Verkehrsstatistik einzuholen, weil außer Boris Palmer vermutlich keiner das fachliche Rüstzeug hat, das zu beurteilen. Geißler kann reden, Jura, Politik und Latein aber nicht Mathe.

    Vollkommen sinnlos sind Wiederholung des Typs „meiner ist größer/besser“. Wieviel K20 oder K21 kann ist völlig belanglos. Das wirkt nur besserwisserisch. Entscheid ist nur, dass S21 es nicht kann, zumindest nicht mit vernünftiger Qualität. Es ist auch egal woher die Forderung nach 49 Zügen kommt. Die Zahl von +/- 50 Zügen+S-Bahn ist einfach für einen Eisenbahn-Netzknoten einer Region mit mehreren Millionen Menschen eine sinnvolle, eher knappe und keinesfalls übertriebene Forderung.

    Wichtig sind saubere Argumentationsstränge in der Differenzierung Regional- und Fernverkehr. Der Bahn geht es nur um Fernverkehr und den Verkauf von Tafelsilber zur Bilanzfrisur. Für die öffentliche Wahrnehmung ist es wichtig, sich dagegen als Anwalt des Regionalverkehrs, der Pendler und der Region zu präsentieren. Die Region braucht ein leistungsfähiges, ausbaufähiges, flexibles und störfalltolerantes Nahverkehrssystem um überhaupt funktionieren zu können. Fernverkehr ist auch wichtig, steht (auch bei den Fahrgastzahlen) nicht an erster Stelle.

    Es gibt noch zwei weitere Ausstiegsszenarien, die aber nicht besser sind:
    – Die Regierung Merkel kippt und ein neuer Bundesverkehrsminister beendet den Spuk.
    – Es wird angefangen zu buddeln und irgendetwas passiert (Wassereinbrüche,…). Derzeit sogar die wahrscheinlichste Variante.

    Daher sollte es auch um Haftung gehen.
    SMA hat im Vorwort zum Audit schon mal klar gemacht, dass das für sie überhaupt nicht in Frage kommt.
    Das Land sollte klar machen, dass es im Falle eines Projektabbruchs aus technischen Gründen, auf einer Wiederherstellung des Ausgangszustands ohne Kostenbeteiligung besteht.
    Es sollte ebenso fordern, dass der bestehende Kopfbahnhof samt Gleisanlagen erst abgeräumt werden darf, wenn der Tiefbahnhof seine Leistungsfähigkeit auch in der Praxis bewiesen hat (1 Jahr Regelbetrieb!). Bei Mängeln muss die Bahn zur Nachbesserung ohne Kostenbeteilung von Stadt + Land verplichtet sein oder muss den ursprünglichen Zustand wieder herstellen.

  4. MOa sagt:

    => Offener Brief an die Landesregierung und Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg der Architekten für K21: http://www.bei-abriss-aufstand​.de/wp-content/uploads/Brief-a​n-den-Ministerpräsidenten-BW-2​7.pdf ;
    s. Wer zahlt eigentlich $21: http://www.youtube.de/werzahlts21 ;

    => OB Palmer: $21-Immobilienprojekt & Tiefhaltepunkit erhält nur mangelhaft – Stuttgart21-Stresstest gescheitert: DB – Nachsitzen! – StZ, 28.7.: http://t.co/6g9fMHc ; OBEN BLEIBEN!

  5. MOa sagt:

    => Schwäbische, 28.7.: Entgleist: Stresstest-Experte & Professor der FH Ravensburg hält S21-Stresstest und $21 für teuren Unsinn:
    http://www.schwaebische.de/region/oberschwaben/weingarten/stadtnachrichten-weingarten_artikel,-Entgleist-Experte-haelt-S21-Stresstest-fuer-unsinnig-_arid,5110912.html ;

  6. MOa sagt:

    ACHTUNG: Entlarvung der $21-Simulations- & Stresstestfarce von http://www.stuttgart-21-kartell.org :
    => Die Wahrheit über DB-Schummeln21 beim S21-Stresstestsimulation: OB Palmer im Stuttgarter Rathaus, http://www.architekten-fuer-K21.de, 4.8.11, 20h: http://www.youtube.com/watch?v=r89tiVsIO9Y ; In einem Rusch auch bei http://www.fluegelt.tv ; (K21 im Abo: http://www.youtube.de/BONATZ21 😉
    => FAZ, 3.8.11.: Schummeln21, $21-Analyse von OB Boris Palmer: http://www.bei-abriss-aufstand.de/wp-content/uploads/Schummeln21_Boris-in-der-FAZ.pdf ;
    => SZ, 31.7.11: DB fällt selbst bei Geisler durch die $21-Stresstestsimulation: http://www.sueddeutsche.de/politik/boris-palmer-zu-stuttgart-geisslers-vorschlag-ist-billiger-und-doppelt-so-gut-1.1127477 ;
    => Video K21-Vortrag Boris Palmer, swr-Ba-Wü extra: Stresstest $21, 29.7., Folge 1 v.7: http://www.youtube.com/watch?v=YvbUD-PkQDY ;

    => Schwäbische, 28.7.: Entgleist: Stresstest-Experte & Professor der FH Ravensburg hält S21-Stresstest und $21 für teuren Unsinn:
    http://www.schwaebische.de/region/oberschwaben/weingarten/stadtnachrichten-weingarten_artikel,-Entgleist-Experte-haelt-S21-Stresstest-fuer-unsinnig-_arid,5110912.html

    OB Palmer: $21-Immobilien- & Tiefhaltepunkit erhält nur mangelhaft – Stuttgart21-Stresstest gescheitert: DB – Nachsitzen! – StZ, 28.7.: http://t.co/6g9fMHc ;

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