Kundgebung gegen Planungschaos der Bahn: „Fakten klären statt Fakten schaffen!“

Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21
Pressemitteilung: Stuttgart 13. Januar 2012

Planungschaos der Bahn
Aktionsbündnis fordert sofortige Aussetzung des geplanten Südflügel-Abrisses

Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 fordert die Deutsche Bahn AG auf, alle Baumaßnahmen zum Abriss des Südflügels und zur Rodung des Schlossgartens unverzüglich auszusetzen. Denn ihr fehlen baurechtliche Genehmigungen, und immer noch ungeklärt sind viele rechtliche und technische Fragen rund um das Grundwassermanagement und den Naturschutz im Schlossgarten.

„Angesichts dieses Planungschaos muss die Bahn die Arbeiten umgehend aussetzen“, so Hannes Rockenbauch, Sprecher des Aktionsbündnisses. Auch eine Volksabstimmung rechtfertige keinen Rechtsbruch. Der Abriss des Südflügels zu diesem Zeitpunkt ergebe keinerlei Sinn. Offensichtlich wolle die Bahn nur weiter Fakten schaffen, um Landesregierung und Steuerzahler/innen später besser unter Druck bringen zu können. „Wir erwarten, dass die Landesregierung sich nicht länger von der Bahn auf der Nase herumtanzen lässt“, so Rockenbauch. Statt noch Druck aufs Tempo zu machen, sollte Herr Kretschmann die vielen Warnsignale und Stoppschilder nicht einfach überfahren.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Bahn das Projekt weder technisch noch rechtlich und schon gar nicht finanziell in den Griff bekommt, dann hat ihn spätestens das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 15. Dezember 2011 erbracht: Darin ordnet das Gericht der Bahn an, alle Baumaßnahmen im Schlossgarten einzustellen.

Doch auch nach jahrelanger Planung missachtet die Bahn gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsrechte von Trägern öffentlicher Belange: Vor mehr als einem Jahr, am 5. Oktober 2010, hatte das Eisenbahn-Bundesamt der Bahn sämtliche Fällarbeiten untersagt, solange sie keine verbindliche artenschutzrechtliche Planung vorlegen kann. Bis heute aber ist die Bahn diese schuldig geblieben. Noch immer also erfüllt sie selbst in bereits seit Jahren planfestgestellten Abschnitten nicht die baurechtlichen Voraussetzungen für die Eingriffe in Stadt und Park und für den Aufbau und Betrieb des Grundwassermanagements.

Völlig sinnlos erscheint in diesem Zusammenhang auch die Absicht der Bahn, bereits ab nächsten Montag, 16. Januar, das Baufeld an der oberen Mündung des Filderaufstiegstunnels einzurichten. Dort würden dann beste Filderböden weggeschoben und zudem würden Büsche und Bäume der dortigen Baumschule abgeholzt. Das ist derzeit absolut nicht notwendig, da zum einen das Änderungsverfahren zum Filderaufstiegstunnel (Planungsabschnitt 1.2) noch gar nicht abgeschlossen und zweitens der unmittelbar anschließende Planabschnitt 1.3 noch nicht öffentlich ausgelegt ist. Bis zur Planfeststellung wird es dort deshalb noch mindestens drei Jahre dauern.

Unerlässliche Voraussetzung für die Fortsetzung von Abriss-, Fäll- und Bauarbeiten ist die Sicherheit, dass die Bahn die noch ausstehenden Planfeststellungs- und Planänderungsverfahren bestehen wird und dass sie ihre Versprechen aus der „Schlichtung“ vor allem zur Leistungsfähigkeit der geplanten Infrastruktur erfüllen kann. Davon kann überhaupt keine Rede mehr sein. Schon unmittelbar nach der Volksabstimmung wurde deutlich, dass die Bahn den von allen Projektpartnern verbindlich festgelegten Kostenrahmen nicht einhalten wird. Mehr denn je müssen die Projektpartner deshalb davon ausgehen, dass das Projekt noch scheitert.

Reißt die Bahn jetzt ohne Not den denkmalgeschützten Südflügel ab, so wäre dies eine Kulturschande auch für jene Stuttgarterinnen und Stuttgarter, die bei der Volksabstimmung im Vertrauen auf Recht und Gesetz, den Kostendeckel sowie die Zusagen und Versprechen der Bahn für den Weiterbau von Stuttgart 21 gestimmt haben. Die rege Teilnahme an den Demonstrationen im Zuge der Abriegelung zum Abriss des Südflügels vom 13. Januar – größte Blockade im Zuge der bisherigen Baumaßnahmen – zeigt einmal mehr, dass sich die Bürgerinnen und Bürger friedlich und mutig für diese Interessen einsetzen.

Angesichts der Tatschen, dass die Deutsche Bahn AG jetzt den Abriss des Südflügels ohne Innehalten weiter treibt, lädt das Aktionsbündnis alle Bürgerinnen und Bürger ein, am Samstag, 21. Januar, um 14:30 Uhr wie immer friedlich, kreativ und entschlossen gegen diese Kulturschande und gegen dieses unsägliche und rücksichtslose Gebaren der DB AG zu demonstrieren. Die Kundgebung findet aller vorausicht nach auf der Schillerstraße vor dem Hauptbahnhof statt, ihr Motto lautet: „Fakten klären statt Fakten schaffen!“

Kontakt:
Hannes Rockenbauch,
E-Mail: hannes.rockenbauch@stuttgart.de
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9 Antworten zu Kundgebung gegen Planungschaos der Bahn: „Fakten klären statt Fakten schaffen!“

  1. Antifaschistische Aktion sagt:

    Euch ist schon klar dass um 14:00 ne Antifa Demo in der Lautenschlagerstrasse startet?

  2. Ingo Neitzke sagt:

    Auch die wiederholtesten Proteste wird die Bahn nicht umstimmen. Die DB versteht nur eine Sprache: Aktenzeichen.

    Deshalb: Klagen, klagen und nochmals klagen! Zusammen mit den Juristen.

  3. Klartexter sagt:

    Man könnte ja jetzt auf die Idee kommen und angesichts der Tatsache, dass in der K21-Bewegung zahlreich Menschen aktiv sind, die auf Grund ihrer Herkunft oder Hautfarbe teils massiver gesellschaftlicher Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind,

    den Demo-Aufruf mit einer ausdrücklichen Solidaritätsbekundung für die Opfer des wieder erstarkenden faschistischen Terrors verbinden,

    zur Teilnahme an der Demo in der Lautenschlager Straße aufrufen und anschließend erst um 15 Uhr mit der Demo am Hauptbahnhof beginnen.

    In beiden Fällen geht es ja um dasselbe Problem – die zunehmende Demontage eines sozialen und demokratischen Rechtsstaates.

  4. Reini sagt:

    Kretschmann merkt nicht einmal wie schäbig er sich verhält…da ist er gleich mit wulff. Warum entlarvt er die Lügen und Betrügereien von Bahn, Wirtschaft und csufdp bei der Schlichtung, wenn er sie nach einer NIE zu gewinnenden VA als NEBENSÄCHLICH abtut??

    Wäre er ein gestandener, ehrlicher Politiker hätte er niemals eine Volksabstimmung angestrebt, denn solch ein Quorum ist nicht zu gewinnen!
    Herr Kretschmann wir brauchen den Staatsanwalt und keine Volksabstimmung! Wissen sie nicht mehr wie viel Unfähigkeit, Betrug und Lügen bei der Schlichtung aufgedeckt wurden??? WARUM sind sie nicht in der Lage auch nur ein Vergehen in einer Strafanzeige zu formulieren??

    Der BUND ist fähiger als die Grünrote Regierung! Oder muss man nicht eher sagen….nicht so korrupt und bestechlich!??
    Perfide, dass Kretsche von einem „Wunder“ gesprochen hat, damit der Widerstand bestehen könnte!
    Kretschmann ist leider ein Täuscher. Er täuscht Interesse vor und setzt sich ein, um dann bei der ersten Gelegenheit die Seiten zu wechseln!

    Kretsche spricht doch tatsächlich von einer „Demokratischen Volksabstimmung“!…sagt aber gleichzeitig, dass in einer Demokratie nicht immer die Wahrheit siegen kann! Bei solchen Lobbyisten als Politikern wird die Wahrheit nur dann mal eine Chance haben, wenn sie sich mit den Interessen der Reichen und der Wirtschaft deckt!

    Hatten die Gegner auch nur annähernde Chancengleichheit?? Bahn, Medien, Politik und Wirtschaft haben ihre Meinung zu diesem Projekt überall als WAHRHEIT verbreiten lassen!

    Alle Fakten gegen S21 wurden mit Nicht-Erwähnung, und organisierter Desinformation bewusst verschwiegen.
    Deshalb bleiben die Gesetzesverstöße der Bahn trotzdem bestehen! Das GWM ist illegal ob mit oder ohne VA! Die Bäume wurden illegal gefällt, da ändert auch ein VA nichts! Die Kostenlüge ist eine Tatsache….da hilft auch kein beten in der Kirche!

    Ich frage sie Herr MP…wie lange wollen sie noch der Bahn…. Stuttgart zum Opfer anbieten!!?
    Als Grüner ist es ihnen wohl völlig egal wenn denkmalgeschützte Bauten und ein Naturdenkmal wie unser Schlossgarten wegen PROFITGIER zerstört werden?!
    Hören sie endlich auf sich hinter einer verlogenen VA zu verstecken!

  5. Rainer sagt:

    Im Kindergarten wurde darüber abgestimmt, ob 2 mal 2 gleich 4 sein soll oder 5. Den Kindern wurden dann einmal 4 und dann 5 Finger gezeigt, wobei die Bemerkung fiel, dass 4 mehr sei als 5.
    Bei der anschließenden „Volksabstimmung“ war dann die Mehrheit der Kinder für 5.

  6. Volkmar sagt:

    Jedes Volk verdient die Regierung ,die es gewählt hat! Schlimm ist dabei nur, das diese sich nach der Wahl allzuschnell als ein und der selbe gierige und machtbesessene Haufen von
    Schmarozern darstellen! Da fragen sich doch wirklich einige woher die Politikverdrossenheit kommt. Ist doch wohl nicht wahr , oder ?

  7. Dieter sagt:

    Die Volksabstimmung liegt anscheinend doch noch einigen im Magen.

    Ging es bei der Volksabstimmung nicht darum etwas vermutlich illegales durch das Volk zu legalisieren ?

    Allerdings freue ich mich über das Gejammer von vor allem CDU geführten Städten und Gemeinden über leer Kassen. Denn es jammern die am meisten, die mit NEIN zum Ausstieg gestimmt haben.

    Zurücklehnen und genießen.

  8. Leo Löwe sagt:

    Man könnte ja schon mal darauf wetten, dass der aktuell gültige Kostenrahmen für „Stuttgart 21“ von 4,5 Mrd. Euro für den Tunnelbahnhofsbau noch in diesem Monat (Januar 2012) fallen wird – mit dem Ergebnis, dass Land, Stadt, Region, Flughafen und ggf. der Bund, also die öffentliche Hand, die nun leider völlig „alternativlosen“ Mehrkosten entsprechend finanzieren sollen. Die Bahn-Projektbau beherrscht es perfekt, sich an den von ihr geplanten Schienenprojekten über die prozentuale Beteiligung zu refinanzieren. Je teurer das Projekt, desto mehr bleibt am Ende an Einnahmen „hängen“. Dieses Modell erklärt wenigstens, warum in jüngster Zeit immer häufiger die schwierigste Trasse und die tunnelreichste Variante zum Zug kommt (vgl. Projekt Nürnberg > Erfurt) und warum sogar relativ kurze S-Bahnstrecken, wie die der S60 zwischen Böblingen und Renningen, den Kostenrahmen komplett sprengen.

  9. theo tiger sagt:

    Kostentransparenz und Kostenwahrheit: überfällige Hausaufgaben aus der Schlichtung, Fakten also, die uns die Projektbeteiligten und vor allem die Bahn als Projektträger noch immer schuldig geblieben sind. Die Öffentlichkeit hätte eigentlich schon vor der Volksabstimmung darüber informiert sein müssen, wohin die Reise bei diesem Projekt wirklich geht. Wer bezahlt?

    theo tiger

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