Peter Grohmann bei der 114. Montagsdemo

Kleine Rede vor großer Menge

Die Entwicklung der Menschheit (Erich Kästner)

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur dreißigsten Etage.

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon.
Und es herrscht noch genau derselbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

Was ihre Verdauung übrigläßt,
das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
daß Cäsar Plattfüße hatte.

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.

Bevor ich richtig loslege - ich habe genau 4 Minuten -
wollt ich Sie einladen: Freitag, 9. März, 20 h, erzählt uns Michael Wilk im Württembergischen Kunstverein etwas vom Widerstand gegen den Frankfurter Flughaften - dort versammeln sich jeden Montag ein paar tausend Menschen - und der Widerstand dauert nun schon mehr als 30 Jahre. Also halten sie aus, wir haben noch viel vor.

Hochverehrte Fest- und Fangemeinde. Ich bin tief beunruhigt.
Da steht ein neuer Bauzaun, hundert Meter lang, noch nicht im Museum, sondern davor - und was sehe ich?

Kein einziges Plakat, keine Blume, keine Zeichnung! Da muss ich schon sehr, sehr mit Ihnen schimpfen! Was ist passiert? Ich bitte sehr darum, eigenverantwortlich und verändernd einzugreifen und den Bretterzaun für den Frühling zu schmücken.

Ich freue mich! Auch darüber, dass man mich mal wieder ans Mikrofon gelassen hat - ich hätte das nie gemacht, ich kenn mich doch. Daß man den Wulff läßt, ja nun nicht mehr ans Mikrofon läßt, ist verständlich. Aber, ganz unter uns Pastorentöchtern: Ist da nicht eine Mißgunst im Lande!? Das ist nun aber gar nicht anständig, wie man mit dem Minibetrüger umgeht!

Doch vergessen wir über Wulff bloß nicht die großen Betrüger, die Zahlenfälscher und Wort-Rumdreher, die Bezahlt-Agenten der Bahn, die selbst nie Bahn fahren. Nicht nur das - die sind auch dafür verantwortlich, daß die Bahnhöfe immer trostloser werden, weniger Gleise, weniger Toiletten, weniger Toilettenpapier. Und weniger Kilometer. Dafür aber langsamer als vor 50 Jahren. Vor 20 Jahren gab’s noch 16 direkte und schnelle Verbindungen nach Rom - heute nur noch zwei. Eine zum Papst und einen mit Umsteigen in Zürich, wo man das Konto vom Berlusconi anschauen kann. Auch so ein Mafiosi.

Reden wir von anderen Betrügern. Wie wär’s mit Putin? Da kann man noch lernen, wie man Abstimmungen richtig fälscht. Vor laufender Kamera samt Richtmikrofon. Das haben sie ja jetzt auch an der Mahnwache versteckt: Richtmikrofone. Jedes Gespräch wird aufgezeichnet. Unsere Mahnwachenleute waren so überzeugend, daß bereits zwei Beamte, die eigentlich nur abhören sollten, zu uns übergelaufen sind. Samt Software.

Ich hab’ Putin weinen sehen. Gestern. Was hat der geweint und geweint und geweint! Ganz Russland hat mitgeweint und zum Schluß ist die Wolga über die Ufer getreten. Und ihr lacht.

Putin soll ja jetzt - gemeinsam mit Gerhard Schröder - der deutschen Verfassungsschutz re-organisieren. Wenn der Rubel rollt, sagt Putin, macht er alles. Wie Schröder.. . Und Ihr lacht.

Obwohl ja Sammlungen hier eigentlich verboten sind, rufe ich jetzt zu einer Sammlung auf. Ersten für Putin, zweitens für Wulff, damit wir die 200 000 voll kriegen. Man kann doch den Mann jetzt nicht bei 199 000 hängen lassen. Ich gehe dann mit der Büchse rum - wenn mehr reinkommt, stifte ich Farben und Kreide für den Bauzaun.

Ganz zum Schluß: Heute versammeln sich in Moskau und andernorts zehntausende von Menschen, um gegen den Obrigkeitsstaat, Korruption, Bestechung und Wahlfälschung zu protestieren. Wir grüßen von hier aus alle, die aufgewacht und aufgestanden sind in Russland, in Syrien, in Nordafrika: Wir sind bei euch.

Oben bleiben. Und hier geblieben, am Bahnhof.

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