Ermittlung gegen Zeugen

Am  21. Juni  berichteten wir bei BAA unter der Überschrift "Knalltraumaprozess - wegen Beweismangel eingestellt" von dem Zivilverfahren gegen einen 72-jährigen Rentner, dem zur Last gelegt worden war, einen Knallkörper bei der Besetzung des Grundwassermanagements am 20.6.2011 gezündet zu haben. Acht Polizisten hatten daraufhin angeblich ein Knalltrauma erlitten. Während der Verhandlung sagte ein 79-jähriger Zeuge aus, der sich freiwillig gemeldet hatte aufgrund eines Berichts in der Stuttgarter Zeitung. Er hatte am 20.6.2011 auf dem GWM-Gelände Beobachtungen gemacht, die für die Aufarbeitung der Ereignisse wichtig waren.
Nach dem Prozess machten K21-Zuschauer den alten Herrn darauf aufmerksam, dass er mit seiner Zeugenaussage sich selber auch in Verdacht gebracht hat, in der besagten Nacht auf dem GWM-Gelände gewesen zu sein. Das überraschte ihn, denn er hatte doch nur als aufmerksamer Bürger seine Beobachtungen als Zeuge darlegen wollen.
Die Befürchtungen bewiesen sich nun als realistisch, denn nur wenige Tage später erhielt der 79-jährige Rentner vom Polizeipräsidium Stuttgart die Nachricht, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn laufe wegen "schweren Landfriedensbruchs und schweren Hausfriedensbruchs". Nun bestätigt sich leider wieder, ... Doch Spaß beiseite. Es ist natürlich alles rechtens. Jeder handelt korrekt nach Vorschriften - die Polizei, das Amt für öffentliche Ordnung -, da dürfen wir uns gar keine Illusionen machen. Stellen wir uns nur vor, der Rentner hätte kein Ermittlungsverfahren bekommen? Das wäre doch "Strafvereitelung im Amt" für die Polizei gewesen, denn jemanden zu kennen, der am 20.6. auf dem GWM-Gelände war und ihn nicht einem Ermittlungsverfahren zu unterziehen, wäre ja erstens ungerecht den anderen Ermittelten gegenüber gewesen und - wie gesagt - Strafvereitelung im Amt. Wofür Polizeibeamte angeklagt werden können.
Die Kronzeugenregelung wird hier wohl nicht gelten, da es sich ja bei dem Knalltrauma nicht um ein Verbrechen aus dem Bereich des Terrorismus und der organisierten Kriminalität gehandelt hat. Und dass die Polizei nach dem Opportunitätsprinzip gehandelt hätte, das lag wohl auch nicht drin, zu  stark ist die Fixierung auf "Recht und Ordnung". Wo kämen wir auch hin, wenn wir einen 79 Jahre alten Herrn laufen ließen?

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