Presseerklärung des Netzwerks Kernerviertel

Bewohner des Kernerviertels fordern umfassende Riskenaufklärung über das Grundwassermanagement

Stuttgart, 1. Juli 2012: In der öffentlichen Berichterstattung zum Planänderungsantrag der DB AG (Erhöhung der Grundwasserentnahmemenge) spielen bisher die damit für das Kernerviertel verbundenen Risiken keine Rolle. Daher wendet sich das Netzwerk Kernerviertel, eine Initiative von Anwohnern und Eigentümern, mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit:

Das Grundwassermanagement zum Bau des Tiefbahnhofes ist immer noch nicht genehmigt. Neue Erkenntnisse aus Grundwasseruntersuchungen haben gezeigt, dass die Wassermenge, die abgepumpt und am Ameisenberg eingepresst werden muss, sich mehr als verdoppeln soll. Nach Entscheidung des Eba sollen jetzt beim 7. (!) Planänderungsantrag der DB AG die Gutachten zum Grundwassermanagement öffentlich ausgelegt und den betroffenen Anwohnern die Möglichkeit zum Einspruch gegeben werden.

Dies ist auch aus der Sicht der betroffenen Anwohner des Kernerviertels dringend erforderlich. Nachfragen bei den an der Genehmigung beteiligten Behörden haben ergeben, dass die Risiken der Wasserinfiltration in den steilen, dicht bebauten und geologisch schwierigen Ameisenberg nur unzureichend gutachterlich abgeklärt sind. Im ersten Planfeststellungsverfahren fand keine Risikenabklärung statt. Damit waren die Risiken für die Gebäude des Kernerviertels den betroffenen Anwohnern im damaligen Anhörungsverfahren keinesfalls bekannt oder bekannt gemacht worden.

Daher hat die Stadt Stuttgart bereits im Juli 2011, beim letzten Antrag der DB AG, eine gutachterliche Abklärung wegen der geplanten verstärkten Infiltration im Hinblick auf eine Hohlraumbildung durch Sulfatauslaugung oder Hangrutschung gefordert. Dieses geotechnische Gutachten liegt nach Aussage des Baubürgermeisters Matthias Hahn bis heute nicht vor. In welchem Maße das Risiko für die Gebäude des Kernerviertels steigen würden, ist nicht bekannt. Vertreter der DB AG berichteten am letzten Dienstag im Technischen Ausschuss der Stadt Stuttgart von einem ganzen „Ordner voll von Risiko-Fallbeispielen“.

Im Kernerviertel hat sich ein Netzwerk gebildet, das sowohl Eigentümer als auch Mieter einschließt, um endlich von der Bahn die fehlenden Informationen zu erhalten. Sie fordern eine umfassende gutachterliche Risikenabklärung der Grundwasserabsenkung und Infiltration sowie eine sofortige Offenlegung aller Risikoszenarien von der DB AG, bevor das Grundwassermanagement genehmigt und in Betrieb gehen soll. Überlegungen der DB AG, die Bauarbeiten mit einem reduzierten Grundwassermanagement zu starten, hält das Netzwerk Kernerviertel angesichts der nicht geklärten geologischen und geotechnischen Risiken der Infiltration für unverantwortlich. Das bisherige Infiltrationskonzept in den geologisch inhomogenen Ameisenberg gehört im Hinblick auf die potentielle Gefährdung eines Stadtviertels in vollem Umfang auf den Prüfstand.

Viele der Haus- und Grundbesitzer sollen zudem ihre Zustimmung zur Unterfahrung ihrer Grundstücke geben, ohne zu wissen, was auf sie zukommt und wie sie im für diese Zustimmung entschädigt werden. In begrenzten Fällen wird ein Beweissicherungsverfahren auf Kosten der Bahn eingeleitet. Das Netzwerk Kernerviertel rät den betroffenen Eigentümern, keine Zustimmung zur Unterfahrung zu geben. Zuerst ist die Bahn am Zug, um alle Risiken abzuklären.

Das Netzwerk Kernerviertel wird weiterhin die betroffenen Anwohner und Eigentümer informieren. Um an die Informationen heranzukommen, hat das Netzwerk sich an den Umweltminister gewandt und wird auch die Mandatsträger aus Gemeinderat und Landtag auffordern, sich für die Rechte und das Eigentum der Bewohner des Kernerviertels einzusetzen.

Folgende Forderungen wurden im Hinblick auf die Risikenabklärung der Infiltration vom Netzwerk Kernerviertel aufgestellt:

  • die Veröffentlichung und Überprüfung des von den Vertretern der DB AG am 26.6.2012 erwähnten neuen Grundwassermodells, auf dessen Basis die Risiken auf die Umgebung und Vegetation hoffentlich besser eingeschätzt werden können;
    die gutachterliche Abklärung der geotechnischen Risiken der Wasserinfiltration durch externe Experten anhand von aussagekräftigen Bohrproben;
  • die gutachterliche Abklärung der Folgen der hangnahen Grundwasserabsenkung im Tal auf die Stabilität des Ameisenberges und der anliegenden Gebäude auf der Basis von realistischen Absenktrichtern;
  • eine Überprüfung der bisher engen Beweissicherungsgrenzen am Ameisenberg, die im (ersten) Planfeststellungsverfahren nur im Hinblick auf mögliche Schäden beim Tunnelbau festgelegt wurden und nicht im gesamten Einflussbereich des Grundwassermanagements;
  • ein Überwachungskonzept der Infiltrationsbrunnen im Bezug auf mögliche Schadstellen und Undichtigkeiten;
  • die Festlegung der genauen Obergrenzen für die Infiltration in die einzelnen Brunnen sowie ein Konzept, mit dem das Umweltamt der Stadt Stuttgart als untere Wasserbehörde die tatsächlich abgepumpten und eingeleiteten Wassermengen permanent anhand eines digitalen Zugriffs überprüfen kann;
  • eine Anhörung der betroffenen Anwohner, nachdem diese Gutachten über die Abklärung der Risiken öffentlich ausgelegt wurden.

Michaela Klapka und Frank Schweizer

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