Pressemitteilung: Kritiker zu S21 bürstet Untersteller barsch ab, „Wenn Sie Zweifel haben, hätten Sie mich nicht einladen brauchen…“

Zur Diskussionsveranstaltung über die Gefährdung des Mineralwassers mit Umweltminister Untersteller gab es bei BAA eine Kurzfassung inklusive Film s. HIER. Eine Pressemitteilung der Bad Cannstatter zeigt weitere Details auf:

Pressemitteilung: Umweltminister Untersteller in Bad Cannstatt
„Wenn Sie Zweifel haben, hätten Sie mich nicht einladen brauchen…“

Diskussion zur Gefährdung des Mineralwassers durch S21

Minister sind viel beschäftigt und rasen von Termin zu Termin. Klar, dass darunter auch Pflichttermine sind, denen man ungern nachkommt, weil man eher mit Kritik und Vorwürfen von Seiten von Bürgerinnen und Bürgern rechnet. Zu dieser Sorte Veranstaltung zählte wohl auch der Besuch von Minister Untersteller am Montag dieser Woche in Bad Cannstatt. Mehr als ein dreiviertel Jahr nach Einladung durch die Ortsgruppe der Grünen und die Bad Cannstatter Initiative gegen Stuttgart 21, stellt sich Minister Untersteller vor über 200 Bürgerinnen und Bürgern einer öffentlichen Diskussion zur Gefährdung der Mineralquellen durch Stuttgart 21 im Cannstatter Kolpinghaus.

Immerhin: er brachte eineinhalb Stunden seiner wertvollen Zeit mit, um seine Sicht der Verfahrensabläufe darzustellen und für das Vertrauen in sein Amt und die zuständigen Behörden zu werben. Kritikern, die es hier wagen, Zweifel anzumelden, bürstet er barsch mit dem Hinweis ab, „Wenn Sie Zweifel haben, hätten Sie mich nicht einladen brauchen…“. Zweifel wurden dennoch formuliert und auch handfeste Kritik von Experten-Seite. Doch der Reihe nach: Mißmutig nahm der Minister auf dem Podium Platz und wies zu Beginn den souveränen Moderator Norbert Bongartz zurecht, dass die Zeit, die ihm für ein pointiertes Eingangsstatement eingeräumt wurde, auf keinen Fall ausreichend sei. Sein folgender Vortrag machte vor allem eines deutlich: Beim Mineralwasserschutz hat Minister Untersteller eigentlich nichts zu sagen. Das Umweltministerium sei kein Träger öffentlicher Belange in diesem Verfahren. Diese Aufgabe käme vielmehr dem Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart und dem Landesamt für Geologie in Karlsruhe zu. Sein Amt sei nur insoweit einbezogen, als er im Mai letzten Jahres die fachliche Aufsicht über das Amt für die Umweltschutz an sich bezogen haben und deshalb alle Stellungnahmen gegenüber dem Entscheidungsträger Eisenbundesamt (EBA) mit seiner Behörde abgestimmt werden müssten. Politischen Gestaltungsraum sieht er hier nicht, sondern ihm geht es um die Einhaltung aus seiner Sicht klar definierter Verfahrensregeln. Am bisherigen Verfahren kann er zum jetzigen Zeitpunkt keine Defizite erkennen. Er betont, dass er sich schon früh für breite Beteiligung der Öffentlichkeit eingesetzt habe und diese auch beim 7. Planänderungsverfahren für das GWM umgesetzt wurde. Klare Verfahrensregeln und Transparenz sind ihm wichtig. Und er nimmt für sein Amt in Anspruch, sich nicht vor anderen fachlichen Meinungen zu verschließen. In mehreren Runden seien die S21-Kritiker gehört worden und ihre Kritik sei Punkt für Punkt abgearbeitet worden. Nach deren Prüfung sei man aber deren Argumenten nicht gefolgt. Immer wieder betont er das Vertrauen in „seine“ Fachleute. Worauf es gründet, bleibt rätselhaft.

Beim aktuellen 7. Planänderungsverfahren zum GWM habe die untere Wasserbehörde in ihrer Stellungnahme immerhin 50 offene Fragen aufgeführt, für deren zufriedenstellende Beantwortung er sich einsetzen würde. Aber auch hier: nicht er sei zuständig, sondern in diesem Fall das vom EBA beauftragte Regierungspräsidium Stuttgart, das auch über den weiteren Fortgang des Verfahrens entscheide. Die Ernsthaftigkeit des Engagements für den Schutz des Mineralwasser leitete Minister Untersteller auch aus den Investitionen ab, die sein Haus in den kommenden Jahren in die Sanierung des von Altlasten verseuchten EnBW-Gelände beim Gaskessel stecken würde. Er betonte, dass sein Haus das nicht machen würde, „wenn wir den Schutz der Mineralquellen nicht ernst nehmen würden“.

Ursel Beck: „Das Mineralwasser wäre eine verseuchte Brühe und kein Heilwasser mehr“

Ursel Beck stellte in einer kurzen Erwiderung für die Bad Cannstatter Initiative gegen Stuttgart 21 die wichtigsten Argumente vor, die aus Sicht der Kritiker für eine Gefährdung der Mineralquellen durch das Projekt Stuttgart 21 sprechen: Willkürliche Herausnahme des Baufeldes von Stuttgart 21 aus der Kernzone des Heilquellenschutzgebietes; nicht weniger als 14 Ausnahmegenehmigungen von der Heilquellenschutzverordnung, um die Baumaßnahmen zu genehmigen, alles im angeblichen „öffentlichen Interesse“. Beck: „Unserer Meinung nach gibt es kein öffentliches Interesse für den Bau eines Bahnhofes, der schlechter ist, als der jetzige; der ein Sicherheitsrisiko für die Bahnkunden und -mitarbeiter darstellt und der obendrein mindestens 10 Milliarden Steuergelder verschleudern würde.“ Als Hauptgefahren für das Mineralwasser nennt sie die Gefahr der Vermischung zwischen aufsteigendem Mineralwasser und dem Grundwasser bei Baumaßnahmen in der geologischen Risikozone beim Hauptbahnhof. Ferner wird ein südlicher Zustrom des Mineralwassers, der nach neueren Erkenntnissen der Geologen Prestel und Schloz wesentlich für die Mineralquellen in Bad Cannstatt ist, durch den Bau der Tunnelquerung bei Wangen ernsthaft gefährdet. Auf eine weitere Gefährdung habe Professor Thomanetz hingewiesen: durch das geplante GWM ändern sich die Druckverhältnisse im Stuttgarter Untergrund; dies könne zu einer Vermischung zwischen Mineral- und Grundwasser führen. „Das Mineralwasser wäre dann eine verseuchte Brühe und kein Heilwasser mehr.“ Das Grundwassermanagement, von ihr als Grundwassermanipulation bezeichnet sieht sie als Beispiel dafür, dass die Bahn beim Bau völlig im Nebel stochert. Als Beleg zitiert sie den Projektleiter der Bahn, der bei einer öffentlichen Anhörung äußerte: „Ob das Grundwassermanagement funktioniert, wird sich erst im Betrieb zeigen.“ Ausgehend von der Einschätzung von Dr. Ralf Laternser, der das GWM als bisher größtes Experiment an einem Mineralwasservorkommen bezeichnet hat, bekundet sie: „Wir wollen unser Mineralwasser für so ein Experiment nicht hergeben.“ Noch nie habe es so einen brutalen Eingriff in den Stuttgarter Untergrund gegeben.“ Sie kritisierte auch, dass sich Untersteller als Kronzeuge der Projektbefürworter für die These mißbrauchen lasse, die Mineralquellen seien durch Stuttgart 21 nicht gefährdet. Hier hätten die Grünen noch vor der Landtagswahl eindeutig eine andere öffentliche Position bezogen. Die aktuelle laufende Planänderung des GWM dürfe nicht genehmigt werden. „Das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 muß gestoppt werden.“

Professor Thomanetz „Wenn ein Schimpanse in der Wilhelma Schnupfen hat, wird es abgedruckt“

Während das Angebot an Minister Untersteller, für aufkommende Sachfragen von Seiten des Publikums, auch Experten seines Hauses mitzubringen, nicht genutzt wurde, waren die S-21 kritischen Experten gut vertreten. Roland Morlock von den Ingenieure 22 machte nochmal deutlich, dass es nicht Aufgabe der Gegner von Stuttgart 21 sein können, die Fehlerhaftigkeit der Planung und der ihr zugrundliegenden Grundwasser-Modelle nachzuweisen. Vielmehr sei es Aufgabe der Vorhabensträger, die Zuverlässigkeit ihrer Modelle nachzuweisen und die Gefährdung des Mineralwassers auszuschließen; das seien sie bisher schuldig geblieben. Wer sich um mehr als 130% bei seinem Grundwassermodell „verrechnet“, muß sich schon fragen lassen, ob das Vertrauen in seinen Aussagen weiterhin gerechtfertigt ist. Dr. Ralf Laternser wies darauf hin, dass die offiziellen Unterlagen zur 7. Planänderung beim GWM viele Hinweise auf Gefährdungen des Mineralwassers enthalten. Sie seien nur versteckt und mühsam herauszusuchen. Er betonte nochmals die Einzigartigkeit des Projektes, das es so in keiner anderen Stadt geben würde. Das Projekt selber sei die Gefährdung des Mineralwassers und über das GWM würde versucht, die Gefährdung im Zaum zu halten. Ohne dieses Projekt wäre das Mineralwasser sicher. Prof. Thomanetz, der in mehreren Vorträgen und Interviews ausführlich auf die Gefährdung der Mineralquellen durch im Boden schlummernde Altlasten eingegangen ist, die in Folge der geplanten Baumaßnahmen von S21 zu einer Verunreinigung des Mineralwassers führen können, beschränkte sich auf die Kritik an den Stuttgarter Medien und ihre Unterdrückung einer kritische Berichterstattung zu S21: „Wenn ein Schimpanse in der Wilhelma Schnupfen hat, wird es abgedruckt…“. Nicht jedoch sachliche und inhaltlich fundierte Bedenken von Seiten ausgewiesener Experten, die sich zur Gefährdung der Mineralquellen zu Wort melden. Der Geologe Martin Schaffer, der sich seit 1997 ebenfalls mit dem Projekt Stuttgart beschäftigt und insbesondere in der geplanten Neckar-Untertunnelung das größte Risiko für die Mineralquellen in Cannstatt sieht, fragte den Minister nochmals direkt, worauf sich denn bei ihm seine Treue zu und sein Glauben in seine(n) Fachleute stütze, wenn diese Fachbehörde dafür verantwortlich sei, dass man sich totale verrechnet habe. Er wies im Übrigen die Darstellung zurück, dass die vorgebrachte Kritik von S21-kritischen Experten Stück für Stück abgearbeitet wurden. Es gab zwar zwei Gespräche, bei denen Kritiker ihre Position auch im Ministerium formulieren konnten, aber es bestand keine Möglichkeit, die Argumente auszudiskutieren. Die S21-kritischen Experten nahmen den Umgang des Umweltministerium mit ihren Argumenten in keiner Weise als fair wahr. Ein kleines Erlebnis aus dem Jahr 1997 mit Prof. Uffrecht vom Amt für Umweltschutz ist für ihn Beleg dafür, dass bei den für die Kontrolle dieses Projektes zuständigen Ämtern und Behörden damals wie heute ein technokratischer Machbarkeitswahn vorherrscht. Schon damals wurde behauptet, dass man die Eingriffe in das Mineralquellenschutzgebiet beherrschen könne. Dem sei – auch vor dem Hintergrund aktueller Erkenntnisse - zu widersprechen. „Kein Mensch kann wissen, ob das Wasser – das über das GWM in den Untergrund wieder eingespeist wird, wie gewünscht Richtung Baugrube fließen wird, oder doch eher Richtung Neckar.“

Minister Untersteller: „Der erste, der am Haken hängt, bin ich“

Mit dieser geballten Kritik konfrontiert, warb Minister Untersteller nochmals um Vertrauen für seine Fachleute und die des Amtes für Umweltschutz der Stadt Stuttgart. Er betonte, dass von deren Seite nicht leichtfertig mit dieser Kritik umgegangen werde. Schließlich sei er „der erste, der am Haken hängt“. Das ist aber wohl eher das kleinste Problem, das die S21-Gegner und Freunde des Mineralwassers umtreibt.

Bad Cannstatter gegen S21 c/o Wolfgang Isele email: post@cannstatter.net
www.cannstatter.net

Quelle: Bad Cannstatter gegen S21

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4 Antworten zu Pressemitteilung: Kritiker zu S21 bürstet Untersteller barsch ab, „Wenn Sie Zweifel haben, hätten Sie mich nicht einladen brauchen…“

  1. thomas sagt:

    Seine persönliche Verteidigungslinie ist sein angebliches Vertrauen. In „Fachleute“ die bereits bisher der unteren Behörde nicht in den Arm gefallen sind. Völlig wurscht ob dilettantisch oder als Prolerkumpane, nachher hängt eine grüne Plakette am zerstörten Mineralwasser. Mich würde interresieren wie seine Sportskameraden über seine Tischtennisaufschläge und damit über seine Fairness denken.
    Das erinnert an Kretsche dessen Schützen-graben die VA ist. Ungeachtet dessen , daß nur seine persönliche Stresstestanerkennung der Simulation Glaubwürdigkeit gab. Setzt man die Weigerung des grünen Verkehrsministerium dazu , die Bestätigung durch die Württ.Eisenbahn der Leistungsüberlegenheit des Kopfbahnhofes noch in den Landesflyer zur VA zu übernehmen ergibt sich eine wilde Entschlossenheit der Grünen sich S21 als Ersatzthema für Atomenergie nicht aus der Hand nehmen zulassen. Politisch können die nur solange profitieren, bis an jedem Zerstörungsakt eine Plakette klebt – vernichtet durch grüne Expertise.

  2. Dieter Burkhardt sagt:

    Minister Untersteller hängt am Haken. Es darf gelacht werden. Dieser Minister wird sich genauso wie alle anderen Verantwortlichen darauf berufen, daß man schließlich kein Hellseher sei und die mit Sicherheit eintretenden Katastrophen nicht habe voraussehen können.

    • Dieter sagt:

      Herr Untersteller hat sich doch schon von jeder Verantwortung in seiner Einführungsrede befreit. Danach hätte er eigentlich gehen können. Wer vorher sagt das er politisch keinen Einfluss hat und die Verantwortung beim EBA und dem Regierungspräsidium liegt, muss nachher nicht von irgendwelchem Vertrauen reden. Das ist dann schlicht nicht mehr vorhanden. Wenn das Mineralwasser futsch ist, ist Untersteller ja fein raus, hat er doch über gar nichts Verantwortung. Zudem müsste mal geklärt werden, was dieses abgedroschene Wort Verantwortung heißt. Das heißt eben einen Scheiß. Wenn sich die Leute nicht massiv wehren haben sie nachher gar nichts mehr. So sieht es aus und die sogenannten Politiker lachen sich eins und ziehen weiter.

  3. Wo genau war nochmal der Unterschied zwischen einem CDU- und einem Grünen-Minister? Bei der Arroganz der Macht geben sich die zwei Parteien jedenfalls nichts…

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