Trauer um Peter Dübbers, Architekt und Enkel von Paul Bonatz

Trauerannonce Stuttgarter Zeitung/Nachrichten, 14.4.2020

Foto: Timo Kabel, 11.7.2016 bei der 329. Montagsdemo

Pressemitteilung des Aktionsbündnisses gegen S21 vom 13.4.2020

Das Gegenteil eines Wutbürgers

Peter Dübbers war ein Mann des aufrechten Ganges. Friedlich, freundlich und bescheiden, kompetent in der sachlichen Diskussion, politisch konsequent und mit langem Atem, vor allem, wenn es um das Vermächtnis seines Großvaters Paul Bonatz und dessen Hauptwerk, den Stuttgart Bahnhof ging. „Sozusagen das Gegenteil eines Wutbürgers“ so Bündnissprecher Norbert Bongartz, Freund und Mitstreiter des am Karfreitag 81-jährig im Kreis seiner Familie Verstorbenen.

Als Rechtsnachfolger des Urheberrechts von Bonatz reichte Dübbers 2010 Klage vor Landgericht Stuttgart ein gegen den Abriss der beiden Seitenflügel und damit gegen die Verstümmelung des denkmalgeschützen Gesamtbauwerks zu einer sinnentleerten Fassade für eine Shopping Mall und ein Event-Hotel. Dübbers sprang damit mit hohem persönlichen und finanziellen Risiko für ein öffentliches Anliegen ein, für das eigentlich die städtische Denkmalschutzbehörde zuständig gewesen wäre. Aber der hatte der damalige OB Schuster wohlweislich im Vorfeld von Stuttgart 21 wesentliche Befugnisse entzogen.

Der Kampf David gegen Goliath ging verloren. Nachdem die Bahn Dübbers mit fast 40.000 € Anwaltskosten überzogen und ihm existenzvernichtende Kosten für Bauverzögerungen bei Fortsetzung des Rechtsstreits androhte, musste Dübbers aufgeben. Eine Spendenkampagne in der Bürgerbewegung konnte zur Entlastung eines Großteils der Kosten beitragen.

Zuvor hatte es die Bahn neben der Peitsche auch mit Zuckerbrot versucht. U.a. wurde Dübbers die Einrichtung einer Bonatz-Stiftung angeboten, wo er das Vermächtnis seines Großvaters hätte weiter pflegen sollen. Aber Dübbers war nicht käuflich. Es sei abwegig “erst wesentliche Bestandteile des Denkmals Hauptbahnhof zu zerstören, um dann ein neues Denkmal für den Erbauer zu errichten“.

Dübbers gab nicht klein bei. Mit ganzer Kraft engagierte er sich in der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21, u.a. bei den „Architekt*innen für den Kopfbahnhof“, wobei es auch ihm nicht nur um den Erhalt des Kopfbahnhofs, sondern um mehr, um die Kritik an politischer Verantwortungslosigkeit und einem überholten Wachstumsverständnis. Große Auftritte waren nicht sein Ding. Dennoch sprach er mehrfach auf Montagsdemos. In Erinnerung wird seine Rede auf der 89. Montagsdemo im August 2011 bleiben, in der er, nachdem schon der Nordflügel abgerissen war, eindringlich vor der Zerstörung auch des architektonisch viel bedeutenderen Südflügels und des Schlossgarten warnte https://www.youtube.com/watch?v=RCOjq8AHO4M.

Schwerpunkt seines S21-politischen Engagements war die Mitarbeit am Konzept UMSTIEG 21, mit dem, erstmals 2016 mit großer Resonanz vorgestellt, konstruktive oberirdische Alternativen auf der Basis des jeweiligen Baufortschritts entwickelt werden. Sein Anteil waren Planungen für die moderne Rekonstruktion der Bahnhofsflügel in Kombination mit einem Nutzungskonzept, sowie Skizzen für eine gegenüber S21 zeitnähere Wohnbebauung auf dem C-Areal. Noch eine gute Woche vor seinem Tod wollte Peter Dübbers Material für eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung der S21-Anlagen für Güterlogistik zusammenstellen.

Besonders schmerzte Peter Dübbers, das die DB neuerdings die Verstümmelung und Sinnentleerung von Bonatz‘ Hauptwerk geschichts- und kulturvergessen als den „neuen Bonatzbau“ vermarktet. Dübbers Stimme als Verteidiger des Vermächtnisses von Paul Bonatz wurde von den Verantwortlichen genauso wenig gehört wie die anderer großer Stuttgarter Architekten, die den Ausstieg aus S21 bzw. den Umstieg gefordert hatten, wie Prof. Frei Otto, Peter Conradi und Prof. Roland Ostertag.

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