Abgesang auf einen Abgesandten

Rede von Michael Becker, Kernen 21, auf der 603. Montagsdemo[1] am 7.3.2022

Guten Abend,

am 30. April diesen Jahres wird Ronald Pofalla auf eigenen Wunsch und ohne Abfindung als Vorstand der Bahn von Bord gehen. Eigentlich ein Grund zum Feiern, doch der Schaden, den er bei der Bahn und speziell mit seiner Unterstützung für Stuttgart 21 angerichtet hat, ist immens und ein Paradebeispiel für das unheilvolle Wechselspiel zwischen Politik und Wirtschaft.

Als Kanzleramtsminister setzte er sich bei Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Vertragsverlängerung von Bahnchef Grube ein; der wiederum revanchierte sich bei Pofalla, indem er ihn 2015 zur Bahn holte. Dies kam der Kanzlerin sehr gelegen, konnte er sich doch von nun an im Konzern direkt darum kümmern, dass bei Stuttgart 21 weiter alles glatt gebügelt wird, nachdem er – als im Jahr 2013 das Projekt schon einmal auf der Kippe stand – die Staatssekretäre im Aufsichtsrat der Bahn im Auftrag der Kanzlerin davon überzeugte, am Weiterbau fest zu halten.

Fachlich war der 2017 zum Bahninfrastruktur-Vorstand aufgestiegene, gelernte Sozialpädagoge und Jurist stets überfordert. Statt die Ursachen von Verspätungen abzuschalten, ließ er verspätete Züge anhalten, damit sie wenigstens für die Rückfahrt wieder pünktlich sind, was zur Folge hat, dass Haltestellen entfallen und Wagenreihungen oft umgedreht sind. Ausgefallene Züge werden in der Statistik aber nicht als verspätet gezählt.

Diese bahntechnische Bankrotterklärung hat tatsächlich den Namen Pofalla-Wende bekommen. Statt das rollende Material sachgerecht zu warten, schlug er vor, bei defekten Türen die Züge auf der jeweils funktionstüchtigen Seite am Gleis andocken zu lassen.

Seine Inkompetenz hätte ihn wohl kaum daran gehindert seinen Vertrag bis 2025 zu erfüllen oder sogar noch selbst Bahnchef zu werden, wäre da nicht das gescheiterte Projekt Stuttgart 21, das in seinem Zuständigkeitsbereich liegt, und der Regierungswechsel gewesen.

Hier möchte ich gerne das Manager Magazin vom 01.02.22 zitieren: „Wie wenig der neue Verkehrsminister offenbar von ihm hält, zeigt sich schon darin, dass Pofalla bis heute keinen Gesprächstermin bei Volker Wissing gehabt haben soll. Stattdessen sandte der Minister sublime Signale, dass er die Bahn grundlegend reformieren will – ohne Pofalla. Getreu dem Koalitionsvertrag will Wissing eine neue, unabhängige Einheit schaffen, in der die Infrastruktur der Bahn gebündelt ist. Als deren Chef oder Chefin kommt nur eine neutrale Fachkraft infrage, keinesfalls aber ein Politiker und Strippenzieher wie Pofalla.“

Das sitzt – Stoß Nummer 1; Stoß Nummer 2 die sogenannte Kostenexplosion von Stuttgart 21 auf nunmehr von der Bahn zugegebene 9,15 Milliarden Euro, wegen der die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im Aufsichtsrat der Bahn eine Sondersitzung beantragt hat. Diese wird am 18.03.22 stattfinden. Unheil droht, hatte der Blender doch noch vergangenes Jahr verkündet, die Kosten bleiben im Rahmen und der Eröffnungstermin Ende 2025 wird gehalten, was in Anbetracht der vielen Probleme durchaus bezweifelt werden darf. Ende März dann die turnusmäßige Aufsichtsratssitzung mit Bilanzpressekonferenz, gespickt mit schlechten Zahlen, das ist zu viel, da macht er sich lieber vorher dünne.

Ganz im Gegensatz zu uns, wir planen zur Aufsichtsratssitzung nach Berlin zu fahren, um eine Abkehr von dem Bahnverkehrverhinderungsprojekt Stuttgart 21 zu fordern.

Darüber hinaus wird am Wochenende 14.-15. Mai in Stuttgart eine Bahn- Konferenz stattfinden, auf der wir mit einem breit gefächerten Programm Wege aus der jetzigen Situation hin zu einer sinnvollen Bahninfrastruktur aufzeigen werden. Details werden in den nächsten Wochen bekannt gegeben.

Denn wir wollen und werden gemeinsam „Oben Bleiben“!

[1] ab 6.12.2021 wegen Corona-Pandemie jeweils Montags, 18 Uhr, wieder online:
https://www.parkschuetzer.de/videos/ 

Rede von Michael Becker als pdf-Datei

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