Der Gigantismus von Bahn und Politik – braucht‘s des?

Rede von Christoph Ohliger, Bürgerinitiative „Brennerdialog e.V.“, Mitgründer und Sprecher des Aktionsbündnisses Bahn-Bürgerinitiativen Deutschland (ABBD), auf der 652. Montagsdemo am 13.3.2023

Es vergeht kein Tag, an dem nicht über die verpassten Möglichkeiten der Deutschen Bahn diskutiert wird, warum diese nicht einen ähnlichen Standard aufweisen kann wie die Bahnen unserer Nachbarländer. Gleichzeitig gibt es immer wieder Meldungen, dass jetzt Milliarden eingesetzt werden, um dieses Versäumnis aufzuholen. Wir begehen wieder einen Fehler, wenn wir der DB und der Politik vertrauen, dass sie das Richtige für uns Bürger tun wird. Stuttgart hat uns gezeigt, wie Wissen um den idealen Bahnhof weggeworfen wird, um Ruhm und Profit zu erreichen. Nicht anders ist es zu erklären, wie man einen Bahnhof, der passend für den integralen Taktfahrplan ist, auflösen kann. Die Krönung dieser Fehlplanungen wird uns nun gerade von Herrn Theurer präsentiert, indem er die Umsetzung des integralen Taktfahrplans auf das Jahr 2070 verlegt.

Dieses Beispiel setzt sich aber in ganz Deutschland fort, überall werden Großprojekte ausgehoben mit nicht hinterfragten Zielen, wie z.B. 300 km pro Stunde oder einem Ausbauziel, das den wildesten Spekulationen über zukünftige Verkehre Rechnung tragen soll. Es wird nicht hinterfragt, ob es dem Bürger wichtig ist, dass er mit 300 km/h fährt, oder ob es ihm wichtiger ist, pünktliche und verfügbare Anschlüsse zu bekommen. Es wird auch nicht hinterfragt, ob uns Corona und die daraus verpflichtend resultierende Orientierung zur Lokalisierung andere Verkehre bringt. Ist es für den Bürger nicht wichtiger, ein öffentliches Transportmittel von der Haustür bis zu seinem Arbeitsplatz zu haben? Nein! Wir fördern nach wie vor den Gigantismus. 

Unsere Politik verkennt völlig den Hebel zur Reduktion von CO2. Studien des Umweltbundesamtes zeigen, dass 70% der CO2-Emissionen im Verkehr bis 100 Kilometer anfallen. Es geht hier aktuell in erster Linie um Straßenverkehr. Warum kümmern sich Politik und Bahn in erster Linie um Strecken mit größeren Entfernungen als 100 Kilometer? Es geht nicht um uns Bürger, es geht um den Beweis der Machbarkeit solcher Strecken und um unsere Betonindustrie.

Das Schlimmste aber ist, dass wir Bürger für dumm gehalten werden. Auch dieses ist nicht anders erklärbar, wenn uns verkauft werden soll, dass eine Bahnstrecke Ulm-Wendlingen die Metropolen München und Stuttgart so schnell wie noch nie verbindet. Aber schon 1995 waren diese Metropolen durch zwei Stunden Fahrzeit verbunden.

Unsere Bahn hat aber noch etwas Besseres erfunden: die Komplettsperrung von Korridoren. So soll nach aktuellen Planungen z.B. im Oberrheintal eine neue 4-gleisige Strecke entstehen und über 6 Jahre ein Schienenersatzverkehr etabliert werden. Würde ein Verkehrsministerium die Sperrung der A8 zwischen Stuttgart und München akzeptieren?

Reise durch Deutschland mit dem ABBD:

Aktionsbündnis gegen feste Fehmarnbelt-Querung

Die einzige Rechtfertigung für die feste Fehmarnbelt-Querung und den Neubau von 90 km Güter- und Schnellzugtrasse durch Ostholstein ist der Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark von 2008. Eine realistische Bedarfs- und Alternativen-Prüfung hat nicht stattgefunden. Ökologisch, aber auch ökonomisch ist das Projekt eine Katastrophe auf Kosten der Anwohner, der Landwirtschaft und der Natur.

Hamburg Altona BI Prellbock

Die DB plant seit 2005, den Fern- und Regionalbahnhof Hamburg-Altona – ein Kopfbahnhof seit 1895 an diesem Standort – aufzugeben und zwei Kilometer nördlich am Standort Diebsteich neu zu bauen. Kosten ca. 1 Mrd. Euro, Fertigstellung voraussichtlich nicht vor 2030. Der Bahnhof ist von vornherein zu klein, um die Fahrten gemäß Deutschlandtakt störungsfrei abzuwickeln.

Hamburg-Hannover 300 km/h Alpha-E

BI Trassenalarm
Wir von Trassenalarm erwarten von der DB absolute Transparenz und Einbeziehung der Bürger in die Planungen in einem öffentlichen Dialog. Die DB soll sich an den 2015 gefundenen Konsens namens Alpha-E halten und die Planungen einer Neubautrasse sofort einstellen, denn diese zerstört Existenzen, Natur und natürliche Lebensräume der hier lebenden Wildtiere.

Aktionsbündnis gegen Trassenneubau
Seit der Gründung des Aktionsbündnis gegen Trassenneubau (AgT) im Jahr 2014 stehen wir mit unserem Protest für den intelligenten Trassenausbau und für den Lärmschutz der Betroffenen an der Ausbaustrecke. Wir fordern seit 2015, das Ergebnis aus dem Dialogforum Schiene Nord (DSN), optimiertes Alpha E + Bremen, wie beschlossen gegen die Planungswillkür der DB umzusetzen. Den immer wieder aufkommenden Plänen, eine Neubautrasse zwischen Hamburg und Hannover zu errichten, treten wir mit Entschiedenheit entgegen.

Hannover-Bielefeld 300 km/h

BI BIGTAB
Die BIGTAB-Bürgerinitiative setzt sich seit über 20 Jahren für den Ausbau der Bestandsstrecke Hannover-Bielefeld ein. Besonderes Augenmerk liegt hier auf dem Schutz der Naturschutzgebiete ‚Bückeburger Niederung’, dem Hochmoor ‚Schwatten Paul‘ und anderen Naturschutzgebieten am Weser- und Wiehengebirge. Eine zuverlässige Bahn in der Fläche, mit sofortigem Klimaschutz, ist unser Begehr!

BI Pro-Ausbau
Die Initiative Pro-Ausbau sind Bahnfreunde aus dem Landkreis Schaumburg in Niedersachsen, die sich für die Überarbeitung des 3. Zielfahrplans des Deutschlandtakts einsetzen. Dieser Zielfahrplan knebelt die zukünftige Bahn mit verpassten Anschlüssen, Unpünktlichkeit und massenhaft CO2-Emissionen beim Bau der neuen Infrastruktur. Zusammen mit Prof. Dr. Wolfgang Hesse hat Pro-Ausbau konstruktive Verbesserungen vorgeschlagen, die die Politik einfach mal ernst nehmen sollte!

Frankfurt Fernbahntunnel

Frankfurt22
Wie von uns, Frankfurt22 vorhergesagt, wird der Fernbahntunnel ein unzulängliches, brandgefährliches, umsteigefeindliches Milliardengrab, das den Frankfurter Hauptbahnhof auf Jahrzehnte köpfen wird.
Klaus Gietinger: „Nach wie vor haben die Fernzüge von/nach Darmstadt und die der Main-Weserbahn aus keine Einfahrt in den fehlgeplanten Tunnel. Der Brandschutz ist wie bei Stuttgart 21 katastrophal.“

Frankenbahn-für-alle ÖPNV
Die Region zwischen Osterburken und Lauda fordert die Teilhabe an der Frankenbahn, genauso wie all die anderen Gemeinden an der über 180 Kilometer langen Strecke. Deren Züge dürfen nicht weiterhin an den ehemaligen Haltestellen im Umpfertal vorbeirauschen. Nur zusammen mit ihnen ist die vom Land aufgestellte Hürde der 500 Personenkilometer für den Erhalt des Regionalbahnbetriebs zu überwinden.

Brenner Nord-Zulauf 230 km/h

Die Vorzugsvariante des Brenner Nordzulauf ist festgelegt. Sie führt von Grafing nördlich an Rosenheim vorbei und mündet dort in einen mehr als 30 km langen Tunnel. Neben alter Bestandstrasse und 4-spuriger Autobahn kommt sie im Inntal wieder an das Tageslicht.

Einzig die vom Bund geforderte Geschwindigkeit von 230 km/h lässt eine Machbarkeit auf der erneuerten Bestandsstrecke nicht zu. Ein gigantischer Einsatz von Beton und jetzt schon über 7 Milliarden Euro Kosten!

Wir fordern eine Reduktion der Geschwindigkeit, um die modernisierte Bestandstrasse nutzen zu können, auch um die Bevölkerung an dieser Trasse gegen Lärm des Güterverkehrs zu schützen.

Oberrhein IG-BOHR 250 km/h

Nach ca. 15 Jahren Einsatz für einen verbesserten Bahnausbau am Oberrhein (IG-BOHR) fordert die Bahn zwischen Offenburg und Riegel 250 km/h. Das bedeutet konkret, dass die Deutsche Bahn die heutigen Gleise herausreißt und ein neues Bett für 4 Gleise schafft, sämtliche 50 Brücken bis auf eine oder zwei ebenfalls abreißen und neu bauen muss, um dann nach ca. 6 Jahren Schienenersatzverkehr hinter 7 Meter hohen Lärmschutzwänden durch unsere kleinen Städte zu donnern.

Schlusswort:

Alle Bürgerinitiativen im ABBD sind für den Ausbau der Bahn, aber nach einem im Grundgesetz fixierten Prinzip:

Eine verlässliche und pünktliche Beförderung in der Breite!

Nur auf diesem Weg kommen wir zu einem klimaschonenden und in der Breite akzeptierten Beförderungsmittel!

Rede von Christoph Ohliger als pdf-Datei

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