Wir Antisemiten – Peter Grohmanns Wettern der Woche am 30.10.2023

Wir Antisemiten

"Nix gegen Juden im Prinzip, aber man wird ja wohl noch sagen dürfen." Das war gestern. Heute haben wir aus dem sicheren Hinterland stapelweise gute Ratschläge für Israel und die Juden. Die hatten wir damals auch. Unter der Hand riet man den jüdischen Nachbarn seinerzeit: Haut ab, sucht das Weite, verschwindet, wenn sie nicht eh' schon fort waren. Anschließend teilten wir das Tafelsilber und schützten die Täter, so gut es ging. Es ging gut. Da es naturgemäß keine Kollektivschuld gibt, waren wir fein raus. Klar, als alles zu Ende war und die Väter und Täter bei den Müttern wieder die Beine unter den Tisch strecken konnten, mussten viele wegen seelischer Probleme in Behandlung. Das war teurer als die Wiedergutmachung.

Vom Antisemitismus wollten und wollen wir naturgemäß nicht viel wissen, wir haben da böse Erfahrungen gemacht. Antisemitismus ist ja eher unangenehm und bringt einen nur in Verruf. Ein Streichholz zuviel - und schon bist du Antisemit!

Ganz unter uns: Vieles wird ja garnicht so heiß gekocht, wie es gegessen wird. Nur ein Beispiel: Viele sagen ja, der Einfluss der Juden bei uns sei viel zu groß - aber fast 30 % sagen, das stimmt überhaupt nicht! So etwas muss einen doch froh machen, vor allem, wenn man weiß, dass bestenfalls 33 % Gefallen an der Idee finden, dass wir einen Führer haben sollten, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert und sich auch über Gesetze hinwegsetzen kann. Lächerliche 25 % sind der Meinung, dass der Nationalsozialismus auch seine guten Seiten hatte. Übrigens, "die" sind wir. Und nicht alle sind Nazis oder AfD, nein, es sind ja auch viele von unseren, die das so sehen, die auf Republik und Institutio-nen pfeifen und in Menschenrechten eher eine Kunstausstellung sehen. Antisemitismus und Rassismus sind keine Randgruppen-phänomen von Extremisten, sondern tief in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt.

Und was sehen wir? Wie erfolgreich Schule, Bildung auf Aufklärung waren? Bis zur Machtübernahme der Populisten ist es noch ein weiter Weg, auch wenn die rechte Szene (und nicht nur in Deutschland) aus dynamischen Netzwerkern jeglichen Altern besteht. Je mehr die progressive Linke und die demokratischen Ränder der Mitte an Einfluss verlieren, umso zahlreicher werden ihre Analysen zu den Ursachen. Zweifle nicht an dem, der dir sagt, er hat Angst. Aber hab Angst vor dem, der dir sagt, er kennt keinen Zweifel. Wie treffend von Erich Fried. Der Hass auf Juden in Deutschland war nie weg, er hat nur geschlummert. Wie unangenehm. Antisemiten? Nein, natürlich nicht Sie! 

Mensch Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter

 

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Eine Antwort zu Wir Antisemiten – Peter Grohmanns Wettern der Woche am 30.10.2023

  1. Horst Ruch sagt:

    ….aber,… aber Peter Grohmann,
    diesmal geht ihr (Aus)Vergleich schon ziemlich weit auf Nebenwege. Einerseits sind und gelten Sie doch als „der“ Friedensstifter, und vermengen hier Antisemitismus mit Antiisrealismus. Ist zwar von mir eine neue Wortschöpfung, finde die zur gegenwärtigen Lage absolut wichtig, um das Schandbild der „Ultra“-Rechten Kriegstreiber zu unterscheiden. Streng genommen ist Anti-Semitismus keine Aussage gegen Juden , letztlich wäre ein Großteil der Arabischen Bevölkerung mitgemeint.
    Lieber Herr Grohmann, wie paßt das eigentlich zusammen:
    „Mein Name ist Mensch-75 Jahre Menschenrechte…“….und dann °Bomben auf Flüchtlingslager“2023 von wem?????….von diesem Nebenweg müssen Sie die Hauptstraße schnellstens wiederfinden, hoffe ich.

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