Frank Schweizer, Initiator des Netzwerks Kernerviertel, bei der 279. Montagsdemo am 13.7.2015
Offenbarungseid beim Lärmschutz
Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofes,
„Es ist der völlige Wahnsinn“! Damit meinte der Leiter der Technischen Dienste im Projektteam Stuttgart 21 nicht das Projekt selbst. Vielmehr sprach er von den Kosten, die aufgrund notwendiger Lärmschutzmaßnahmen, insbesondere für das Kernerviertel, jetzt plötzlich erforderlich geworden sind.
Im Ausschuss für Technik und Umwelt am 30. Juni musste die Bahn zum Lärmschutz den Offenbarungseid leisten. Der Offenbarungseid zu den Baukosten ist auch längst überfällig. Im Strafrecht heißt das Konkursverschleppung.
Die Stuttgarter Zeitung titelte nach der Sitzung des UTA: „Das Projekt stößt an seine Grenzen.“ Tatsächlich sind die Grenzen längst überschritten. Der Kommentator stellt fest, „die Bahn habe ihre Glaubwürdigkeit verspielt“. Ich frage mich: „Welche Glaubwürdigkeit?“
Ich möchte daran erinnern, dass ein ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart, der für seine Glanzleistungen für unsere Stadt vom Ministerpräsidenten mit dem Professorentitel geadelt wurde, die Meinung verbreitete, dass man von den Bauarbeiten nichts merken werde, da ja alles unter Tage gebaut würde. Den Bahnhofstrog wird er damit wohl nicht gemeint haben. Von der offenen Baugrube für die Haltestelle Staatsgalerie und dem nahe am Mineralwasser liegenden Abwasserdüker hat er damals wohl noch nichts gewusst; so wenig wie von den vielen Zwischenangriffen für die Tunnel-bauten.
Seine Nachlassverwalter geben sich redlich Mühe, die Politik der Unvernunft fortzusetzen. Eine unsägliche Mehrheit im Gemeinderat der Stadt Stuttgart ist gefangen in ihren unvernünftigen Beschlüssen aus der Zeit des Projektjubels. Diese Mehrheit aus Jubel-Räten ist unfähig, aus ihren Fehlern zu lernen. Diese Mehrheit behauptet, Verantwortung zu tragen. Doch wer trägt die Last dieses so verantwortlichen Handelns? Unsere Kinder und Enkel. Sie werden die Zeche für die Unvernunft bezahlen müssen.
Das Bürgerbegehren STORNO war eine der allerletzten Chancen, das Projekt zu überdenken und die Milliardenverschwendung für dieses unsinnige Großprojekt zu stoppen. Doch es ist schon so weit gekommen, dass man sich die Experten aus den Reihen der Projektgegner gar nicht mehr anhören will. Und der Grüne OB befördert ein solches Vorgehen auch noch mit seiner – entscheidenden Stimme.
Es ist ja in der Tat für unsere Volksvertreter unzumutbar, sich Argumente gegen das Projekt immer wieder und wieder anhören zu müssen. Ob sich das wohl ändert, wenn die Zehn-Milliarden-Grenze – wie bereits errechnet – überschritten sein wird? Es wird ja schon von noch viel höheren Projektkosten gemunkelt. Auch die Mehrheit im Landtag pflegt diese Kultur des Wegschauens und der Unvernunft.
Wann wird endlich aufgedeckt, wie der Aufsichtsrat der Bahn manipuliert wurde, um Milliarden zu genehmigen, die er nicht hat, und die er von Land und Stadt einklagen will? Absurder geht es nicht.
Aber deutsche Realpolitiker glauben nach wie vor, den Regierungen in anderen Ländern „Gutes Regieren“ beibringen zu können.
Wir müssen feststellen: Der Wahnsinn geht weiter. Auch wenn man eines fernen Tages Licht in den Tunneln sehen sollte: Es werden Irrlichter der Unvernunft sein.
Der 30. Juni war ein schlechter Tag für die Planer des unsinnigen Großprojektes Stuttgart 21. weiterlesen