Gerichtsverhandlung im Baggerprozess

Prozessbeobachter Wolfgang Rüter hat der BAA-Redaktion den folgenden Bericht über die gestrige Gerichtsverhandlung gegen Cécile Lecomte und Arne Kersting  geschickt.

Rand-Notizen einer Gerichtsverhandlung
Der heute im Landgericht Stuttgart stattgefundene vierte Verhandlungstag im Berufungsprozess zweier Aktivisten hätte durchaus zu einem Urteil und damit zum Ende führen können. Den beiden war Hausfriedensbruch und Nötigung in Zusammenhang mit der Baggerbesetzung am 30. August 2010 am seinerzeitigen Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs vorgeworfen worden. Doch die Verhandlung wurde nach nicht ganz zwei Stunden auf den 12. Juni 2012 vertagt, unter anderem deswegen, weil der geladene Zeuge nicht erschienen war.
Erschienen waren dagegen die beiden Angeklagten Cécile Lecomte und Arne Kersting, zusammen mit ihren Verteidigern Rechtsanwalt Tronje Döhmer und Rechtsanwalt Martin Heiming. Den Vorsitz der Verhandlung hatte der Richter am Landgericht Helwerth, begleitet von zwei Schöffen. Die Staatsanwaltschaft wurde vertreten von StA Höschele. Vertreter der Presse waren nicht zugegen. Die Verhandlung begann um 9:10 Uhr MEZ (die Uhr im Gerichtssaal zeigte allerdings noch die Winterzeit an). Insgesamt waren 14 Zuhörer anwesend.
Der Richter wies schon anfangs darauf hin, dass ihn keine E-Mail erreicht habe, wonach der Zeuge Alfons Plenter vom DB-Projektbüro den Termin nicht wahrnehmen könne (so wie es dessen Sekretärin anscheinend am 22.5.2012 angekündigt hatte). Damit sei der Zeuge der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben. Ferner habe Plenter auch nicht auf das mehrfach erbetene Einreichen von Unterlagen reagiert und dem Richter nicht zukommen lassen, obwohl dieser ihn sogar noch vor kurzem auf das Fehlen telefonisch aufmerksam gemacht habe. Er, der Richter, habe bis heute zur Verhandlung nichts mehr von Herrn Plenter gehört, nur die Information von dessen Sekretärin.
Verteidiger Heiming musste während der Verhandlung bemängeln, dass die vom Gericht zugesandten Unterlagen, aus denen der Richter vortrug, nicht mit Seitenzahlen versehen waren und er somit nicht folgen könne, aus welchem Blatt der Richter im Einzelnen gerade vortrug. Dafür entschuldigte sich der Richter auch mit dem Hinweis, dass wohl alles erst spät zu den Akten gegeben sei sowie alles etwas durcheinander gekommen sei, was er mit Handfuchteln demonstrierte. Er kam auch mit den vielen zuständigen Namen der DB-Bereiche - z.B. DB Projektbau, DB Netz AG usw. - nicht ganz zurecht und meinte dann: "Sagen wir einfach mal die Bahn.“
Die Zuhörer als Prozessbeobachter hatten so letztendlich auch den Eindruck, als würde hier irgendwie alles ein wenig durcheinander gehen.
Der Richter gab auch noch zu verstehen, dass er gehofft hatte, bis zum Mittag dieses Tages zum Schluss zu kommen. Dies sei nun aber durch den Zeugenausfall nicht möglich gewesen. Deshalb vertagte er die Verhandlung auf den 12. Juni und gab außerdem zu Protokoll, dass dem Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 Euro aufzuerlegen sei und dieser die Kosten des Prozesstages zu tragen habe. Danach verlas er noch eine Vielzahl an Beweisanträgen der Angeklagten, die aber abgelehnt wurden. Zum Plädieren durch die Verteidiger kam es nicht.

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