Rede von Steffen Siegel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder e.V., auf der 349. Montagsdemo am 5.12.2016 – mit Krautkopf im Arm

Wir klagen nicht nur über, sondern auch gegen Stuttgart 21!

Schaut euch dieses frisch geerntete, herrlich glänzende Filderspitzkraut an! Über Jahrhunderte hat es unsere Vorfahren ernährt. Heute glänzen vor allem die Augen dieser Wachstumsdrogenabhängigen, die diesen weltweit einzigartig fruchtbaren Filder-Lössboden bedenkenlos durch Beton ersetzen wollen. Im Bruchteil eines Menschenlebens zerstören sie unsere Lebensgrundlage für alle Ewigkeit und behaupten dreist, das wäre ein Geschenk für uns.

Vor knapp 50 Jahren planten sie auf den Fildern einen Großflughafen mit drei Startbahnen. Dies war die Geburtsstunde der Schutzgemeinschaft Filder. Wir konnten dies abwenden und vieles mehr, z.B. verhinderten wir vor 8 Jahren, dass sich eine zweite Startbahn über unsere Felder ergoss.

Inzwischen kämpfen wir seit nunmehr 22 Jahren gegen die Heimsuchung durch Stuttgart 21. Was wollen denn diese Drogensüchtigen ausgerechnet auf unseren Feldern?

Nun, von Westen her sollen die Züge aus Zürich und Singen in Rohr zum Flughafen umgeleitet werden und dann ohne Halt hinter langsamen S-Bahnen herzuckeln, die mehrmals halten müssen und sich durch zu enge Tunnel quetschen.

Von Osten her sollen Schnellzüge aus Ulm und Regionalzüge aus Tübingen an Wendlingen vorbei über die Filderebene zum 27m unter der Messe gelegenen Halt donnern. An keinem Filderort hält auch nur einer dieser „neuen“ Züge, nur am Flughafen.

Es ist also Quatsch zu behaupten, durch S21 würde die Filder verkehrlich erschlossen. S21 beeinträchtigt den S-Bahnbetrieb, zerstört beste Böden und macht Lärm. Der Flughafen dagegen erhofft sich 1,2 Mio. mehr Flugpassagiere, d.h. hier wird die Bahn zum Zulieferer für das klimaschädlichste Verkehrsmittel, das Flugzeug. Der Flughafen zahlt deshalb 359 Mio. Euro für S21, träumt weiter von einer zweiten Startbahn, und ist dabei, hier oben eine Airportcity zu bauen. Die Herren sprechen von mehr Mobilität und meinen dabei eigentlich nur mehr Immobilien, und ihre Augen glänzen.

S21 führt zu einer gigantischen Versiegelung (auch wenn es so heißt, ich habe damit nichts zu tun!), zu einer ca. 100m breiten, unüberwindbaren Schneise quer über die Filder, bestehend aus einer auf acht Spuren erweiterten Autobahn, dann eine Trasse für den ICE, dann eine Landstraße und meist noch ein Erschließungsweg. Ein über 100 m breiter Grenzstreifen, wehe, jemand wollte diesen ernsthaft zu Fuß oder mit dem Rad queren. Donald Trump denkt da konsequenter, er hätte gleich eine Mauer gebaut.

Die Bahn stellte erstmals 2002 einen Antrag auf Planfeststellung dieses Filderabschnitts 1.3. Dieser Antrag war so schlecht, dass erst 12 Jahre später, also Ende 2014 eine Anhörung dazu stattfand. Diese Anhörung endete, nicht zuletzt unseretwegen, in einem Fiasko für die Bahn. Stichworte: unzulässiger Mischverkehr, gefährlicher Tiefbahnhof unter der Messe, Kapazitätsprobleme im Tunnel nach Stuttgart usw. Es hieß, der Planfeststellungsbeschluss (PFB) für 1.3 müsse Anfang 2015 vorliegen, nur dann werde S21 im Jahr 2021 fertig. Schließlich sei man ja bereits 2 Jahre im Verzug.

Der Termin ist längst vorbei und in ihrer Not ziehen sie einen ganz windigen Trick aus der Tasche: Sie teilen 1.3 in 2 Abschnitte a und b. Sie selbst sagen, 1.3b werde zurückgestellt und erst zwei weitere Jahre später fertig und behaupten, damit habe man alles im Griff.

Ja wird denn ein Projekt schneller fertig, wenn man einen wichtigen Teil zwei Jahre zurückstellt? Offensichtlich haben die alle den gesunden Menschenverstand längst überwunden.

Wenn 1.3 b zwei Jahre später fertig würde, hieße dies, die Direktverbindung Zürich – Stuttgart müsste für mindestens zwei Jahre gekappt werden, es gäbe kein funktionierendes Notfallkonzept mehr für die S-Bahnen usw.

Wir fordern das einzig Richtige: nämlich den Erhalt der Gäubahnführung über die Panoramastrecke und einen S-Bahnringschluss nach Wendlingen.

Im nun vorliegenden PFB für 1.3a findet sich praktisch nichts vom Schutz der Filder und nichts von unseren Alternativvorschlägen. Deshalb haben wir uns durchgerungen, dagegen zu klagen. Unser Rechtsanwalt, Dr. Tobias Lieber aus Freiburg, hat sowohl einen umfassend begründeten Eilantrag gegen den Sofortvollzug als auch heute eine Klage gegen den PFB 1.3 a eingereicht. So wurden z.B. Umwelt- und Naturschutzbelange, für die die Schutzgemeinschaft als klageberechtigter Umweltfachverband steht, nicht ausreichend abgewogen.

Unser Rechtsanwalt hält die Aufteilung des Filderabschnitts 1.3 in zwei Teilabschnitte a und b sowie den Verzicht auf eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit am hier vorliegenden Abschnitt 1.3a für rechtsfehlerhaft. Das Regierungspräsidium und das Eisenbahnbundesamts (EBA) müssen sich angesichts der von uns vorgelegten Alternativen, vor allem gegen die mit dem Abschnitt 1.3a bereits teilweise vorbestimmte Führung der Gäubahn über den Flughafen schwerwiegende Abwägungsdefizite vorhalten lassen.

Euch zur besonderen Freude zwei wörtliche Zitate aus dem PFB: „Der Finanzierung stehen keine unüberwindbaren Schranken entgegen“. Da fragt man sich, haben die noch nie was vom Bundesrechnungshof gehört oder von Dr.Vieregg oder von den Grundrechenarten?

Zum geforderten Integralen Taktfahrplan (ITF), einem genialen Prinzip der Schweizer Bahn fällt dem EBA nichts anderes ein als: „Die von Einwendern geforderte Einbindung in den ITF ist vom Vorhabenträger wegen fehlender Zweckmäßigkeit nicht vorgesehen.“ Das ist einfach frech. Der PFB strotz vor Unkenntnis und vor skandalösen Fehlbewertungen. Er ist eine Verhöhnung sich engagierender Bürger, das darf man sich nicht gefallen lassen.

Aber, eine Klage kostet viel Geld! Die anstehende Eilentscheidung gegen den Sofortvollzug und die Klageerhebung werden bereits im ersten Schritt in Bereiche von 15.000 bis 20.000 € kommen. Das ist für eine Bürgerinitiative kaum zu stemmen. Wir sind deshalb auf erhebliche Spenden von euch angewiesen.

Rüdiger Grube verdient laut „manager magazin“ (18.11.2016) jährlich 2,4 Millionen Euro, das ist obszön! Er will seinen auslaufenden Vertrag nur dann verlängern, wenn er „deutlich mehr“ bekommen würde. 2,4 Millionen, das heißt, er verdient täglich etwa 6600 Euro.
Die von mir oben genannten 20.000 Euro, die wir jetzt brauchen, verdient der „ehrbare Hamburger Kaufmann“, wie er sich selbst nennt, in nur drei Tagen!!! Wenigstens einen Tagesverdienst könnte er uns doch spenden. Oder?

Es wird aber wohl an uns hängen bleiben. Und so bitte ich euch, spendet, spendet ordentlich für unsere Klage!

S21 gehört gestoppt, Umstieg 21 ist jetzt gefragt. Wir wollen dazu beitragen. Dieser Krautkopf hier bedeutet Leben. Er allein ist mehr wert als das gesamte Un-Projekt S21!

Die Filder leben lassen! Oben bleiben!

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