Butscha – ein Versuch

Peter Grohmanns Wettern der Woche am 4.4.2022

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https://youtu.be/Piq_TrOlD3w

 

Butscha – das kennen wir aus Vietnam, als die Armee der Freien und Gleichen mit Flammenwerfern die Hütten niederbrannte, in die sich die Menschen geflüchtet hatten – Alte, Frauen, Kinder, Familien. Das war gestern. Doch Klartext für heute: Wer die Zahl der Toten, der Ermordeten, der Opfer des "Westens" benutzt, um Putins Kriegsverbrechen zu verkleinern, ist moralisch bankrott.

Amnesty International hat im Laufe des russischen Überfalls Angriffe des russischen Militärs auf die zivile Infrastruktur dokumentiert – auch auf Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten und Wohnviertel. Über die Zahl der Opfer ist das meiste bekannt. Im Norden der Ukraine hat Amnesty International u.a. einen Angriff mit Streumunition auf eine Schule dokumentiert, bei einem gezielten Fliegerangriff auf eine Gruppe Hungernder, der um Essen anstand, wurden 47 Zivilpersonen getötet.

Amnesty International kann belegen, dass die russischen Streitkräfte wahllos mit Streumunition, mit Waffen von großflächiger Wirkung wie ungelenkten Fliegerbomben (dumb bombs) und Salven von Mehrfach-Raketenwerfern (MLRS) auf Städte, Gemeinden und dichtbesiedelte Gebiete die Infrastruktur des täglichen Lebens der Zivilbevölkerung zerstören. Wahllose Angriffe, bei denen Zivilpersonen getötet oder verletzt werden, stellen Kriegsverbrechen dar und verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen. Aber:

Der Internationale Strafgerichtshof, eingerichtet von den Vereinten Nationen 1998, dokumentiert, untersucht und sühnt zwar schwerste Verbrechen des Völkermords, gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression. Doch Staaten wie die USA, Russland und China haben das Statut nicht ratifiziert – und damit die Kompetenz des Gerichts nicht anerkannt.

Ob anerkannt oder nicht: Die Kriegsverbrechen von gestern sind selten oder nie sanktioniert worden, von Babi Jar über My Lai, vom Ungarnaufstand 1956 über den Algerienkrieg nach Grosny, von Halabja nach Chile oder Argentinien oder Prag. Wie militärische Lösungen heute aussehen, könnte die Welt, wenn sie wollte, in Afrika besichtigen, in Afghanistan, Syrien, im Jemen, in Äthiopien, im Sudan – und morgen in der Ukraine, wenn die Bilder nicht mehr zensiert werden.

Tod und Terror, Ruinen, zerstörtes Land, Folter, Vergewaltigung, Totschlag und Massenmord sind Kriegsalltag – auf allen Seiten. Butscha ruft uns das vielleicht in Erinnerung, und vielleicht auch, dass die direkt und indirekte Beteiligten Atomwaffen haben. Sprechen wir mit unseren Schwestern und Brüdern.

 

 

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