Rede von Dieter Reicherter, ehemaliger Staatsanwalt und Vorsitzender Richter am Landgericht Stuttgart, auf der 379. Montagsdemo am 31.7.2017
Gerichtliche Ohrfeigen für taube Ohren im Staatsministerium
Liebe Freundinnen und Freunde,
„Unerhört. Ungeklärt. Ungesühnt.“ heißt das Buch, das Jürgen Bartle und ich über den Wasserwerferprozess geschrieben haben. Juristisch geklärt ist immerhin inzwischen, dass der Polizeieinsatz vom 30.9.2010 im Stuttgarter Schlossgarten rechtswidrig und unverhältnismäßig war. Aber gesühnt ist nichts. Die Verantwortlichen, vor allem auf politischer Ebene, wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Von der Polizei hat sich niemand entschuldigt.
Als erhört kann man auch nicht bezeichnen, wie das grün geführte Staatsministerium mit dem berechtigten Anliegen eines Bürgers, dazu einiges aufzuklären, umgegangen ist. Eher schon als unerhört. Darüber will ich heute berichten. Einige von Euch werden bereits wissen, dass ich über zwei Instanzen einen Prozess gegen das Staatsministerium des Landes führen musste, weil dieses mir – wie der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim jetzt festgestellt hat, zu Unrecht – Einsicht in Akten verweigert hat. Euch allen gilt der Dank für Unterstützung und Anerkennung, die mir von vielen Seiten während dieses Verfahrens zuteil geworden sind, vor allem auch für die vielen Glückwünsche nach Bekanntwerden des Urteils.
Worum ging es? Seit ich als Unbeteiligter in den Polizeieinsatz geraten war und Art und Weise des staatlichen Umgangs mit Bürgerinnen und Bürgern öffentlich kritisiert hatte, ist mir ein Anliegen, die Geschehnisse und deren Hintergründe aufzuklären. Dabei kann man sich nicht auf den Ablauf des Polizeieinsatzes beschränken, sondern es geht auch um die Vorbereitung und die spätere Vertuschung, nicht zuletzt auch um unvertretbare und sogar rechtswidrige Eingriffe in die Natur. Man denke nur an die verbotenen Baumfällungen. Deswegen stellte ich im Dezember 2012 beim Staatsministerium einen Antrag nach dem Umweltinformationsgesetz. Dieses Gesetz ist vorgegeben von der Europäischen Union, das den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Bereich „zur Schärfung des Umweltbewusstseins“ sehr weitgehende Einsichtsrechte in Behördenakten gibt. weiterlesen