Rede von Martin Poguntke, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Theologinnen und Theologen gegen Stuttgart 21, auf der 610. Montagsdemo am 2.5.2022
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
in knapp zwei Wochen, am Samstag, 14. und Sonntag, 15. Mai, findet ja in Stuttgart im Gewerkschaftshaus die große Konferenz „Klima-Bahn statt Beton-Bahn“ statt. Auf der Konferenz soll es durchgängig darum gehen: Was macht eigentlich die Bahn zu einer „Klima-Bahn“?
In den Medien und in den Äußerungen des Bundesverkehrsministeriums wird immer wieder der Eindruck erweckt, allein der Umstand, dass man Milliarden in die Bahn pumpt, mache die Bahn schon besser oder gar zu einer Klima-Bahn. Aber dem ist ganz und gar nicht so – sehr oft sogar im Gegenteil.
Also: Was macht eigentlich eine Bahn zu einer Klima-Bahn?
Ganz einfach: Sie muss möglichst viel Autoverkehr ersetzen. Und sie muss in Bau und Betrieb deutlich weniger CO2 erzeugen als durch den ersetzten Autoverkehr eingespart wird. Wenn die Bahn zwar ein paar tausend Leute mehr vom Auto in den Zug bringt, dabei aber einen Haufen Energie verbraucht, dann ist sie dennoch keine Klima-Bahn.
Es gibt da mehrere Stellschrauben, wie die Bahn zur Klima-Bahn wird:
- Die erste ist, ganz grundsätzlich: Bahnverkehr muss attraktiv sein, damit viele Leute sagen: Ich bin doch nicht blöd und fahre Auto, wenn Bahnfahren so viel angenehmer ist. Und damit Bahnfahren angenehm ist, müssen die Züge sauber, pünktlich, bequem zu erreichen sein und häufig fahren. Alle diese eigentlich Selbstverständlichkeiten gehören zu einer Klima-Bahn.
- Eine weitere Stellschraube ist: Die Gleisstrecken und Bahnhöfe, die die Bahn baut, dürfen beim Bau keine großen Mengen an CO2 erzeugen. Das heißt vor allem: Es darf nicht zu viel Beton eingesetzt werden, der ja bei der Herstellung riesige Mengen an CO2 erzeugt – Beton ist weltweit einer der größten Klima-Treiber. Deshalb – und weil eine Klima-Bahn möglichst wenig Landschaft verbrauchen soll – gilt für eine Klima-Bahn der Grundsatz: lieber bestehende Strecken verbessern als aufwändige neue Strecken bauen. Und: beim Bauen lieber über dem Boden bleiben als in der Erde, weil Tunnel extrem viel Stahlbeton verbrauchen.
- Eine dritte Stellschraube ist: Die Gleisstrecken und Bahnhöfe, die die Bahn baut, dürfen im späteren Betrieb ebenfalls keine großen Mengen an CO2 erzeugen. Deswegen dürfen die Gleisstrecken nicht zu steil sein und sollen durch möglichst wenige Tunnel führen, weil Steigungen und Tunnel den Energieverbrauch extrem erhöhen. Und die Bahnhöfe müssen natürlich möglichst ohne Rolltreppen, Aufzüge, Klimaanlagen und Beleuchtung auskommen – weil das alles Energie verbraucht.
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