Offener Brief: Einschränkung der Pressefreiheit bei der Räumung des Stuttgarter Hauptbahnhofes

an die Verantwortlichen der Räumung des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofes in der Nacht vom 26. auf den 27.07.2010.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Am 26.07.2010 besetzten Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger den Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofes um gegen das umstrittene Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 zu demonstrieren. Um eine Berichterstattung der Ereignisse im Bahnhofsgebäude zu gewährleisten begleiteten mehrere Journalisten die Demonstrierenden nach drinnen.

Gegen 23:00 Uhr begann die Polizei das Gebäude zu räumen. Wir, Christian Grodotzki, Ruben Neugebauer und Maik Hoffmann, befanden uns zu dieser Zeit noch, als letzte Vertreter der Presse, im besetzten Teil des Bahnhofs. Anfänglich konnten wir, als (mit sichtbar getragenen Presseausweisen) gekennzeichnete Journalisten noch weitgehend unbehelligt fotografieren und somit eine freie Berichterstattung gewährleisten. Gegen 00:00 Uhr wurden wir jedoch, ohne Vorwarnung oder Aufforderung das Gebäude zu verlassen, von der Polizei festgenommen und damit an der weiteren Dokumentation des Geschehens gehindert. Zudem wird uns ein Hausfriedensbruch vorgeworfen.

Wir sehen darin eine massive Einschränkung der Pressefreiheit.

Begründung:

Der Polizeieinsatz wurde von uns nicht im Geringsten behindert und wir haben die Beamten mehrfach auf unseren Pressestatus hingewiesen und uns entsprechend ausgewiesen.

Der Vorwurf des Hausfriedensbruchs ist für uns nicht nachvollziehbar, da wir mit der Menge der Protestierenden durch eine offene Tür in das Gebäude gelangt sind, nie aufgefordert wurden das Gebäude zu verlassen und zudem ein unverkennbares öffentliches Interesse am Geschehen im Bahnhof vorlag.

Erschreckend war für uns auch, wie während und nach der Festnahme mit uns umgegangen wurde. Wir wurden ohne ersichtlichen Grund mit Kabelbindern gefesselt und aus dem Haus geführt. Auf den wiederholten Hinweis über das öffentliche Interesse am Geschehen und unsere Pressetätigkeit folgten Antworten wie ?Ihr seid keine Presse, ihr seid jetzt Straftäter!? oder ?Ist mir doch scheißegal!?. Wir wurden daraufhin unangeschnallt und gefesselt mit Blaulicht und hoher Geschwindigkeit in die Gefangenensammelstelle im Polizeipräsidium Stuttgart verbracht, dies stellt eine  nicht hinnehmbare und völlig unnötige Gefährdung unserer Sicherheit dar. Außerdem wurde uns über längere Zeit der Zugang zu Toiletten und Getränken verwehrt. Allgemein waren die Zustände in der Gefangenensammelstelle mehr als chaotisch, zum Beispiel konnte die Polizei über  eine Stunde lang die Handschellen eines der festgenommenen Aktivisten nicht öffnen, da die entsprechenden Schlüssel nicht auffindbar waren.

Unter Anderem diese Umstände und das mehrfache zeitaufwändige Aufnehmen unserer Personalien  sowie mehrere Durchsuchungen führten dazu, dass wir erst gegen halb vier Uhr morgens aus dem Polizeigewahrsam entlassen wurden.

wir sehen darin eine Verletzung des Grundrechts der Pressefreiheit (§5 Abs. 1 GG). Wir fordern Sie auf, den Vorwurf des Hausfriedensbruchs zurückzunehmen. Die Festnahme und die folgenden Maßnahmen waren rechtswidrig und grob unverhältnismäßig. Wir werden rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen prüfen.
Mit freundlichen Grüßen,

Christian Grodotzki
Ruben Neugebauer

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LiteratInnen gegen den Bahnhofsabriss

Unter dem Motto LiteratInnen gegen den Bahnhofsabriss läuten Stuttgarter AutorInnen am Mittwoch, den 28. Juli 2010 ab 20:30 Uhr den neuen Kulturmittwoch am Nordflügel des Hauptbahnhofs ein. Elisabeth Kabatek, Stefanie Wider-Groth und Heinrich Steinfest lesen aus eigenen Werken. Der bekannte Stuttgarter Schauspieler Walter Sittler unterstützt sie mit Kästner-Texten.

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Bericht einer Besetzerin

Parkschützerin Nr. 225 Sylvia Heimsch auf der Parkschützer-Seite:

Guten Morgen allerseits!

Ich (Architektin - z.Zt.mehr Hausfrau, 3 Schulkinder, bürgerlich, mit Haus und Garten und wie man´sich´s so vorstellt) bin gestern, nachdem ich lange die Leiter mit festgehalten hatte, auch spontan hochgeklettert obwohl ich tierische Höhenangst habe. Drinnen traf ich etliche Parkschützer. Die Stimmung war ausgelassen und dennoch sehr diszipliniert, wenn es Besprechungen gab.
Ich bedanke mich vor allem bei den vielen Menschen, die rund um das Gebäude im strömenden Regen stundenlang ausharrten. Diese hatten es meiner Meinung nach viel schwerer als wir, die wir nur im Trockenen auf den Abtransport warten mußten. Das war eine beachtliche Solidarität! Von oben konnte man auch sehr gut beobachten, wie gut einzelne immer wieder aufgeladenen Situationen deeskalierten. Wir sahen auch, wie Polizisten in der Regel auf Verbalattacken sofort mit starkem Schubsen reagierten.
Auch dass eine Räumung des Platzes nicht durchführbar war, war das Verdienst der zahlreichen Demonstranten vor Ort. Die Masse hat´s gebracht. Bei der Räumung und beim Transport zum Pragsattel und auch dort lief alles wohl ziemlich normal ab. Die Stimmung war durchweg sehr lustig und ausgelassen. Zwar wurden uns "Erstgeräumten"
Handschellen, mit den Händen auf dem Rücken, angelegt, was vor allem im Polizeibus, der mit einem Affentempo zum Pragsattel raste, sehr unbequem war. Zudem sprang mein Gurt auf (er rastete schon anfangs andauernd nicht ein), so dass ich völlig ungesichert war und mich nur mit den Füßen verkeilen und abstützen konnte. Egal, bei der Polizei herrschte dann wieder eine Super-Stimmung, das volle Chaos, weil wir so viele waren. Sie erzählten sich auch untereinander von ihrem unkoordinierten Einsatz am Hbf und vom Zuständigkeitswirwar. Zuerst waren wir mit ca. 10 Leuten kurz in einer Zelle, bevor jeder fotografiert und alle Habseligkeiten penibel aufgelistet wurden (jedes fetzchen), bis sie aus lauter Personalnot etwas oberflächlicher werden mußten. Wir hörten auch öfter, dass die Beamten sich auch gegen S21 aussprachen und privat mit uns sympathisierten. Dann wurde es nochmal heftig, denn ich dachte, jetzt haben sie ja alles, jetzt kann ich gehen. Falsch gedacht: Es ging hoch in den ersten Stock, ein langer Flur mit lauter nach aussen öffnenden Türen, so komische Hebel und Klappen dran! Ups, überall standen Schuhe davor. Tür auf, ich rein, Tür zu. Kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen. Gottseidank war schon eine Besetzerin drin. Man hatte uns nichts über die Dauer unseres Verbleibes in dieser "minus 3-Sterne-Absteige" gesagt. So richtete ich mich seelisch auf die ganze Nacht ein, zumal vom Flur der Gesprächsfetzen von einem Disput gegenüber drang: "...das können Sie dann auch noch morgen früh...". Wir froren, saßen bei Neonlicht auf unseren Holzmatratzen mit Härtegrad 10 oder 20 und spielten "Stadt, Land, Fluß". So ging das eine Stunde. Wir hatten kein Wasser(Trinken), keine WC-Spülung, keine persönlichen Gegenstände. Dann hörten wir woanders Wasserspülungen und dachten uns, dass es wohl doch keine Schikane sei mit dem Wasserentzug. Wir klopften und betätigten den Notrufknopf. Als dann endlich jemand kam (im ärztlichen Notfall wären wir bis zum Eintreffen der Beamten schon tod gewesen; wobei die Schwestern im Robert-Bosch-Krankenhaus auch nicht schneller kommen), waren die wirklich sehr nett, versuchten noch, es zu reparieren. Das war dann wieder sehr komisch, denn als einer die WC-Spülung betätigte, schoss ein Wasserstrahl aus dem Wasserauslass am Waschbecken (wobei Waschbecken nur grob den tatsächlich vorhandenen "Sanitärgegenstand" beschreibt. So wurden wir dann (ausnahmsweise ohne die eigentlich notwendigen Handschellen) zu drei anderen Frauen verlegt, von wo aus es dann auch bald zur "Freilassung" ging. Nach Erhalt unserer Habe wurden wir im Dreierpack von 2 Beamten durch Gebäudeteile und über einen Hof zum Ausgang begleitet und dort, für mich völlig überraschend, gegen 2.00 Uhr heute Morgen von vielen Demonstranten mit tosendem Applaus und Kaffee in Empfang genommen!

Vielen Dank an ALLE so friedlich, nett und lustig Beteiligten für diesen gelungenen Abend/Nacht!!!
Damit meine ich auch die Polizei. ich werde noch meinen Enkeln von diesem denkwürdigen Erlebnis berichten - immer, wenn ich sie dann vom Zug im Kopfbahnhof in Stuttgart abhole (und die werden innerlich stöhnen und denken:"Jetzt kommt die Oma wieder mit DER ollen Geschichte von der Besetzung 2010!")

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Umfrage zum Bahnhofsbesuch

Auf www.stuttgarter-zeitung.de gibt es eine Umfrage:

Am Montag haben Demonstranten gegen Stuttgart 21 den Hauptbahnhof besetzt. Wie stehen Sie zu dieser Protestaktion?

Jetzt abstimmen!

www.stuttgarter-zeitung.de

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StN: Neubaustrecke wird deutlich teurer

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.bahn-chef-grube-bahnstrecke-nach-ulm-deutlich-teurer.be651384-93ac-43a0-83aa-a20efcdbc5f5.html

http://www.tagesschau.de/multimedia/video/sendungsbeitrag62174_res-.html

http://www.welt.de/wirtschaft/article8675525/Stuttgart-21-Projekt-wird-teurer-als-geplant.html

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Presseresonanz Bahnhofsbesetzung

Stuttgarter Zeitung #1 Stuttgarter Zeitung #2 Stuttgarter Zeitung #3

Stuttgarter Nachrichten

ZDF heute

Esslinger Zeitung

SWR Webseite

Landesschau

Ad Hoc News / ddp-Bericht

Video der Anstifter

BILD

Regio-TV

Tagesschau

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PE: Bürgerbahnhof wird mit Jubel begrüßt

Presseerklärung vom 27. Juli 2010
Demonstranten fordern: „Kein Abriss für ein gescheitertes Projekt“

Stuttgart, 27. Juli 2010: Gestern Abend gegen 18 Uhr gelang es mehreren Gegnern von Stuttgart 21, in den inzwischen leerstehenden Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs einzudringen. Kurz darauf konnten sie über Leitern und durch Fenster einen Zugang für die anwesenden Bürger schaffen. Die Demonstranten forderten, dass aktuelle Fakten und Zahlen zur Neubaustrecke Wendlingen-Ulm veröffentlicht werden, damit nicht mit dem vorgezogenen Abriss irreparabler Schaden angerichtet wird. Für das gescheiterte Projekt Stuttgart 21 dürfen nicht noch mehr Steuergelder verschwendet werden.

Die Aktion fand parallel zur Montagsdemo gegen Stuttgart 21 statt, die mit weit über 5.000 Teilnehmern sehr gut besucht war. Viele wollten ebenfalls in das Gebäude. Trotz wiederholtem Polizeiaufmarsch gelang es Teilnehmern, darunter auch SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch, über Leitern und Vordach in das Gebäude zu steigen. Insgesamt besetzten so über 50 Stuttgarter Bürger den Nordflügel des Bahnhofs. Tausende bejubelten sie und versorgten sie über Seile mit allem Notwendigen.

„Die Menge war begeistert, als sich die Fenster über dem verrammelten Erdgeschoss öffneten und verschiedene Banner entrollt wurden, u.a. mit der Aufschrift 'Bürgerbahnhof'“, sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. „Die gesamte Aktion verlief sehr gut und absolut friedlich. Es zeigte sich erneut, dass die Gegner von Stuttgart 21 genau wissen, dass sie gegen ein Wahnsinnsprojekt und nicht gegen die Polizei kämpfen.“

Der Nordflügel war über Stunden hinweg belagert, dadurch waren die Räumungsbestrebungen der Polizei lange aussichtslos. Ab 23 Uhr hatte die Polizei schließlich genügend Kräfte mobilisiert und begann mit der Räumung. Mindestens 52 Personen wurden festgenommen, darunter drei Fotojournalisten, die über die Leitern an den Ort des Geschehens gelangt waren. Entgegen allen Regeln wurden die Journalisten trotz der vorgezeigten Presseausweise festgenommen, ohne vorherige Aufforderung, das Gebäude zu verlassen. Auf der Polizeiwache wurden sie mehrfach durchsucht und ihre Personalien festgestellt.

Die Versammlung vor dem besetzten Nordflügel wurde von der Polizei zwar für aufgelöst erklärt, die Teilnehmer blieben jedoch aus Solidarität mit den Besetzern an Ort und Stelle. Die angedrohte Räumung durch die Polizei blieb jedoch aus.

Erst lange nach den ersten Festnahmen von Besetzern lichteten sich die Reihen der Demonstranten: Die Leute zogen zu den verschiedenen Polizeiwachen, um die freigelassenen Besetzer mit heißem Kaffee in Empfang zu nehmen. Mittlerweile sind alle wieder auf freiem Fuße.

Sowohl die Besetzung als auch die Versammlung rund um den Nordflügel blieben friedlich. Zwei einzelne gewaltbereite Zaungäste konnten in guter Zusammenarbeit von Demonstranten und Polizei neutralisiert werden, sodass der gewaltfreie Protest gegen Stuttgart 21 nicht gefährdet war.

Rückfragen an Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer, Tel. 0174-7497868

Presseerklärung und Hintergrundinfos / Presseportal: www.parkschuetzer.org/presse

Parkschützer im Internet: www.parkschuetzer.de

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"Schwabenstreich" 28.7. 18:45 auf dem Marktplatz Stuttgart

Walter Sittler und Volker Lösch hatten die Idee eines Schwabenstreichs.
Bitte bringt zur Veranstaltung lautmachende Lärminstrumente mit!

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Das Fernsehen darf es wissen

Dem ZDF hat eben ein Polizist erzählt, dass die Gruppe ins Polizeirevier am Pragsattel in die Hahnemannstraße gebracht werden. Bitte kommt dort hin und zeigt eure Solidarität!

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Info verweigert!

Die Polizeieinsatzleitung verweigert dem Polizeikontakt der Besetzer die Information, in welches Polizeirevier die Leute zur erkennungsdienstlichen Behandlung gebracht werden!

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Räumung abgeschlossen

Das Gebäude ist geräumt. Die Demonstranten stehen weiterhin vor dem Gebäude, singen und skandieren.

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Räumung im Gang

Die ersten Besetzer werden vorne rausgetragen. Es sind noch etwa 10 Besetzer im Gebäude. Laute "Oben bleiben"-Rufe. Die Besetzer kommen vermutlich auf den Pragsattel in Gewahrsam.

Kommt dorthin! Zeigt eure Solidarität! Gern auch mit Kaffee und Essen.

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