Rede von Dipl.-Ing. Hans Heydemann, Ingenieure22, auf der 553. Montagsdemo[1] am 1.3.2021
Liebe Mitstreiter,
Stuttgart 21 steht beispielhaft für die Arroganz der Macht bei der Durchsetzung unsinniger Vorhaben und die Täuschung der Öffentlichkeit über Sinn, Nutzen und Kosten durch die Politik – die „Feste-Fehmarn-Belt-Querung“ unter der Ostsee nach Dänemark etwa oder die 2. Stammstrecke der S-Bahn München wie auch der Ersatz des Altonaer Kopfbahnhofs in Hamburg durch einen Durchgangsbahnhof. Gleiches in Italien mit dem Hauptbahnhof von Florenz, der ebenfalls einem unterirdischen Tiefbahnhof weichen soll, und viele mehr.
Heute will ich von einem Skandal-Vorhaben in Spanien berichten, das in vielerlei Hinsicht dem Vorhaben Stuttgart 21 ähnelt: die „Metro“ von San Sebastian samt Untertunnelung der ganzen Stadt. San Sebastian im Baskenland am Meer gelegen ist beliebter Seebadeort mit wunderschönen Stränden (Bild 2) und hat eine schöne, gut erhaltene Innenstadt aus dem 19. Jahrhundert, die nun vielerorts durch den Bau der „Metro“ zerstört wird.
Wozu braucht eine Stadt mit 186.000 Einwohnern jetzt eine unterirdische „Metro“ wie Paris oder London? Für den innerstädtischen Nahverkehr gibt es dort einen preiswerten und gut ausgebauten Busverkehr mit kurzen Taktzeiten, betrieben mit umweltfreundlichen Hybrid-Bussen. Für den Regionalverkehr gibt es eine Meterspur-Bahn mit modernen Zügen und einem Kopfbahnhof mit vier Bahnsteigen inmitten der Stadt. Dieser Kopfbahnhof soll jetzt verschwinden und an seiner Stelle ein großes Einkaufszentrum errichtet werden. Dafür wird abseits eine neue unterirdische Durchgangs-Haltestelle mit nur zwei Gleisen gebaut und ein 4,5 km langer Tunnel unter der Stadt sowie dem Strand und weiter bis zum Vorort-Bahnhof Lugaritz gegraben und dort an die Bestandsstrecke wieder angeschlossen (Bild 1). Der oberirdische Streckenteil bis Lugaritz soll abgerissen werden.
Das Vorhaben wurde damit begründet, der Kopfbahnhof sei abgewirtschaftet und am Ende seiner Leistungsfähigkeit, das „Kopfmachen“ der Züge zu umständlich – nun das kennen wir ja von Stuttgart 21. Kosten solle das Ganze auch nur schlappe 200 Mio. € – das wären gerade mal rund 40.000 € je Tunnelmeter (4,5 km Strecke + 0,5 km Fluchttunnel), nicht mal ein Drittel üblicher Tunnelbaukosten. Es ist offensichtlich, dass dies niemals reichen wird; am Ende werden die Kosten ein Vielfaches betragen – auch das kennen wir von Stuttgart 21: bewusste Täuschung der Öffentlichkeit über die tatsächlichen Kosten, die das Vorhaben völlig unwirtschaftlich machen. weiterlesen