Karikatur: Tobias Mey
10 Jahre Schwarzer Donnerstag – Kundgebung am 30.9.2020 vor dem geschändeten Hauptbahnhof Stuttgart
Danke , lieber Eberhard, und ALLE!
Bilder:
Martin Storz (bis zur Minute 14)
Alexander Schäfer (in Minute 31)
Peter Gierhardt (ab Minute 33)
s.a. https://www.parkschuetzer.de/statements/208836 und
Die Spur des Schwarzen Donnerstags führt in die Gegenwart
Rede von Joe Bauer, Stadtflaneur und Journalist, auf der Demo zum 10jährigen Jahrestag des „Schwarzen Donnerstags“ am 30.9.2020
Es fällt mir etwas schwer, für all die Menschen hier dieser nach wie vor wichtigen Protestkundgebung die richtige Anrede zu finden. „Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter“ klingt ein wenig hölzern. „Liebe Freundinnen und Freunde“ erscheint mir etwas pathetisch – und „liebe Leidensgenossinnen und Leidensgenossen“ wäre völlig daneben.
Wir demonstrieren hier und heute nicht irgendwelche Leiden oder Befindlichkeiten. Vielmehr zeigen wir hier auf der Straße unsere Leidenschaft für die Aktionen einer außerparlamentarischen Opposition, die zwingend notwendig sind. Nur mit diesem solidarischen Miteinander ist es möglich, über die undemokratischen Methoden einer profitorientierten, einer menschenfeindlichen Politik in dieser Stadt aufzuklären und sich dagegen zu wehren.
Damit mit großem Dank allen hier einen schönen guten Abend vor dieser Bahnhofsruine. An diesem Ort hat sich vor mehr als zehn Jahren die Bewegung gegen die Politik des Größenwahns und gegen die Vertuschung von Fakten formiert.
Eine Bewegung, die immer noch in Bewegung ist – und noch immer etwas bewegt.
Viele von euch erleben diesen Abend im Rückblick auf persönliche Erlebnisse durchaus bewegt. Angesichts des historischen Datums und der Erinnerungen an die Polizeigewalt in dieser Umgebung kommt da einiges hoch. Trauer und Zorn. Schlimme Bilder werden wach. Der Schwarze Donnerstag war der Donnerstag der Schande.
Ich selber halte nicht viel von unserer üblichen sogenannten Erinnerungskultur. Viele Rituale des Erinnerns und Gedenkens werden in der Absicht abgehalten, die Vergangenheit und ihre politischen Verbrechen mit Heucheleien für beendet zu erklären. Gerade so, als wären Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit für immer vorbei. Viel zu lange wurden alte Nazis abgehakt, als gäbe es keine neuen. Und heute sind sie überall. weiterlesen
10 Jahre Schwarzer Donnerstag – von Kampfrobotern und Menschen in Uniform
Rede von Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht a.D., auf der Demo zum 10jährigen Jahrestag des „Schwarzen Donnerstags“ am 30.9.2020
Liebe Freundinnen und Freunde!
An Gedenktagen soll man den Blick nicht nur nach hinten richten, sondern auch nach vorne schauen. Und weil vor zehn Jahren alles so unendlich traurig war und wir so unendlich ohnmächtig blieben, wollte ich ursprünglich heute die damaligen Eindrücke nicht mehr vertiefen. Aber sie sind nicht verblasst, und bei der Vorbereitung auf den heutigen Tag las ich so viele schreckliche Schilderungen, dass ich zwingend einige Zitate vorlesen muss. Nicht, um irgendwen anzuklagen, sondern um die Öffentlichkeit aufzurütteln. Denn unsere Erfahrungen zeigen, wie wichtig es ist, sich für Demokratie, Rechtsstaat, Gerechtigkeit einzusetzen, und wie brutal ein System zurückschlagen kann. Leider sind diese Werte auch heute noch gefährdet, vielleicht mehr denn je. Deshalb hat derjenige nichts verstanden, der behauptet, uns gehe es nur um einen Bahnhof.
Ich zitiere einfach nur aus mir zugegangenen Aussagen. Die Verfasserinnen und Verfasser sind mir alle bekannt:
„So ein aggressives und furchterregendes Auftreten der Polizei habe ich noch gar nie erlebt. Sorgenvoll und ohnmächtig sah ich dem Treiben zu. Es war mir nicht möglich, einen der Einsatzkräfte zum Zuhören zu bewegen. Sie waren unnahbar, mit Worten nicht zu erreichen, kein Gesicht war hinter dem Helm sichtbar. Ich kam mir unsagbar hilflos vor, dass die Tränen hochgekommen sind. Pfefferspray, Schlagstöcke, Wasserwerfer, Polizisten, dick Vermummte in Kampfanzügen und mit Helmen auf dem Kopf, hinter denen der Mensch nicht mehr gesehen werden konnte. Bei den verletzten Menschen war eine unglaubliche Fassungslosigkeit zu spüren, die auch trotz des körperlichen Schmerzes geäußert wurde: Was macht die Polizei mit uns? Wir sind doch friedlich.“
„Mit welcher Brutalität dabei vorgegangen wurde, war erschreckend. Alte und Kinder, gehbehinderte Frauen und Männer, alles wurde umgerannt, weggeknüppelt und angesprayt. Leute, die gefallen waren und am Boden lagen oder kauerten, wurden wie Kadaver weggezerrt. So etwas hatte ich bis dato nur im Film gesehen.“
„Im Getümmel wurde ich zu Boden geworfen und lag im Schlamm. Daraufhin kamen 2-3 Polizisten auf mich zu, hielten mich am Boden fest und ein weiterer sprühte aus ca. 50 cm Abstand gezielt Pfefferspray in mein Gesicht. Mit brennenden Augen und nicht in der Lage zu sehen, schleppte ich mich auf die naheliegende Wiese.“
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Gefährliches Großprojekt gescheitert: Aus für Atommülllager Gorleben
Der Jahrzehnte lange, aussichtslos erscheinende Kampf gegen den unsicheren Salzstock Gorleben als Atommüllendlager ist gewonnen. Irre, oder? Die Initiative .ausgestrahlt schreibt dazu in ihrem Newsletter:
Nach 43 Jahren, sieben Monaten und sechs Tagen ist der Salzstock Gorleben kein Kandidat mehr für die Lagerung von hochradioaktivem Müll, weil endlich offiziell anerkannt wurde, was schon seit Jahrzehnten klar ist: geologisch nicht geeignet. Mehrere Generationen von Aktiven aus dem Wendland und der ganzen Republik haben dafür gekämpft, haben unheimlich viel auf sich genommen, die Fehlentscheidung von 1977 zu revidieren. Wie oft war dieser Protest von Ohnmachtsgefühlen begleitet, dabei war er in Wirklichkeit von Anfang an machtvoll. Gorleben wird jetzt endgültig neben Wyhl, Wackersdorf und Kalkar zum Symbol dafür, dass Protest und Widerstand selbst gegen mächtigste Interessen aus Wirtschaft und Politik erfolgreich sein können. Einmischen lohnt sich!
Da beschweren wir uns mal lieber nicht, dass wir nach 10 Jahren noch nicht am Ziel sind. Zumal wir ja noch immer einen funktionierenden (wenn auch heruntergekommenen und schwierig zu erreichenden) 16-gleisigen Kopfbahnhof haben. Und wir werden diesen Kopfbahnhof noch lange haben, länger als an S21 herumgedoktert wird. Und noch länger, weil sich in den nächsten 10 Jahre S21-Bauzeit die Erkenntnis durchsetzen wird, dass wir den Kopfbahnhof in seiner kompletten 16-Gleisigkeit auch dringend brauchen. Da kann ich nur sagen: Weitermachen lohnt sich!
TV-Tipp: Zwei SWR-Dokus zum Schwarzen Donnerstag und zu S21
Der SWR überbietet sich mit der Aufarbeitung des Schwarzen Donnerstags und dem Skandalprojekt Stuttgart 21: Hintereinander zeigt der Sender zwei kritische Dokus, am 30.9.2020, ab 20:35 Uhr.
betrifft: Showdown am Bahnhof (30.9.2020, 20:35 Uhr)
Der 30. September 2010 hat ein Bild hinterlassen, das um die Welt ging: einem älteren Mann tropft Blut aus den verletzten Augen. Er hat sein Augenlicht nahezu gänzlich verloren, weil ihn der Strahl eines Wasserwerfers der Polizei getroffen hatte. Schlagstöcke, Pfefferspray und Wasserwerfer gegen Schüler und Parkschützer. Das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 hatte schon lange für Kontroversen gesorgt. An diesem Tag wollte der Staat Stärke zeigen, um die Fällung von Parkbäumen durchzusetzen. Doch der Polizeieinsatz entgleiste. Aus dem 30. September wird der "Schwarze Donnerstag". Dieser Film erzählt die Geschichte eines Tages, der Baden-Württemberg verändert hat.
Baustelle Bahn - Falsche Weichenstellung im Südwesten? (30.9.2020, 21:20 Uhr)
Mit dem Mammutprojekt Stuttgart 21 betreibt die Deutsche Bahn die größte und teuerste Baustelle Europas. Doch ist der neue Bahnknoten überhaupt fit für den angepeilten Deutschlandtakt, der die Zugversorgung in Deutschland deutlich verbessern soll? Oder bedarf es weiterer Milliarden, damit der Südwesten auf der Schiene nicht abgehängt wird? Wurden gar wichtige Weichen in der Bahnpolitik falsch gestellt?
Außerdem gibt's Exklusiv-Interviews:
- Mutter und ehrenamtliche Helferin: "Die haben gewimmert und vor Schmerz geschrien"
- Schülerdemonstrant: "Der Wasserwerfer hat mich volle Kanne in den Rücken geschossen"
- Opfer-Anwalt Frank-Ulrich Mann: "Polizeieinsatz gegen S21-Gegner hätte abgebrochen werden müssen"
- Ex-Staatsanwalt zum Schwarzen Donnerstag: "Natürlich mache ich mir Vorwürfe"
- Alt-OB Schuster: Mappus betrachtete Stuttgart 21-Polizeieinsatz als "großen Sieg"
Der SWR listet alle Sendungen und Beiträge in einer langen Pressemitteilung auf: "Schwarzer Donnerstag: Stuttgart 21 und der Deutschlandtakt im SWR Fernsehen"
Die 532. Montagsdemo am 05.10.2020
Die 532. Montagsdemo findet am 05. Oktober 2020 ab 18 Uhr auf dem Schillerplatz in Stuttgart statt. Ab 18.40 Uhr beginnt der Demozug, ausgehend vom Schillerplatz, vorbei am Alten Schloss, nach rechts in die Richard-von-Weizäcker-Planie auf den Schlossplatz vorbei am Neuen Schloss, links in die Bolzstraße, nach rechts in die Lautenschlagerstraßes, dann weiter nach rechts in die Schillerstraße, weiter nach rechts auf den Gehwegbereich vor der Mahnwache. dort endet die Demonstration mit dem Schwabenstreich.
Redner:
- Dr. Ing. Hans-Jörg Jäkel, Ingenieure22; "Stuttgart 21 - nur noch eine Farce".
Motto: Ihre Lügen - unser Zorn!
Musik: Gerd Schinkel, Liedermacher, Autor und Sänger aus Köln
Moderation: Michael Becker, Kernen 21
StZN-Video: 10 Jahre Schwarzer Donnerstag – Polizei und Demonstranten blicken zurück
Das Video der 531. Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21 am 28.09.2020
Danke, Eberhard - siehe auch https://www.parkschuetzer.de/statements/208790
Frontbanner beim Schweigemarsch „10 Jahre Schwarzer Donnerstag“
Am Mittwoch, 30.9.2020, erinnern wir ab 17 Uhr mit einem Schweigemarsch vom Stuttgarter Schillerplatz zum Hauptbahnhof an die Verletzten und das Unrecht vom Schwarzen Donnerstag. Das Frontbanner des Demozugs wird so aussehen:
Die Lügen-Köpfe v.l.n.r.:
- Dürr
- Wissmann
- Teufel
- Oettinger
- Mappus
- Gönner
- Schmid
- Kretschmann
- Hermann
- Rommel
- Schuster
- Kuhn
- Pätzold
- Ramsauer
- Scheuer
- Mehdorn
- Grube
- Pofalla
- Merkel
Presseerklärung: Demo zu „10 Jahre Schwarzer Donnerstag“
Presseerklärung der Parkschützer vom 28. September 2020
Stuttgart 21: Demo zu „10 Jahre Schwarzer Donnerstag“
Blick zurück: 400 Verletzte durch Polizeigewalt
Blick nach vorn: S21-Brandschutz vor Gericht
Stuttgart, 28. September 2020: Am Mittwoch, 30.9.2020 steht der 10. Jahrestag des brutalen und rechtswidrigen Polizeieinsatzes gegen eine Demonstration von Stuttgart-21-Gegnern bevor. Mit einem Schweigemarsch (17 Uhr) und einer Kundgebung vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof (18 Uhr) erinnert die Bürgerbewegung gegen S21 an die 400 Verletzten des Schwarzen Donnerstags und an das durch Polizei und Politik begangene Unrecht. Ebenfalls am 30.9. wird vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim die Klage gegen das Eisenbahnbundesamt in Sachen S21-Brandschutz verhandelt.
Siehe dazu die Rede des Klägers Dipl.-Ing. Hans Heydemann von den Ingenieuren22: „Der S21-Brandschutz und die Arroganz der Macht“, https://www.bei-abriss-aufstand.de/2020/09/21/der-s21-brandschutz-und-die-arroganz-der-macht/
Hannes Rockenbauch, S21-Gegner der ersten Stunde und SÖS-Stadtrat: „10 Jahre nach dem Schwarzen Donnerstag denken wir an die vielen, die an diesem Tag verletzt wurden. Wir wissen, dass an diesem Tag das Vertrauen in den Staat brutal gestört wurde. Und gleichzeitig kämpfen wir weiter dafür, dass dieser Staat seine Pflichten ernst nimmt, dass das organisierte Wegschauen ein Ende nimmt, dass Leben und Gesundheit von Menschen nicht erneut aufs Spiel gesetzt werden: Genau 10 Jahre nach dem Schwarzen Donnerstag wird vor Gericht über den mangelhaften Brandschutz verhandelt – auf Betreiben engagierter Bürger! Es ist höchste Zeit, eine Denkpause einzulegen, das Projekt korrekt und seriös bis zum Ende zu planen, Alternativen ernsthaft zu prüfen, statt weiterzuwursteln und planlos die nächsten 44 Tunnelkilometer zu buddeln. Als S21-Projektpartner ist die Stadt in der Pflicht, gewissenhaftes Projekt- und Risikomanagement durchzusetzen!“
Hannes Rockenbauch tritt am 28.9.2020 bei der 531. Montagsdemo für Umstieg 21 ab 18 Uhr auf dem Stuttgarter Schillerplatz als Redner auf.
Im Zwischenbericht der Demosanitäter vom 30.9.2010, 23:32 Uhr, listet Lehrrettungsassistent und Organisatorischer Leiter Christoph Hoffmann die Verletzungen und Behandlungen auf, siehe https://www.parkschuetzer.de/statements/27184. Der Rettungsplatz der Demosanitäter befand sich direkt im Mittleren Schlossgarten. Diese direkt vor Ort verfasste Auflistung verzeichnet 400 Verletzte.
Das Konzept „Umstieg 21“ der Bürgerbewegung gegen S21 zeigt auf, wie die bereits gegrabenen S21-Baugruben sinnvoll für die Erweiterung des bestehenden Stuttgarter Kopfbahnhofs umgenutzt werden können, siehe https://www.umstieg-21.de.