Pressemitteilung: Stuttgarter Amtsgericht straft S21-Gegner ab

Gemeinsame Pressemitteilung von ROBIN WOOD und den Parkschützern

Das Amtsgericht Stuttgart hat heute zwei ROBIN WOOD-Aktivisten zu Geldstrafen verurteilt. Die beiden hatten am 30. August 2010 gemeinsam mit anderen Aktivisten von ROBIN WOOD und den Parkschützern mit der Besetzung eines Abrissbaggers gegen das Milliardenprojekt Stuttgart 21 protestiert. Gegen das Urteil werden Rechtsmittel eingelegt. Mehrere hundert Menschen demonstrierten heute vor dem Gericht und machten deutlich, dass die Stuttgarter und Stuttgarterinnen hinter den Aktivisten stehen. „Wir lassen unseren Widerstand nicht kriminalisieren“ – hieß es auf einem Banner von Parkschützern und ROBIN WOOD.

Die beiden jungen Männer hatten von der Staatsanwaltschaft Strafbefehle wegen Hausfriedensbruchs erhalten und dagegen Einspruch eingelegt. Den Einspruch eines Aktivisten, der sich zurzeit in Südamerika aufhält und daher nicht zum kurzfristig angesetzten Prozess erscheinen konnte, verwarf das Gericht. Er erhielt 50 Tagessätze à 20 Euro. Der zweite Aktivist wurde zur Zahlung von 300 Euro (30 Tagessätze à 10 Euro) verurteilt.

Die beiden Umweltschützer waren in den frühen Morgenstunden des 30. August auf einen Abrissbagger geklettert, hatten Transparente an den Greifarm gehängt und einen Baustopp gefordert. Die Aktion richtete sich dagegen, dass die Deutsche Bahn - trotz massenhafter Proteste gegen den überteuerten und unsinnigen Bahnhofsneubau - weiter Fakten schaffte, indem sie den Nordflügel des bestehenden Bahnhofs abreißen ließ. Nach rund fünf Stunden waren sie von der Polizei geräumt worden.

Obgleich die S21-Proteste von großen Teilen der Bevölkerung mitgetragen und inzwischen weithin als wichtig und berechtigt anerkannt wurden, wird diese politische Demonstration nun als Straftat gewertet und mit einer Geldstrafe geahndet.

„Offensichtlich sollte hier heute ein Exempel statuiert werden. Oberstaatsanwalt Häußler geht es um Abschreckung. Es ist aber legitim und wichtig, dass Menschen auch nach dem Ende des Schlichtungsversuchs mit Mitteln des Zivilen Ungehorsams gegen S21 demonstrieren und der Protest nicht mit hohen Geldstrafen unterdrückt wird“, sagt ROBIN WOOD-Aktivist Benjamin Maier. „Das Urteil des Amtsgerichts folgt der Logik der Schlichtungsgespräche. Schlichter Geißler spricht sich für Stuttgart 21 aus, obwohl die Faktenlage dagegen steht, und genauso hat sich heute das Gericht für eine Verurteilung entschieden, obwohl die Beweislage dagegen spricht.“

Rechtsanwältin Simone Eberle will in der nächsten Instanz alle Einwendungen überprüfen lassen, insbesondere, und ob der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs überhaupt erfüllt ist und ob die Baufirma Wolff&Müller berechtigt war, den Strafantrag zu stellen.

Der heutige Prozess war der erste einer ganzen Serie. Auch weitere Beteiligte der Aktion am 30. August müssen sich vor Gericht gegen Geldstrafen wehren. Eine dritte Kletterin sowie sieben weitere Umweltschützer und -schützerinnen, die sich am Boden in der Nähe des Baggers aufhielten, erhielten ebenfalls Strafbefehle. Alle haben Einspruch dagegen eingelegt.

Für Rückfragen:

Kei Andrews, ROBIN WOOD-Stuttgart, Tel. 0151 / 28 20 66 14

Matthias von Herrmann, Parkschützer, Tel. 0174 / 74 97 868

Ute Bertrand, ROBIN WOOD-Pressestelle, Tel 040 / 380 892 22, presse(at)robinwood.de


PM zur Baggerbesetzung

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5 Antworten zu Pressemitteilung: Stuttgarter Amtsgericht straft S21-Gegner ab

  1. TH76 sagt:

    Soso, der Prozess war also „kurzfristig“ anberaumt. Weshalb wurde dann schon vor Wochen dazu aufgerufen, die Verhandlung zu beobachten? Im Übrigen sollte man mal zur Kenntnis nehmen, dass eine Straftat auch dann eine Straftat bleibt, wenn der Täter sie unter dem Deckmäntelchen der „politischen Demonstration“ begeht. Wenn ich morgen eine Bank überfalle, um auf diese subtile Weise gegen die Folgen der Weltwirtschaftskrise zu demonstrieren, geht’s ab nach Stammheim. Warum um alles in der Welt sollte man ausgerechnet für Euch das Verhältnis von Ursache und Wirkung außer Kraft setzen? Und wundert ihr Euch wirklich nicht darüber, dass infolge solch dämlicher Propaganda die Teilnehmerzahl an Euren Demos von 50.000 auf zuletzt 3.000 geschrumpft ist? Ach halt, ich vergaß – es sind ja immer viel viel mehr, nur die böse Polizei als Teil der Verschwörung zählt ja immer falsch.

    • Lang sagt:

      Sehr geehrter Herr TH76 (ohne Namen)
      Frage: Warum muss dann die Polizei immer mit mehreren Hundertschaften, berittener Polizei, Wasserwerfer etc. auftreten,
      wenn doch nur 3000 Menschen zur Demo kommen?
      Ja, Ja da müssen Herr Mappus und Herr Rech halt den starken Mann spielen. Das ist auch viel einfacher mit den jungen Leuten, als den Mörder von Frau Bögerl und der Polizistin von Heilbronn zu finden.
      Margot Lang

  2. Matthias Kästner sagt:

    @ TH76

    Ich lade Sie hiermit herzlichst ein, einer Zählung dei einer Demonstration beizuwohnen, unsere Zählweise zu kontrollieren und sich ein eigenes Bild über die wahren Zahlen zu machen.

    Bitte kommen Sie doch am besten gleich zur Zählerbesprechung nächsten Samstag 11.12.2010 um 12:45 Uhr. treffpunkt hinter dem Mahnwachenzelt am Nordflügel. Dort wird auch ein Filmteam von SAT1 sein, welches eine Reportage über die Zählung macht.

    Es wäre mir eine Freude, wenn Sie sich persönlich ein OBJEKTIVES Bild machen würden – sie sind dazu herzlich eingeladen.

    Bei Rückfragen erreichen Sie mich per Mail unter Matthias.Kaestner1@gmx.de

    … und nun mal schauen ob sie Manns genug zu erscheinen oder ob Sie einfach nur heiße Luft ablassen können.

    Beste Grüße

    Matthias Kästner
    Eventplanung

  3. Uwe Mannke sagt:

    Welches Exempel wurde nun statuiert und von wem?

    Ein Hausfriedensbruch bleibt eine Straftat, auch wenn sie politisch legitim ist und durch zehntausende Protestierende mitgetragen wird. Was taten nun diese 11 Baggerblockierer und Hausfriedensbrecher auf dem Grundstück der Bundesbahn AG, (welches im Grunde genommen Gemeineigentum ist) über die äußerlich wahrnehmbare Tat hinaus?

    Wenn eine Gruppe von Menschen sich zu einem solchen Unternehmen entschließt, liegen aussergewöhnliche Voraussetzungen vor:

    Eine davon ist das Empfinden, dass in diesem Staat Beschlüsse gefaßt werden, die weder dem Wohl der Bevölkerung dienen, noch wird die Bevölkerung überhaupt gefragt, ob sie das will. Dagegen wird die Bevölkerung nach allen Regeln der Kunst darüber belogen. Man sieht sich einem eng geknüpften Netz von Wirtschaftsinteressen gegenüber, das über ein ausgeklügeltes Belohnungssystem die gesamte Gesellschaft dirigiert. Flankiert wird das ganze von einem medialen Beruhigungs- und Desinformationssystem, das Proteststimmung gar nicht erst aufkommen lassen soll, oder wenn er schon da ist, ignoriert oder kleinredet.

    Vor diesem Hintergrund sehen sich Aktivisten zu einem aussergewöhnlichen Opfer gefordert. Sie begehen mit vollem Bewußtsein eine Straftat, um die gesamte Gesellschaft aus dem vorher beschriebenen Zustand aufzurütteln. Wenn Teile der Gesellschaft dieses eigentliche Opfer erkennen, nämlich eine mögliche Strafe gleichmütig auf sich zu nehmen, um dem eigentlichen Recht auf demkratische Willensbildung wieder aufzuhelfen, dann ist nicht nur diese Straftat legitim, sondern dann ist ein nötiger Fortschritt im Bewußtsein dieser Gesellschaft erfolgt.

    Dann ist ein fruchtbares Exempel statuiert und nicht nur ein furchtbares, das die Richter als funktionierende Rädchen in dem jetzigen Filz-System erscheinen läßt.

  4. Karin Krumrei sagt:

    @TH76: Wenn Sie heute die Stuttgarter Zeitungen gelesen haben, dann wissen Sie, dass die Deutsche Bahn die Politiker vor der Vertragsunterschreibung 2009 wissentlich belogen hat. Die Kosten waren intern schon wesentlich höher kalkuliert, aber die wahren Kosten wären ein Grund gewesen, S21 abzubrechen. Dieser Betrug scheint aber seltsamerweise niemand zu interessieren, weder Politiker noch Staatsanwalt!! Lieber zeigt man dem normalen Bürger, die sich gegen solche Machenschaften wehren, wer im Lande das Sagen hat. Tolle Demokratie!!!
    Und zur Anzahl der Demoteilnehmern: Sind das die einzigen „guten Argumente für S21“, die euch noch einfallen nach den Erkenntnissen der Schlichtung?

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