Rede von Tom Adler, Demoteam, auf der 679. Montagsdemo am 9.10.2023

Liebe Freundinnen und Freunde unseres sozialökologischen und humanistischen Protests gegen Stadt-,  Bahn- und Umweltzerstörung,

furchtbare Bilder von entsetzlicher, verrohter Gewalt gegen Zivilist*innen in Israel haben über das Wochenende die Medien geflutet, und sie haben mich entsetzt.

Vielleicht geht es manchen von euch wie mir und auch Joe Bauer: ein mulmiges Gefühl kann da schon aufkommen, wenn wir hier über Ingenhovens Bahnhofsquatsch oder dämliche katholische Bischöfe reden, die immer noch meinen, auf dem Projekt Stuttgart 21 liege Gottes Segen, während ein weiterer Krieg im Gang ist und damit Entmenschlichung Normalzustand wird. Das kann uns mit unserem humanistischen Grundkonsens nicht kalt lassen.

Auch wer genau hinschaut und deshalb weiß, dass die Politik der israelischen Regierung den Gaza zu einem einzigen großen Gefängnis gemacht hat, ein Gefängnis der Armut, in der Generation nach Generation aufwächst in Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, auch wer das nicht verdrängt angesichts der Bilder, kann diesen Raketenbeschuss und die Morde an friedlichen Zivilisten nicht zu einem berechtigten Widerstandskampf umdeuten.

Leider ist der Krieg in Israel kein solitäres Ereignis, das gebieten würde, dass alle anderen, ebenfalls berechtigten Protestaktion wie unsere, jetzt zu schweigen hätten, wenn Demonstranten auf dem Marktplatz sagen: „We stand with Israel!“. Denn die verrohte und verrohende Gewalt des Krieges findet jeden Tag statt, in ähnlicher grausiger Dimension wie jetzt in Israel. Von den Bombardierungen der Kurden in Rojava durch die türkische Armee bis zum Krieg mit deutschen Waffen im Jemen. In unseren Medien werden daraus nur Fußnoten, keine Emotionen erzeugenden Bilder.

Mein Mitgefühl ist bei den Familien und Freund*innen der inzwischen über 1000 Toten beider Seiten, bei den Verletzten, Verstümmelten, Traumatisierten. Denn ein weiteres Mal wird dort der Welt demonstriert, wie Hass und bewaffnete Gewalt nur noch mehr Hass und Gewalt erzeugt.

Mein Mitgefühl, meine Solidarität ist auch bei der israelischen Friedens- und Oppositionsbewegung, die von den Hamas-Angriffen in Grund und Boden gebombt worden ist, die den rechtsradikalen Kriegsherren der israelischen Regierung neuen Rückenwind verschaffen.

Liebe Freund*innen, das alte Motto: „Global denken, lokal handeln“ heißt auch: nicht den Fehler zu machen, Übel gegen Übel aufzurechnen. Sondern heißt, dass wir hier, wo wir leben, mit humanistischer Grundhaltung um unsere Stadt kämpfen – von der Gäubahn bis zum Erhalt des Kopfbahnhofs!

Und um demokratische Rechte! Denn der politische Rechtsruck signalisiert uns, dass sie bedrohter sind denn je. Und dass unsere verkehrs- und klimapolitischen Ziele mit diesem Rechtsruck drohen, unter die Auto-Räder zu kommen. Dieser Rechtsruck, das antisemitische Übel in unserem Land, verlangt deshalb dringender denn je Gegenwehr und Zusammenschluss. Dazu ruft uns jetzt Joe Bauer auf – danke Joe, dass Du einer von uns und heute hier bist!

Rede von Tom Adler als pdf-Datei

 

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.