Rede von Tom Adler, Fraktionsvorsitzender der Fraktionsgemeinschaft SÖS, LINKE, PluS, auf der 417. Montagsdemo am 28.5.2018
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich möchte heute – wie vor fast einem Jahr Angelika Linckh – auf unserer Demo über den langen Atem sprechen. (Schon wieder ein Jahr vergangen!)
Über den langen Atem, den Sie seit vielen Jahren beweisen im Kampf gegen dieses Projekt der Stadtzerstörung, und der über die Jahre vielen abhanden gekommen ist. Sie kennen das, wir alle kennen die Diskussionen mit Freund(inn)en, Nachbarn, Kolleg(inn)en, ehemaligen Mitstreitern – mit 90.000 von den 100.000 Menschen, mit denen wir 2009, 2010 und 2011 zusammen auf der Straße gewesen sind: alle finden das Projekt nach wie vor grauenhaft, zerstörerisch und falsch – „ABER: die Volksabstimmung! Und glaubst Du denn im Ernst, dass es noch irgendeine Chance für einen Umstieg gibt? Eine Perspektive für einen Widerstand, der den Tunnelbahnhof noch verhindern könnte?“
Wer an den Betonmassen und gigantischen Kratern und Röhrensystemen vorbeiläuft, kann dieses Gefühl nachempfinden, dem kann man sich nicht ohne weiteres entziehen. Dieses Gefühl ist ja auch ein schwergewichtiger Grund, warum es uns derzeit nicht gelingt, trotz der objektiven Krise des Projekts mehr Leute zum Protest zu bekommen.
Müde geworden, fühlen sie also eine finale Niederlage unserer Bewegung. In Wirklichkeit haben sie eine Niederlage in einem noch längst nicht ausgestandenen Kampf für sich selbst vorweggenommen. Von dieser Sichtweise bin ich – und ich bin mir sicher: die meisten hier auf dem Platz – weit entfernt!
Aber auch wir können gegen dieses Ohnmachtsgefühl nicht völlig immun sein, müssen also immer wieder einerseits über den Zustand des Projekts und seiner Betreiber und über den Stand und Sinn unsrer Bewegung andererseits reflektieren. Angelika Linckh hat in ihrer Rede „Über den langen Atem“ dieses Reflektieren mit einem Zitat des Sozialphilosophen Adorno beschrieben: „Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, sich weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht dumm machen zu lassen." weiterlesen