An die
Staatsanwaltschaft Stuttgart
Neckarstraße 145
70190 Stuttgart
Telefax 0711/921-4009
Strafanzeige
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erstatte ich Strafanzeige wegen Untreue nach § 263 und § 266 StGB
gegen
Günther H. Oettinger European Commissioner for Energy,
B - 1049 Brussels (Belgium), Ministerpräsident von Baden-Württemberg a.D.
Genaue ladungsfähige Anschrift unbekannt
Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister,
Rathaus, Marktplatz 1 , 70173 Stuttgart
Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzender, Deutsche Bahn AG, Potsdamer Platz 2,
10785 Berlin
Hartmut Mehdorn, Vorstandsvorsitzender a.D. Deutsche Bahn AG
Ladungsfähige Anschrift unbekannt
Jeanette Wopperer, Regionaldirektorin, Verband Region Stuttgart
Kronenstraße 25, 70174 Stuttgart
Begründung der Strafanzeige
Die angezeigten Personen haben als Mitglieder des Lenkungskreises Stuttgart 21 am
2. April 2009 die Finanzierungsvereinbarung für Stuttgart 21 unterzeichnet bzw. im Falle
der angezeigten Person Hartmut Mehdorn, im Auftrag unterzeichnen lassen.
Begründet wurde die Finanzierungsvereinbarung für Stuttgart 21 von den Mitgliedern des
Lenkungskreises unter anderem mit der begrenzten Kapazität des bestehenden
Stuttgarter Kopfbahnhofs und der höheren Leistungsfähigkeit eines unterirdischen
Durchgangsbahnhofs.
Zudem wurden schnellere Zugverbindungen als Begründung für die Neuordnung
des Bahnknotens Stuttgart und für den Bau der Neubaustrecke Wendlingen – Ulm
angeführt.
Nach der am 10. Dezember 2009 bekannt gewordenen aktualisierten Kostenkalkulation
kostet das Projekt Stuttgart 21 4,088 Milliarden Euro. An der Finanzierung beteiligen sich
die Projektpartner und der im landes- und städtischen Besitz befindliche Flughafen
Stuttgart nach folgendem Schlüssel:
Deutsche Bahn AG: 1.469 Millionen Euro
Bund: 1.229,4 Millionen Euro
Land: 823,8 Millionen Euro
Landeshauptstadt Stuttgart: 238,5 Millionen Euro
Flughafen Stuttgart: 227,2 Millionen Euro
Verband Region Stuttgart: 100 Millionen Euro
Aufgrund der zustimmenden Kenntnisnahme der aktualisierten Kostenkalkulation durch
den Lenkungskreis erfolgte am 2. Februar 2010 der offizielle Baustart von Stuttgart 21
unter Anwesenheit der angezeigten Personen Oettinger, Grube, Schuster und Wopperer
mit einer Festveranstaltung im Stuttgarter Hauptbahnhof.
Im Juli 2010 wurde eine bislang geheim gehaltene Studie der schweizerischen
Beratungsfirma sma+ Partner an das Verkehrsministerium aus dem Jahr 2008 zur
Fahrplangestaltung des neuen Bahnknotens Stuttgart 21 öffentlich bekannt. In der
Studie, die von der landeseigenen Nahverkehrsgesellschaft beauftragt wurde, wird das
Vorhaben Stuttgart 21 aufgrund seiner geplanten bahnverkehrlichen Infrastruktur als
unterdimensioniert und störanfällig eingestuft. Die Ergebnisse der Studie bescheinigen,
dass der bahnverkehrliche Nutzen von Stuttgart 21 im Vergleich zur heutigen
Verkehrsinfrastruktur des Stuttgarter Kopfbahnhofs vernachlässigbar ist, teilweise sogar
Verbindungslinien verhindert, und dies bei Investitionen von rund sieben Milliarden Euro.
Daraus ergibt sich ein strafrechtlich relevantes Verhalten der angezeigten Personen.
Diese haben sich mit der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung und / oder der
zustimmenden Kenntnisnahme der aktualisierten Kostenberechnung wissentlich untreu
im Sinne von § 266 Strafgesetzbuch verhalten, indem sie öffentliches Vermögen bzw.
Unternehmensvermögen nicht Nutzen bringend verwenden bzw. investieren.
Der Untreuevorwurf wird insgesamt nicht entkräftet durch mehrheitliche Entscheidungen
für Stuttgart 21 innerhalb legislativer Gremien (Bundestag, baden-württembergischer
Landtag, Regionalversammlung Stuttgart, Gemeinderat Stuttgart), da diesen die sma-
Studie vom Lenkungskreis Stuttgart 21 und dessen Mitgliedern vorenthalten wurde.
Vielmehr ergibt sich gegen die angezeigten Personen dadurch zusätzlich der Tatverdacht
des Betrugs nach § 263 StGB.
Zudem votierten die legislativen Gremien für Stuttgart 21 in Kenntnis einer
Kostenkalkulation, die mittlerweile durch die aktualisierte Kalkulation vom 10. 12. 2009
veraltet ist.
Es besteht daher der Verdacht, dass der angezeigte Günther H. Oettinger als
Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg zusätzlich seinen Amtseid verletzt hat.
Die zuständige Staatsanwaltschaft wird deshalb aufgefordert, ein förmliches
Ermittlungsverfahren gegen die angezeigten Personen wegen strafrechtlich relevanter
Vergehen nach § 266 und § 263 StGB einzuleiten.
Beweismittel sollten der Staatsanwaltschaft bereits vorliegen bzw. auch hinlänglich bekannt sein.
Begründung:
Derzeit gibt es keine legale Alternative zum Schutz des Bahnhofsgebäudes, die geeignet wäre den Abbruch des akut bedrohten Nordflügels noch zu verhindern.
Ebenso wie ich spricht sich die deutliche Bürgermehrheit für den Erhalt des Hauptbahnhofgebäudes sowie des Schlossgartens aus.
Ein Vorhaben, das offenbar weder durch legitime noch legale Anstrengungen von Seiten der Verantwortlichen, und somit gegen den Willen von Bürgerinnen und Bürgern, durchgeführt werden soll, ist mit allen legalen Mitteln zu stoppen.
Mit freundlichen Grüßen
Name
Unterschrift