Offener Brief: Ordnungsamt und Versammlungsrecht
Sehr geehrter Herr Dr. Schairer,
ich möchte Sie als Ordnungsbürgermeister auf folgende Vorgänge beim Ordnungsamt hinweisen, mit denen ich als Versammlungsleiterin nicht einverstanden bin:
Vor einer Woche habe ich für den gestrigen Samstag eine Kundgebung mit ca. 30 Personen im Stuttgarter Hauptbahnhof angemeldet. Geplant war eine Aktion in kleinem Rahmen, so wie wir sie in letzter Zeit öfter durchgeführt haben. Bereits Dienstag früh teilte mir eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes telefonisch mit, die Versammlung im Bahnhof könne nicht genehmigt werden. Trotz meiner ausdrücklichen Bitte und trotz telefonischer Zusage bekam ich jedoch weder am Dienstag noch am Mittwoch einen Verbotsbescheid, gegen den ich juristisch hätte vorgehen können.
Auch der von mir eingeschaltete Anwalt telefonierte mit der Mitarbeiterin des Ordnungsamtes, bekam auch keinen Bescheid, jedoch die Auskunft, der angemeldete Zeitraum von zwei Stunden sei zu lang. Da der genaue Zeitraum für uns eher unerheblich war, änderten wir die Anmeldung auf eine wesentlich kürzere Zeit. Donnerstag Mittag kam dann endlich ein Verbotsbescheid – der zwar u.a. die Länge der angemeldeten Versammlung bemängelte, aber die gemeldete Änderung, d.h. Kürzung nicht berücksichtigte. Ein passender Verbotsbescheid kam schließlich erst am Freitag, viel zu spät für eine gerichtliche Klärung. Das trotzdem angerufene Gericht bemängelte denn auch die kürze der Zeit und zog keines der vorgetragenen Argumente in Betracht. Für eine Berufung war es schlicht zu spät. Wäre das beim Ordnungsamt offenbar bereits Dienstag früh beschlossene Versammlungsverbot auch direkt und nicht erst am Freitag beschieden worden, so wäre ausreichend Zeit gewesen, die inhaltlichen Differenzen gerichtlich zu klären.
Nun zu den inhaltlichen Differenzen: weiterlesen